Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrisskosten als Vorkosten?

 

Leitsatz (redaktionell)

Der - allerdings durch den Gegenbeweis entkräftbare - Beweis des ersten Anscheins spricht für den steuerschädlichen Erwerb eines Gebäudes in Abbruchabsicht, wenn mit dessen Abbruch innerhalb von drei Jahren nach Erwerb begonnen wird.

 

Normenkette

EStG § 10e; EStG § 10e Abs. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.02.2004; Aktenzeichen X R 24/02)

BFH (Urteil vom 04.02.2004; Aktenzeichen X R 24/02)

 

Tatbestand

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

Die Klägerin erwarb durch notariellen Vertrag vom 10. Mai 1993 mit - verzögertem - Lastenwechsel am 1. Oktober 1993 das 726 m große Grundstück T. in X., auf dem sich nutzbare Baulichkeiten befanden, die früher als Einfamilienhaus (Bäckerei mit angeschlossener Wohnung des Handwerksmeisters) genutzt worden waren. Der von den Verkäufern beauftragte Makler hatte das Objekt auch als Baugrundstück inseriert. Der Kaufpreis betrug 835.000,00 DM, wenig mehr als der Bodenrichtwert des Grundstücks per 31. Dezember 1992 von (726 m x 1.100,00 DM =) 798.600,00 DM.

Die Kläger machten geltend, sie hätten bei Abschluss des Kaufvertrages beabsichtigt, das vorhandene Gebäude für eigene Wohnzwecke zu nutzen. Zuvor seien umfangreiche Sanierungsarbeiten notwendig gewesen. Mit der Vorplanung sei der Architekt A. betraut worden, dem aufgegeben worden sei, die Außenmauern, die sonstigen tragenden Wände und insbesondere die sehr schönen alten Fenster zu erhalten. In Anbetracht ihrer gehobenen Ansprüche habe der Architekt Sanierungskosten von rd. 1 Mio. DM ermittelt, die den Aufwendungen für einen Neubau entsprochen hätten. Sie hätten daraufhin ihre ursprüngliche Planung aufgegeben, den Altbau gemäß ihrem Abrissantrag vom 23. September 1993 beseitigt und einen Neubau errichtet.

Die Beteiligten streiten bei der Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 1994 darum, ob der Verbrauch eines Gebäuderestwertes von 173.850,80 DM und restlichen Abrisskosten von 55.424,00 DM als steuermindernde Vorkosten im Sinne des § 10e Abs. 6 Einkommensteuergesetz - EStG - berücksichtigt werden können. Der Beklagte verneinte dies zunächst teilweise, in der verbösernden Einspruchsentscheidung schließlich gänzlich.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger beantragen,

abweichend von dem Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 25. Februar in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 1998 die Einkommensteuer nach einem um 229.275,00 DM zu mindernden zu versteuernden Einkommen festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die auf § 10e Abs. 6 EStG gestützte Klage ist nicht begründet. Da die streitigen Aufwendungen zu den vorkostenschädlichen Herstellungskosten des Neubaus gehören, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob die Aufwendungen bei einer anderen Beurteilung analog der Behandlung bei einer Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung bei Gebäuden - AfaA - nach § 7 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 3 EStG abzugsfähig wären (vgl. hierzu die Nachweise bei Schmidt / Drenseck, EStG, 20. Auflage, § 10e Rz. 133).

Nach der vom Senat geteilten höchstrichterlichen Rechtsprechung spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen steuerschädlichen Erwerb in Abbruchabsicht, wenn mit dem Abbruch des Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach Erwerb begonnen wird (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 12. Juni 1978 GrS 1/77 und Urteil vom 13. November 1979 VIII R 93/73, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1978, 620 und 1980, 69). Dieser Anschein kann zwar durch Gegenbeweis entkräftet werden, jedoch ist den Klägern ein solcher Gegenbeweis nicht gelungen. Soweit sie sich zum Nachweis dafür, dass sie das Grundstück nicht in der Absicht erworben hätten, das Gebäude abzureißen, auf das Zeugnis des Architekten A. berufen, hat das Gericht von einer Beweiserhebung abgesehen. Mit ihrem Beweisantrag stellen die Kläger ersichtlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 10. Mai 1993 ab. Dieser Zeitpunkt ist jedoch nicht rechtserheblich, da es auf den Erwerbszeitpunkt am 1. Oktober 1993 ankommt, zu dem Nutzen und Lasten des Objektes auf die Klägerin übergegangen sind. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kläger sich aber bereits für den Abriss entschieden.

Im Übrigen hatten die Kläger den Architekten A. nur mit einer Vorplanung beauftragt, aus der sich nicht mit Gewissheit entnehmen lässt, dass sie sich unabdingbar zunächst entschlossen hatten, den Altbau zu sanieren. Die Kläger haben sich vielmehr vernünftig verhalten, indem sie sich Informationen verschafft haben, um danach ihre endgültige Entscheidung zu treffen, die darin bestand, das Altgebäude abzureißen und einen Neubau zu errichten.

Das Gericht sieht sich in seiner Beurteilung nicht dadurch gehindert, dass der Beklagte für die Einkommensteuer 1993 schließlich eine abweichende Entscheidung getroffenhat. Eine Bindung folgt weiter auch nicht daraus, dass der Prozessbevollmächtigte des...

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