Leitsatz (amtlich)

1. Läßt der Erwerber eines objektiv technisch oder wirtschaftlich nocht nicht verbrauchten Gebäudes dieses nach dem Erwerb abreißen, so kann er eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 EStG vornehmen und die Abbruchkosten als Betriebsausgaben (Werbungskosten) abziehen, wenn er das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben hat. Hat er dagegen ein solches Gebäude in Abbruchabsicht angeschafft, so gehören der (Buch-)Wert und die Abbruchkosten, wenn der Abbruch des Gebäudes mit der Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang steht, zu den Herstellungskosten dieses Wirtschaftsguts, sonst zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens.

2. Wird mit dem Abbruch eines Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb begonnen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen.

 

Normenkette

EStG 1969 § 4 Abs. 1 S. 4, Abs. 4, § 5 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 7 Abs. 1 S. 4, Abs. 4 S. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 7

 

Tatbestand

A.

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluß vom 1. Februar 1977 VIII R 213/73 (BFHE 121, 205, BStBl II 1977, 287) dem Großen Senat des BFH nach § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist der Erwerber eines objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes, das er kurz nach dem Erwerb abreißt, berechtigt, eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorzunehmen und die Abbruchkosten als sofort abzugsfähige Werbungskosten (Betriebsausgaben) abzusetzen?

B.

I.

Dem beim VIII. Senat anhängigen Ausgangsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Miteigentümer eines Grundstücks, auf dem eine im Jahre 1969 fertiggestellte Verkaufshalle steht. Mitte 1969 überließen sie aufgrund eines Mietvertrags einer Großhandlung das Grundstück zum Betrieb eines Einkaufsmarktes. Das Grundstück, das als Hintergelände keine eigene Straßenzufahrt hat, konnte von Fahrzeugen nur über ein Nachbargrundstück erreicht werden, auf dem zugunsten des Grundstücks der Kläger ein dinglich gesichertes Wegerecht lastete. Als der Eigentümer dieses Grundstücks von der Vermietung Kenntnis erhielt, machte er den Klägern das Wegerecht streitig. Mitte 1969 erwarben die Kläger ein an ihr Gelände angrenzendes Grundstück, auf dem ein 60 bis 70 Jahre altes Gebäude stand, dessen gesamter Dachstuhl noch kurz vor dem Verkauf erneuert worden war. Das Gebäude wurde in den Monaten März bis Mai 1970 abgebrochen. Nachdem das Grundstück mit einer Asphaltdecke versehen worden war, wurde es als Zufahrt für den Einkaufsmarkt genutzt. Die Kläger trugen vor, im Zeitpunkt des Erwerbs sei lediglich beabsichtigt gewesen, zur Schaffung einer Zufahrt einen 1,50 m breiten Teil des Gebäudes zu entfernen.

Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1970 rechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Restwert des abgebrochenen Gebäudes und die Abbruchkosten, deren Berücksichtigung als Werbungskosten die Kläger begehrt hatten, den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zu. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Auf die Klage erkannte das Finanzgericht (FG) u. a. eine AfA nach § 7 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 EStG in Höhe des von ihm anderweit bemessenen Restwerts des Gebäudes und die Abbruchkosten als Werbungskosten an und stellte den Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten entsprechend fest.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 7 Abs. 1 und des § 9 Abs. 1 EStG. Es ist weiterhin der Meinung, daß es sich bei dem Restwert des Gebäudes und den Abbruchkosten um Aufwendungen auf den Grund und Boden handle.

II.

Der VIII. Senat hält die Revision für unbegründet. Er geht von den für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens geltenden Grundsätzen aus. Die Ansicht des FA, der Restwert des abgebrochenen Gebäudes und dessen Abbruchkosten seien den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzurechnen, gebe noch die früher in der Rechtsprechung vertretene Auffassung wieder.

Diese als Wertopfertheorie bezeichnete Meinung sei jedoch bereits durch die BFH-Urteile vom 3. Dezember 1964 IV 422/62 S (BFHE 82, 214, BStBl III 1965, 323) und vom 18. März 1965 IV 61/62 U (BFHE 82, 207, BStBl III 1965, 320) aufgegeben worden. Der BFH habe die Änderung seiner Rechtsprechung damals damit begründet, daß es der im Einkommensteuerrecht geltende Grundsatz der Einzelbewertung verbiete, den Restwert eines abgebrochenen Gebäudes als Teil der Herstellungskosten des an seiner Stelle errichteten neuen Gebäudes anzusehen. Mit dem Abbruch des Gebäudes gehe das eine Wirtschaftsgut unter, und mit der Errichtung des Gebäudes trete ein anderes an seine Stelle. Diese Überlegungen habe der BFH auch in späteren Entscheidungen bestätigt (vgl. die Urteile vom 6. November 1968 I 64/65, BFHE 93, 551, BStBl II 1969, 35, und vom 28. März 1973 I R 115/71, BFHE 109, 326, BStBl II 1973, 678). Der Grundsatz, daß nicht Werte eines untergegangenen Wirtschaftsguts auf ein anderes übertragen werden könnten, müsse auch gelten, wenn ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude erworben werde, um es alsbald abzureißen, auch wenn das abgebrochene Gebäude technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbraucht gewesen sei.

