Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer 1990

 

Tenor

Der Haftungsbescheid vom 21.06.1994 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 05.09.1994 werden insoweit aufgehoben, als der Haftungsschuld nachzuversteuernde Jahresendprämien in Höhe von 1.787.856,80 DM zugrunde gelegt sind.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 12.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert wird auf 348.600,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Im Dezember 1990 zahlte die Klägerin an 3.205 Arbeitnehmer eine Jahresendprämie in Höhe von 2.027.525,00 DM, ohne hierfür Lohnsteuer abzuführen. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, der VEB K… hatte im Betriebskollektivvertrag vom 8. März 1990 vereinbart, eine Jahresendprämie von 2.832.000,00 Mark DDR für 1990 an die Arbeitnehmer bei Erfüllung der Leistungskennziffern und der Realisierung der Exportaufgaben zu zahlen. Einen Betrag in Höhe von 882.412,00 Mark DDR leistete der VEB bereits im 1. Halbjahr 1990 als anteilige Jahresendprämien. Die Mark-Schlußbilanz zum 30.06.1990 der Klägerin wies eine Rückstellung von 841.000,00 Mark DDR, in der nach Vorbringen der Klägerin Jahresendprämien in Höhe von 187.352,58 Mark DDR enthalten sind, aus. Maßgebend hierfür war die durchschnittliche Zuführung je Arbeitnehmer zum Prämienfonds im Jahr 1989.

Bei der Berechnung des Betrags für die Mark-Schlußbilanz berücksichtigte die Klägerin die Anzahl der bis zur Umwandlung in die GmbH am 01.07.1990 vorhandenen Arbeitnehmer. Die Zuführung von entsprechenden Beträgen zum Fonds nahm die Klägerin zeitanteilig nur für das erste Halbjahr 1990 vor. In der DM-Eröffnungsbilanz zum 01.07.1990 bildete die Klägerin in Höhe der vereinbarten und aller Voraussicht nach zu zahlenden Jahresendprämie eine Rückstellung in Höhe von 1.706.000,00 DM, die im Bericht der DM- Eröffnungsbilanz als „Zahlung 13. Monatsgehalt” ausgewiesen ist.

Im Oktober 1990 unterrichtete ein Mitglied des Vorstands X…AG die mehrheitlich beteiligte Muttergesellschaft der Klägerin ist, die übrigen Vorsitzenden der Geschäftsführung und die Geschäftsführer der Klägerin davon, daß nach Auskunft des für die AG zuständigen Finanzamts L… die zu zahlende Jahresendprämie nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen sei.

Der Hauptsachbearbeiter der Lohnsteuerstelle des Finanzamts L… teilte der X… mit Schreiben vom 02.01.1990 bestätigend mit, daß es sich bei der Auszahlung einer vor dem 01.05.1991 zugesagten Jahresendprämie im Jahre 1990 um einen steuerfreien Lohnanteil (§ 3 Absatz 5 der Verordnung über die Besteuerung des Arbeitseinkommens vom 22. Dezember 1952 Gesetzblatt der DDR 1952, Nr. 182, Seite 1413 (AStVO); zuletzt geändert durch das Steueranpassungsgesetz vom 22.06.1990, Gesetzblatt der DDR Sonderdruck Nr. 1427 Seite 3) handele. Dementsprechend unterrichtete die X… die Klägerin. Unabhängig davon erhielt die Klägerin von einem Sachbearbeiter der Lohnsteuerstelle des Beklagten, nachdem dieser Rücksprache mit der Hauptfinanzdirektion gehalten hatte, am 21. Dezember 1990 die telefonische Auskunft, daß die Auszahlung einer Jahresendprämie aufgrund einer betrieblichen Vereinbarung steuerfrei sei. Gemäß Vereinbarung zwischen dem Betriebsrat und der Klägerin vom 20.11. 1990 erfolgte die Auszahlung der Jahresendprämie am 19. Dezember 1990.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung stellte der Prüfer fest, daß die Klägerin für die im 2. Halbjahr 1990 ausgezahlten Jahresendprämien Lohnsteuer hätte abführen müssen. Zur Begründung führte der Prüfer aus, daß für den Umfang einer eventuellen Steuerbefreiung die in der Schlußbilanz zum 30.06.1990 gebildete Rückstellung maßgeblich sei. Von dem im 2. Halbjahr ausgezahlten Betrag an Jahresendprämie in Höhe von 2.027.525 DM zog der Prüfer zunächst den nach seiner Berechnung verbliebenen Betrag des Prämienfonds in Höhe von 57.839,29 DM ab. Diesen Betrag ermittelte der Prüfer, indem er den zum 30.06.1990 in Höhe von 187.352,58 Mark der DDR gebildeten Prämienfonds als Verbindlich keit im Sinne des Artikel 10 des Vertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18.05.1990 im Verhältnis 1:2 abwertete und hiervon einen Betrag von 35.837,– DM abzog, der an Arbeitnehmer aufgrund langjähriger Betriebszugehörigkeit ebenfalls im 2. Halbjahr 1990 ausgezahlt wurde. Von dem Betrag in Höhe von 2.027.525,00 DM zog der Prüfer weiterhin 181.829,– DM ab, da insoweit Personen (Rentner, Studenten u.a.) Zahlungen erhalten hatten, die sich im Rahmen der steuerfreien Eingangsstufen befanden. Auf den verbleibenden Betrag von 1.787.856,00 DM wendete der Prüfer einen pauschalen Netto-Lohnsteuersatz von 24,2 % an.

Der Beklagte schloß sich dem an und erließ am 03.01.1994 einen Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte der Beklagte nur noch einen pauschalen Bruttost...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge