Entscheidungsstichwort (Thema)

Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1994

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.05.1999; Aktenzeichen I R 103/97)

 

Tenor

Die Einspruchsentscheidung vom 11.04.1997 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Mangels Abgabe der Steuererklärungen erließ der Beklagte mit Datum vom 04.11.1996 u.a. einen Schätzungsbescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1994. Gegen den Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, den sie trotz entsprechender Aufforderungen und Erinnerungen nicht begründete. Daraufhin setzte der Beklagte mit Schreiben vom 03.03.1997 der Klägerin gemäß § 364 b Abgabenordnung (AO) eine Frist zur Angabe der entscheidungserheblichen Tatsachen bis zum 24.03.1997. Nachdem die Klägerin nicht reagiert hatte, wies der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 11.04.1997, in der er auf die Fristsetzung gemäß § 364 b AO Bezug nahm, den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin begründet ihre Klage wie folgt:

Im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingereichte Steuererklärung samt Jahresabschluß sei der Bescheid zu berichtigen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.04.1997 den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1994 vom 04.11.1996 entsprechend der eingereichten Erklärung zu berichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung des Beklagten erweist sich der angegriffene Bescheid als rechtmäßig. Die Ausschlußfrist gemäß § 364 b AO sei wirksam gesetzt. Dies gelte auch hinsichtlich der Kürze der Frist. Hierbei sei zu berücksichtigen, daß die Erklärungen seit mehr als 1 1/2 Jahren überfällig gewesen seien. Zudem habe es sich um wenig umfangreiche Arbeiten gehandelt, die für die Fertigung der Steuererklärungen erforderlich gewesen seien. Schließlich sei die Klägerin mehrfach an ihre Begründungspflicht erinnert worden.

In der mündlichen Verhandlung am 13.08.1997 hat der Senat das Verfahren wegen des Bescheides über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1994 sowie zur Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1994 abgetrennt.

Die Klage ist begründet.

Die Einspruchsentscheidung vom 11.04.1997 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte ist verpflichtet, die zwischenzeitlich eingereichte Steuererklärung zu berücksichtigen. Diesem Vorgehen steht die am 03.03.1997 gesetzte Frist nicht entgegen. Die Fehlerhaftigkeit der Fristsetzung läßt die Präklusionswirkung im Sinne des § 364 b Abs. 2 AO entfallen.

Die Fristsetzung vom 03.03.1997 entfaltet keine Rechtsfolgen. Bei der Bestimmung einer Frist gemäß § 346 b Abs. 1 AO handelt es sich um einen – wenn auch nicht mit dem Einspruch angreifbaren – Verwaltungsakt mit verfahrensleitendem Charakter (ebenso: Finanzgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 30.04.1997 – 4 K 67/97 F n.v.; in diesem Sinne auch: Finanzgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 28.11.1996 – 2 K 656/96 U, G, K, F, EFG 1997, 178; gegen die Annahme eines Verwaltungsakts allerdings: Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 21.02.1997 – 1 K 166/96, EFG 1997, 651).

Die Präklusion im Sinne des § 364 b Abs. 2 AO tritt allerdings nur bei einer rechtsfehlerfreien Regelung ein. Diese Voraussetzung erfüllt die Verfügung vom 03.03.1997 nicht. Die Regelung des Beklagten vom 03.03.1997 erweist sich als rechtswidrig. Die einem Steuerpflichtigen gesetzte Frist muß u.a. angemessen sein. In einer Vielzahl von Veröffentlichungen wird ein Zeitraum von vier Wochen oder einem Monat als angemessener Zeitraum genannt (Nachweis bei: Tiedchen, BB, 1996, 1033, 1040). Der Senat läßt offen, ob im Einzelfall besondere Umstände dazu führen können, daß nur eine Dauer von mehr als einem Monat als ermessensfehlerfrei anzusehen ist. Die Fehlerhaftigkeit der Fristsetzung vom 03.03.1997 beruht jedenfalls auf der unzulässig kurzen Dauer der Frist. Einschließlich der Postlaufzeiten hatte der Beklagte der Klägerin lediglich 21 Tage zugestanden, die erforderlichen Tatsachen anzugeben. Eine derartig kurze Frist wird dem Regelungszweck des § 364 b AO nicht gerecht.

Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, daß dem Gesetz keine Angaben zu entnehmen sind bezüglich der Dauer der zu setzenden Frist. Jedoch verdeutlicht der Vergleich mit der Einspruchsfrist gemäß § 355 Abs. 1 AO sowie der Klagefrist gemäß § 47 Abs. 1 FGO und der Revisionsfrist gemäß § 120 Abs.1 FGO, daß der Gesetzgeber die weitreichenden Folgen, die etwa mit dem Verlust der Einspruchs- und Klagebefugnis verbunden sind, von dem Ablauf einer Einmonatsfrist abhängig macht. Hiernach erscheint es ermessensfehlerhaft, wenn die Verwaltung im Rahmen des § 364 b AO eine Frist setzt, der ähnliche Tragweite zukommt wie der Einspruchs- oder Klagefrist und die gleichwohl deutl...

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