Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit von Ansprüchen auf USt-Vorauszahlung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine wirksame Aufrechnung setzt voraus, dass die Gegenforderung im Zeitpunkt der Erklärung der Aufrechnung fällig und die Forderung des Aufrechnungsgegners erfüllbar ist.

Ansprüche der Finanzbehörde auf Umsatzsteuervorauszahlungen werden nicht vor Eingang der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung bzw. vor Bekanntgabe des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides fällig.

 

Normenkette

AO § 220 Abs. 2 S. 2, § 226 Abs. 1; UStG § 18 Abs. 1 S. 2; BGB § 387; InsO § 95 Abs. 1 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.05.2005; Aktenzeichen VII R 71/04)

BFH (Urteil vom 31.05.2005; Aktenzeichen VII R 71/04)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem am . Mai 2000 durch das Amtsgericht XY.xxx unter dem Aktenzeichen xxxxxxxxxx eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der L. GmbH - im Folgenden Gemeinschuldnerin genannt.

Am xx. Juli 2000 meldete der Beklagte eine Umsatzsteuerforderung gegen die Gemeinschuldnerin in Höhe von 367 153,00 DM betreffend den Zeitraum März 2000 zur Insolvenztabelle an. Weder zu diesem Zeitpunkt noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens war die Umsatzsteuerforderung des Beklagten festgesetzt bzw. gab es einen entsprechenden Steuerbescheid.

Der Kläger widersprach der angemeldeten Umsatzsteuerforderung.

Am xx. September 2001 erließ der Beklagte einen Bescheid für 1999 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG, aus dem sich ein Erstattungsanspruch des Klägers zur Körperschaftsteuer in Höhe von 26 584,00 DM, zu den Zinsen zur Körperschaftsteuer in Höhe von 663,00 DM und zum Solidaritätszuschlag in Höhe von 1 460,00 DM ergab. Unter dem gleichen Datum erließ der Beklagte einen Bescheid für 1999 über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer, aus dem sich ein Guthaben zur Gewerbesteuer von 63 484,00 DM sowie zu den Zinsen zur Gewerbesteuer in Höhe von 1 585,00 DM ergab.

Am xx. Januar 2002 rechnete der Beklagte mit seiner Umsatzsteuerforderung für den März 2000 gegen die Erstattungsansprüche des Klägers aus den Bescheid vom xx. September 2001 in Höhe von 93 776,00 DM und gegen die Gewerbesteuervorauszahlung für das I. Quartal 2000 in Höhe von 5 332,10 DM auf.

Am x. Februar 2002 widersprach der Kläger der Aufrechnung unter Hinweis auf das Aufrechnungsverbot des § 95 Abs. 1 Satz 3 Insolvenzordnung -InsO-.

Am xx. März 2002 gab der Beklagte einen Abrechnungsbescheid vom xx. März 2002 zur Post, der inhaltlich die Aufrechnungserklärung vom xx. Januar 2002 nachvollzog.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am xx. April 2002 Einspruch ein und machte geltend, dass die Aufrechnung gegen § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO verstoßen habe. Eine Aufrechnung habe nach dieser Vorschrift nicht erfolgen können, weil die Forderung des Beklagten mangels Festsetzung nicht fällig gewesen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom xx. Juli 2002 half der Beklagte dem Einspruch des Klägers ab, soweit seine Aufrechnung mit der Gewerbesteuervorauszahlung für das I. Quartal 2000 erfolgt war, wies den Einspruch im Übrigen aber als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Aufrechnung habe nicht das Aufrechnungsverbot des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO entgegengestanden. Die Gegenforderung, mit der er aufgerechnet habe, sei spätestens am x. August 2000 und damit vor der Forderung des Klägers fällig gewesen, da diese erst am xx. September 2001 fällig geworden sei. Dies ergebe sich aus § 220 Abs. 1 Abgabenordnung - AO- in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Satz 3 Umsatzsteuergesetz - UStG- bzw. aus § 220 Abs. 2 AO. Die ungeprüfte Anmeldung der Forderung zur Tabelle habe eine nicht bestandskräftige Steuerfestsetzung ersetzt.

Hiergegen richtet sich die am xx. August 2002 erhobene Klage. Der Kläger vertritt die Ansicht, die Aufrechnung verstoße gegen § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO. Die Umsatzsteuerforderung, mit der der Beklagte aufgerechnet habe, sei weder nach § 220 Abs. 1 AO noch nach § 220 Abs. 2 AO fällig gewesen, da der Beklagte die Forderung nicht festgesetzt im Sinne des § 218 Abs. 1 AO habe. In Fällen fehlender Steuerfestsetzung könne die Finanzbehörde auch nicht auf das Eintreten der Aufrechnungslage vertrauen, da die Voraussetzungen für die Verwirklichung des Steueranspruchs nach § 218 Abs. 1 AO gerade nicht erfüllt seien. Die bloße Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle ersetze eine Steuerfestsetzung nicht und bewirke keine Fälligkeit der Forderung. Nur wenn kein Widerspruch gegen die Anmeldung der Forderung erhoben werde, gelte die Forderung als festgestellt. Zudem verstoße die Aufrechnung gegen § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

Der Kläger beantragt,

den Abrechnungsbescheid vom xx. März 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx. Juli 2002 dahingehend zu ändern, dass durch die Aufrechnungserklärung des Beklagten vom xx. Januar 2002 der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Gewerbesteuer 1999 in Höhe von 32 458,85 €, der Zinsen zur Gewerbesteuer 199...

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