Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstückswert für Erbbaurechtsgrundstücke ehemaliger Reichsheimstätten

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist der vertraglich für ein Erbbaurechtsgrundstück ehemaliger Reichsheimstätten gezahlte Erbbauzins geringer als der ortsübliche, ist bei der Wertermittlung des Grundstücks ein Bodenwertanteil anzusetzen..

Die Regelung des § 148 BewG ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

BewG § 146 Abs. 6, §§ 9, 148 Abs. 1 S. 2; ErbStG § 12 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.01.2009; Aktenzeichen II R 10/07)

BFH (Urteil vom 22.01.2009; Aktenzeichen II R 10/07)

 

Tatbestand

Der Klägerin wurde von ihrer Großmutter A.... das aufgrund des Erbbau-Heimstättenvertrages vom 5. Dezember 1940 in Verbindung mit dem Erbbau-Heimstättenänderungsvertrag vom 12. März 1991 (wegen des Inhalts wird auf Bl. 93 ff. der Streitakte Bezug genommen) an dem Grundstück L.. . .-weg .. in 1.... Berlin bestellte Erbbaurecht mit notariellem Schenkungsvertrag zum 14.10.1997 übertragen. Das Grundstück ist 1.231 qm groß.

Vorliegend ist die Höhe des Grundstückswertes dieses Erbbaurechts streitig.

Der Beklagte erließ als Grundlage für die Schenkungsteuerfestsetzung am 23. Dezember 1998 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundstückswertes zum 14. Oktober 1997. Darin stellte er einen Grundstückswert von 496.000 DM fest, wobei er den Mindestwert gemäß § 146 Abs. 6 Bewertungsgesetz - BewG - zugrundelegte. Dieser betrug 541.640 DM (1.231 qm x 550 DM/qm abzügl. 20 v. H.). Außerdem berücksichtigte er das Erbbaurecht in Form eines Abzugs von 45.198 DM (2.430 DM x 18,6), sodass ein Grundstückswert in Höhe von 496.442 DM, abgerundet 496.000 DM verblieb.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass die Festsetzung der Steuer auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 BewG verfassungswidrig sei, da der steuerliche Zugriff auf das vorhandene Vermögen mehr als 50 v. H. betrage. Die Anwendung des § 148 BewG habe vorliegend zur Folge, dass sie als Enkelkind mit 44.000 DM eine Erbschaftsteuer zu zahlen habe, welche den Wiederbeschaffungswert des Erbbaurechts in Höhe von 48.000 DM nahezu erreiche. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten kleinere Vermögen insoweit völlig steuerfrei bleiben. Der grundgesetzlich geschützte Bereich des Erbrechtes werde daher ausgehöhlt. Weiter führte sie aus, bei den durchweg mit kleinen Doppelhaushälften bebauten Grundstücken sei als Mindestwert der Bodenwert zu veranschlagen, also 80 v. H. des Bodenrichtwertes. Dieser liege per 1. Januar 1996 bei den meisten Siedlungen bei 650 DM/qm. Bei einer Parzelle in einer Größe von z. B. 850 qm betrage somit der Bodenwert 442.000 DM, bei größeren Parzellen von z. B. 1.200 qm sogar 624.000 DM. Der jährliche Erbbauzins betrage bei den bereits verlängerten Erbbaurechtsverträgen für die ersten 330 qm 4 v. H. von 150 DM/qm und für die Restfläche 1 v. H. von 50 DM/qm. Bei einer Parzelle von 850 qm ergebe sich ein jährlicher Erbbauzins von 2.240 DM und bei einer Größe von 1.200 qm ein solcher von 2.415 DM. Bei den Altverträgen betrage der jährliche Erbbauzins sogar nur ca. 350 bis 500 DM. Damit ergebe der 18,6fache Betrag bei verlängerten Verträgen ca. 41.664 DM bis 44.919 DM, bei Altverträgen nur 5.580 DM bis 9.300 DM. Der Bodenrichtwert als Bemessungsgrundlage werde daher bei der Ermittlung gemäß § 148 Abs. 1 BewG kaum reduziert. Die vom Land Berlin als Grundstückseigentümer vorgegebenen vertraglichen Bestimmungen sähen vor, dass der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht nur an sozial minderbemittelte Bevölkerungsschichten veräußern dürfe. Dabei dürfe der Siedler das Erbbaurecht nur zum sog. Wiederbeschaffungswert veräußern, andernfalls mache das Land Berlin als Grundstückseigentümer von seinem vertraglich eingeräumten Vorkaufsrecht Gebrauch. Der Wiederbeschaffungswert werde regelmäßig mit ca. 80.000 bis 130.000 DM ermittelt. Einfachere Gebäude würden üblicherweise mit ca. 40.000 bis 50.000 DM bewertet. Die Anwendung von § 148 BewG habe demnach immer noch zur Folge, dass ein Enkelkind ohne weiteres eine Erbschaftsteuer zu zahlen habe. Bei Geschwistern oder Eltern werde bereits bei normaler durchschnittlicher Größe und Ausstattung eine Erbschaft- oder Schenkungsteuer von mehr als der Hälfte des Wiederbeschaffungswertes erreicht und die Steuer übersteige bei einfacheren Gebäuden teilweise den Wiederbeschaffungswert. Bei der Auslegung gemäß Gesetzeswortlaut führe die Anwendung von § 148 Abs. 1 BewG dazu, dass kleinere Vermögen bei Steuerpflichtigen der Steuerklasse I der Erbschaftsteuer unterworfen würden. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unzulässig. Dieses habe ferner klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass selbst bei größten Vermögen der steuerliche Zugriff bei höchstens 50 v. H. liegen dürfe. Da bei Heimstätten, also wahrlich kleineren Vermögen, der Zugriff meist bei mehr als 50 v. H., teilweise immer noch bei über 100 v. H. liege, sei die Verfassungswidrigkeit offen...

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