Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Verwirklichung eines Erwerbsvorganges. Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Erwerbsvorgang ist dann verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Vertragspartner im Verhältnis zueinander gebunden sind, und zwar unabhängig davon, ob dieser Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Steuer auslöst oder nicht (Anschluss an BFH-Urteil vom 17.09.1986 II R 155/84, BFH/NV 1987, 807). Hier: Verwirklichung des Erwerbsvorgangs durch einen sog. Grundstückskauf-Rahmenvertrag, in dem sich die Parteien verpflichtet hatten, ein bestimmtes Grundstück zu einem vorläufigen Kaufpreis zu veräußern bzw. zu erwerben und in dem dem Käufer nur für den Fall, dass der endgültige Kaufpreis sich um mehr als 5 v. H des vorläufigen Kaufpreises erhöhen sollte, ein Rücktrittsrecht vom Rahmenvertrag eingeräumt war.

 

Normenkette

GrEStG § 11 Abs. 1, § 23 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.09.2004; Aktenzeichen II R 45/02)

BFH (Urteil vom 22.09.2004; Aktenzeichen II R 45/02)

 

Tenor

Abweichend von dem Bescheid vom 27.11.1998 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 17.11.2000 wird die Grunderwerbsteuer auf 84.789,– DM (= 43.351 EUR) festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe des Grunderwerbsteuersatzes für den Kauf eines Grundstücks in Eberswalde, Leibnizstraße 37.

Die Klägerin schloss am 12.12.1992 als künftige Käuferin (im folgenden als „Käuferin” bezeichnet) mit der Y.-Immobilien Verwaltungs-Gesellschaft mbH, der Z. GmbH und der Treuhandanstalt als künftige Verkäuferin (im folgenden als „Verkäuferin” bezeichnet) einen notariellen „Grundstückskauf-Rahmenvertrag”. In der Präambel des Vertrages wurde festgehalten, dass die Verkäuferin Eigentümerin bzw. Rechtsträgerin von acht in der Anlage aufgeführten bebauten Grundstücken, die zum Bereich des volkseigenen Handels (HO) gehörten, ist oder wird. Die Grundstücke wurden anhand von Planzeichnungen, die dem Vertrag als Anlage beigefügt waren, näher bezeichnet. Die Käuferin hatte die Objekte gemietet oder gepachtet und betrieb dort selbst oder über Dritte vorwiegend Einzelhandel. Die Verkäuferin beabsichtigte, der Käuferin die jeweiligen betriebsnotwendigen Grundstücke zu verkaufen. In § 1 des Vertrages verpflichtete sich die Verkäuferin, die fraglichen Grundstücke an die Käuferin zu verkaufen. Die Käuferin verpflichtete sich, die Grundstücke zu erwerben. Des weiteren wurde in diesem Vertrag ein vorläufiger Kaufpreis für jedes Grundstück festgelegt, der als Mindestkaufpreis zu verstehen war. Sollte sich der endgültige Kaufpreis, der von einer besonderen Kommission der Verkäuferin geprüft bzw. ermittelt werden sollte, um mehr als 5 % des vorläufigen Kaufpreises erhöhen, so sollte der Käuferin ein Rücktrittsrecht von diesem Vertrag zustehen (§ 2). Die Fälligkeit des vorläufigen Gesamtkaufpreises wurde zum 23.12.1992 vorgesehen, sofern die notwendigen Genehmigungen der Verkäuferseite bis zu diesem Zeitpunkt vorliegen sollten; ansonsten sollte der vorläufige Kaufpreis drei Werktage nach Zugang der genannten Genehmigungen beim Notar fällig werden (§ 3). Am 01.01.1993 sollten Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren auf die Klägerin übergehen (§ 4). Die Einzelkaufverträge mit der Käuferin sollten unverzüglich abgeschlossen werden, sobald die betriebsnotwendigen Grundstücke in ihrer Größe nach Flurstückbezeichnungen feststehen (§ 9). Im übrigen waren in diesem Rahmenvertrag etliche rechtliche Ausgestaltungen für die folgenden Kaufverträge bereits detailliert und bindend vorgegeben.

Für das hier fragliche Grundstück wurde der vorläufige Kaufpreis in Höhe von 3.650.000,– zuzüglich Kosten und Steuern im Dezember 1992 gezahlt. Der Einzelkaufvertrag konnte nach dem Vorbringen der Klägerin noch nicht abgeschlossen werden, da die Grundstücke als selbständige Flurstücke bzw. Grundbuchblätter noch nicht vorhanden waren. Zusätzlich hatte sich die Verkäuferseite mit Rückerstattungsansprüchen von Alteigentümern auseinander zu setzen.

Am 27.02.1998 erteilte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben die Grundstücksverkehrsgenehmigung für den Vertrag vom 12.12.1992.

Am 28.09.1998 wurde der (Einzel-)Kaufvertrag über das streitige Grundstück geschlossen. Der endgültige Kaufpreis entsprach dem vorläufigen Kaufpreis aus der Urkunde vom 12.12.1992. Auch war – wie im ersten Vertrag vorgesehen – zwischenzeitlich der Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren auf die Klägerin übergegangen.

Mit Bescheid vom 27.11.1998 setzte der Beklagte ausgehend von einer Bemessungsgrundl...

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