Diese für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens geltenden Grundsätze seien auf die AfA bei zum Privatvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern zu übertragen. § 9 EStG verweise für die Abgrenzung der Werbungskosten ausdrücklich auf § 7 Abs. 1 EStG. Demzufolge seien auch AfA als Werbungskosten anzusetzen, die im Zusammenhang mit dem Abbruch eines wirtschaftlich oder technisch verbrauchten, zum Privatvermögen gehörenden Gebäudes anfielen (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1965 VI 239/64, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, § 9 Sätze 1 und 2, Rechtsspruch 319).

Auf Anfrage habe der IV. Senat des BFH, der wegen der Behandlung des Restbuchwerts und der Abbruchkosten in den Urteilen IV 422/62 S und IV 61/62 U noch eine andere Auffassung vertreten habe, mitgeteilt, daß er sich der Auffassung des VIII. Senats anschließe. Der I. Senat habe sich in den Urteilen I 64/65 und I R 115/71 ebenfalls mit den anstehenden Rechtsfragen befaßt. Auf die Anfrage habe der I. Senat unterschiedliche Auffassungen der Mitglieder mitgeteilt. Indessen sei insoweit eine Anrufung des Großen Senats wegen Divergenz nach § 11 Abs. 3 FGO nicht geboten, weil der I. Senat in den genannten Urteilen zwar zum Teil abweichende Rechtsgrundsätze vertreten habe, diese aber nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Wegen der Grundsätzlichkeit der zu entscheidenden Rechtsfrage sei es jedoch angebracht, gemäß § 11 Abs. 4 FGO eine Entscheidung des Großen Senats herbeizuführen.

III.

1. Der Bundesminister der Finanzen (BdF), der dem Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO beigetreten ist, widerspricht der Rechtsansicht des VIII. Senats. Er führt aus, er halte eine AfA für geboten, wenn ein Gebäude in der Absicht erworben werde, es als solches zu nutzen, sich aber nach dem Erwerb herausstelle, daß die vorgesehene Nutzung aus technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich oder nicht sinnvoll sei, und der Steuerpflichtige sich auf Grund dieser Umstände dazu entschließe, das Gebäude abzureißen. Auch die Abbruchkosten seien Betriebsausgaben oder Werbungskosten des Jahres, in dem sie angefallen seien oder gezahlt würden.

Bei Erwerb eines Gebäudes in Abbruchabsicht dürften grundsätzlich weder die Abbruchkosten noch der Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes im Jahr des Abbruchs als Betriebsausgaben angesetzt werden. Zwar sprächen gewichtige Gründe dafür, die Abbruchkosten und den Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes auch dann zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zu rechnen, wenn das Gebäude weder technisch noch wirtschaftlich verbraucht gewesen sei. Jedoch sei auch eine Rechtsauslegung vertretbar, die diese Aufwendungen zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes oder sonstigen Wirtschaftsguts rechne. Trete mit dem Abbruch des alten Gebäudes eine Änderung in der Nutzung des Grundstücks in der Weise ein, daß kein neues Gebäude oder sonstiges Wirtschaftsgut errichtet oder hergestellt, sondern nur noch das Grundstück als solches (z. B. als Lagerplatz) genutzt werde, so stellten - wie der Vertreter des BdF in der mündlichen Verhandlung vor dem Großen Senat ergänzend ausführte - Restbuchwert und Abbruchkosten Herstellungskosten des Grundstücks dar. Gehöre das Grundstück zu einem Betriebsvermögen, so komme eine Teilwertabschreibung, sei es vom Wert des Grund und Bodens, sei es vom Gebäudewert, nur in Betracht, wenn eine Fehlmaßnahme vorliege.

