Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses für die Zurechnung des von einem wehrdienstleistenden Kind vereinnahmten Entlassungsgeldes im Rahmen der Grenzbetragsberechnung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Das einem Kind im Monat der Beendigung seines Wehrdienstes gezahlte Entlassungsgeld ist im Rahmen der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG --entgegen der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs DA 63.4.2.3 Abs. 2 Nr. 10, BStBl I 2000, 635-- dem Monat des tatsächlichen Zuflusses i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG und damit einem sog. Kürzungsmonat zuzurechnen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 11 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.08.2002; Aktenzeichen VIII R 82/01)

 

Gründe

Der Kläger hat einen am 14. Juli 1978 geborenen Sohn A… Dieser leistete bis Ende März 2000 seinen Wehrdienst; ab April 2000 studiert er an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in L….

Am 24. März 2000 ging auf dem Konto des Sohnes A.. das Entlassungsgeld der Bundeswehr in Höhe von DM 2.462,50 ein.

Der Beklagte lehnte mit dem hier angefochtenen Bescheid die Festsetzung von Kindergeld für den Sohn des Klägers ab April 2000 ab, weil dieser über eigene Einkünfte und Bezüge verfüge, die die Einkommensgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EinkommensteuergesetzEStG – überschritten. Diese beträgt für den Zeitraum von April bis Dezember 2000 DM 10.125 (9/12 von DM 13.500). Der Beklagte berechnet die Einkünfte und Bezüge des Sohnes des Klägers wie folgt:

Entlassungsgeld

2.462,50

./. anteilige Kostenpauschale (9/12 von DM 360,00)

270

2.192,5

2.192,50

Ausbildungsvergütung

15.930,08

./. Werbungskosten

6.143,80

9.786,28

9.786,28

Einkünfte und Bezüge

11.978,78

Der gegen den Ablehnungsbescheid erhobene Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.

Der Kläger hat am 04. Oktober 2000 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass ihm Kindergeld für seinen Sohn A.. zustehe. Die Einkünfte seines Sohnes lägen unter der anteiligen Einkunftsgrenze, da das Entlassungsgeld der Bundeswehr nicht in den Bemessungszeitraum einzubeziehen sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 09. Juni 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. August 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für das Kind A.. Kindergeld für die Monate April 2000 bis Dezember 2000 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist insbesondere der Auffassung, dass das Entlassungsgeld entsprechend DA 63.4.2.3 Abs. 2 Nr. 12 (BStBl. I 2000, 635, 676) in vollem Umfang dem der Entlassung folgenden Kalendermonat, also dem April 2000, zuzurechnen sei.

Die Entscheidung erfolgt gem. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist fristgerecht bei dem Finanzgericht des Landes Brandenburg erhoben worden.

Die Einspruchsentscheidung vom 31. August 2000 gilt gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung am 03. September 2000 als bekanntgegeben. Die Klagefrist beträgt gem. § 47 Abs. 1 FGO einen Monat ab Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, mithin lief die Klagefrist am 04. Oktober 2000, 24.00 Uhr, ab, da der 3. Oktober ein bundesdeutscher Feiertag ist (§ 54 Abs. 2 FGO; § 222 Abs. 3 Zivilprozessordnung).

Der Kläger hat Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn A.. für die Monate April 2000 bis Dezember 2000.

Ein Kind, das sich in der Ausbildung befindet oder eine Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann, wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 32 Abs. 4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung für das Kindergeld berücksichtigt, wenn es eigene Einkünfte oder Bezüge von nicht mehr als DM 13.500 im Jahr hat. Der Betrag ermäßigt sich für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes nicht vorliegen, um ein Zwölftel. Einkünfte und Bezüge des Kindes, die in diese Kalendermonate fallen, bleiben bei der Berechnung entsprechend außer Betracht.

Der Sohn des Klägers studiert seit der Beendigung seines Wehrdienstes an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Berlin. Er war damit ab April 2000 für das Kindergeld berücksichtigungsfähig, weil er sich in einer Berufsausbildung befand. Seine eigenen Einkünfte und Bezüge in der Zeit von April bis Dezember 2000 durften daher den Betrag von DM 10.125 (9/12 von DM 13.500) nicht überschreiten.

Die eigenen Einkünfte und Bezüge des Sohnes des Klägers lagen unter diesem Grenzbetrag. Der Sohn des Klägers verfügte über eine Ausbildungsvergütung in Höhe von DM 15.930,08. Nach Abzug der Werbungskosten in Höhe von DM 6.143,80 verblieben ihm Einkünfte in Höhe von DM 9.786,28.

Das Entlassungsgeld ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht dem Monat April 2000, sondern dem Monat März 2000 zuzurechnen. § 32 Abs. 4 EStG spricht von eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes, ohne vorzugeben, wie diese zu ermitteln sind. Nach der Gesetzesbegründung soll jedoch durch die Fassung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG klargestellt werden, das...

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