2. Der BdF hat eine Äußerung des Bundesministers der Justiz (BMJ) zu den handelsrechtlichen Fragen der bilanzmäßigen Behandlung des Restbuchwerts und der Abbruchkosten eingeholt, die er seiner Stellungnahme beifügte. Der BMJ gelangt zu dem Ergebnis, daß jedenfalls bei Aktiengesellschaften die Abbruchkosten und der Restwert des abgebrochenen Gebäudes grundsätzlich als Anschaffungskosten für den Grund und Boden, und nur, soweit sie dort wegen überhöhten Wertansatzes nicht mehr aktiviert werden könnten, als Herstellungskosten des neuen Gebäudes anzusehen seien. Er führt aus, es möge zutreffen, daß für andere Kaufleute Bilanzierungswahlrechte bestünden. Im handelsrechtlichen Schrifttum werde überwiegend die Ansicht vertreten, daß der Wert und die Abbruchkosten eines in Abbruchabsicht erworbenen Gebäudes den Anschaffungskosten des Grundstücks zuzurechnen seien.

3. Die Kläger sind der Ansicht, daß die vorgelegte Rechtsfrage i. S. der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu entscheiden sei.

 

Entscheidungsgründe

C.

Die Anrufung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 11 Abs. 4 FGO) ist zulässig.

I.

Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des vorlegenden Senats erheblich. Würde der Große Senat die vorgelegte Rechtsfrage verneinen, so wäre der VIII. Senat gehindert, den Abzug von Werbungskosten in Höhe des Restbuchwerts des abgerissenen Gebäudes und der Abbruchkosten zuzulassen. Im Falle der Bejahung könnte er wie vorgesehen entscheiden.

II.

1. Der VIII. Senat hat den Großen Senat nach § 11 Abs. 4 FGO angerufen. Der Große Senat ist mit dem VIII. Senat der Auffassung, daß die ihm zur Entscheidung vorgelegte Frage grundsätzliche Bedeutung hat und daß die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Großen Senats erfordern. Einer Entscheidung der Frage, ob das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 FGO allein vom anrufenden Senat zu entscheiden ist oder ob der Große Senat die Grundsätzlichkeit der den Gegenstand der Anrufung bildenden Rechtsfrage nachprüfen kann, bedarf es daher nicht (vgl. zuletzt BFH-Beschluß vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43 [47], BStBl II 1978, 105 [107]).

2. Der Große Senat hat in der Besetzung des § 11 Abs. 2 Satz 1 FGO (vgl. Beschluß vom 27. Mai 1968 GrS 1/68, BFHE 92, 188, BStBl II 1968, 473) geprüft, ob etwa wegen Abweichung der beabsichtigten Entsendung von einem Urteil des I. Senats dieser Senat zur Entscheidung eines weiteren Richters (§ 11 Abs. 2 Satz 2 FGO) berechtigt sein könnte. Denn der I. Senat hat einer Abweichung nicht zugestimmt. Die Erklärung, daß einige Mitglieder der Abweichung zustimmen, andere aber Bedenken aufrechterhielten, kann nicht als Zustimmung angesehen werden.

a) Der Große Senat stimmte dem vorlegenden Senat darin zu, daß die beabsichtigte Entscheidung nicht von den Urteilen I 64/65 und I R 115/71 abweicht, weil im Falle des Urteils I 64/65 ein objektiv technisch und wirtschaftlich bereits verbrauchtes Gebäude erworben worden war und weil im Falle des Urteils I R 115/71 nicht ein Gebäude kurz nach dem Erwerb abgerissen worden war.

b) Der Große Senat läßt die weitere Frage, ob etwa eine Abweichung von den nicht veröffentlichten Urteilen vom 8. Januar 1969 I R 42/66, vom 13. Januar 1971 I R 143/69 und vom 20. März 1974 I R 79/72 vorliegt, unentschieden. Er folgt den Grundsätzen des Beschlusses GrS 1/68, nach denen bei der Entscheidung, ob ein weiterer Richter in den Großen Senat entsendet werden kann, von dem Anrufungsgrund des vorlegenden Senats nur abgewichen werden kann, wenn der gewählte Anrufungsgrund auf sachfremden Erwägungen beruht, nicht mehr verständlich und willkürlich ist. Hiervon könnte bei der Entscheidung des VIII. Senats, den Großen Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung anzurufen, auch dann keine Rede sein, wenn tatsächlich eine Divergenz i. S. des § 11 Abs. 3 FGO vorliegen sollte. Denn der vorlegende Senat hatte vor seiner Entscheidung den I. Senat um eine Stellungnahme gebeten. Dieser hat in seiner Stellungnahme nicht auf die Urteile hingewiesen. Der I. Senat kann hiernach keinen weiteren Richter entsenden.

3. Der IV. Senat hat einer Abweichung zugestimmt.

D.

Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage

I.

1. Der Große Senat läßt sich bei der Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage von den folgenden Erwägungen leiten:

a) Mit dem VIII. Senat ist davon auszugehen, daß Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens und bei zum Privatvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern nach im wesentlichen übereinstimmenden Grundsätzen zulässig sind. Für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten, § 2 Abs. 4 Nr. 2 EStG) ist in § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG ausdrücklich vorgeschrieben, daß zu den Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzung (AfA) oder für Substanzverringerung gehören. In einem Klammerzusatz wird auf § 7 Abs. 1, 4, 5 und 6 sowie auf die §§ 7 b, 54 EStG verwiesen. Die angeführten Vorschriften des § 7 EStG gelten somit gleichermaßen für die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten wie für die Gewinnermittlung. Denn auch in § 4 Abs. 1 Satz 4 und in § 5 Abs. 4 EStG wird für die Ermittlung des Gewinns ausdrücklich die Befolgung der Vorschriften über die AfA in § 7 EStG vorgeschrieben. Der Große Senat war auch schon in seiner Entscheidung vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) hinsichtlich der Frage, ob Heizungs-, Fahrstuhl- sowie Be- und Entlüftungsanlagen einer gegenüber dem Gebäude gesonderten AfA unterliegen, zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Frage für Gebäude des Privatvermögens und des Betriebsvermögens gleich zu beurteilen ist.

b) Der Ansatz eines niedrigeren Teilwerts nach § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG kommt nur bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich in Betracht. Für die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten gibt es keine vergleichbare Vorschrift. Eine Teilwertabschreibung in diesem Bereich ist daher nicht möglich. Gegen diese jeweils unterschiedlichen Regelungen können Gesichtspunkte der steuerlichen Gleichbehandlung nicht vorgebracht werden. Denn der Möglichkeit der Teilwertabschreibung steht im betrieblichen Bereich die uneingeschränkte Erfassung von Veräußerungsgewinnen gegenüber. Bei der Einkunftsermittlung nach dem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten werden dagegen Veräußerungsgewinne nur dann erfaßt, wenn es sich um Spekulationsgeschäfte i. S. des § 23 Abs. 1 EStG handelt. Beide Regelungen, diejenige für die Gewinnermittlung und diejenige für die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten, dürfen nur in ihrem jeweiligen Zusammenhang beurteilt werden.

c) In seinem Beschluß vom 16. Juli 1968 GrS 7/67 (BFHE 94, 124, BStBl II 1969, 108) hat der Große Senat in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung entschieden, daß der Grund und Boden und die Gebäude für die Ermittlung des Teilwerts von bebauten Grundstücken eines Betriebsvermögens nicht als Einheit anzusehen sind. Er hat sich dabei vor allem auf den Grundsatz der Einzelbewertung (§ 6 EStG) gestützt. Dieser Grundsatz gilt, wie der vorlegende Senat in seinem Anrufungsbeschluß ausgeführt hat, entsprechend für die einkommensteuerrechtliche Behandlung von bebauten Grundstücken, die sich im Privatvermögen befinden.

2. Bei der Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage ist auch die Entwicklung der bisherigen Rechtsprechung zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Gebäudeabbruchs (Gebäuderestwert und Abbruchkosten) zu berücksichtigen.

a) Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) waren die Gebäuderestwerte und die Abbruchkosten grundsätzlich dem Wert des Grund und Bodens hinzuzurechnen, und zwar sowohl bei bereits längere Zeit im Eigentum des Steuerpflichtigen stehenden Gebäuden als auch bei zum Abbruch erworbenen Gebäuden. Eine Einschränkung dahin, daß höchstens die Teilwerte angesetzt werden dürften, wurde regelmäßig nur bei solchen Gebäuden anerkannt, bei denen der Abbruchentschluß nicht bereits beim Erwerb gefaßt worden war (vgl. RFH-Urteil vom 9. Januar 1931 I A 245/30, RStBl 1931, 307). Gebäuderestwerte konnten nur dann zu Lasten des Gewinns abgeschrieben werden, wenn der abgebrochene Bau für den Steuerpflichtigen keinen Wert mehr besaß und auch ein Käufer des Betriebes dem abgebrochenen Gebäude keinen Wert mehr beigemessen hätte (RFH-Urteile vom 9. Dezember 1934 VI A 804, 805/34, Steuer und Wirtschaft - StuW - II 1935 Nr. 80; vom 19. Januar 1938 VI 762/37, RStBl 1938, 187, und vom 26. Oktober 1938 VI 266/38, RStBl 1939, 155). Mit Rücksicht auf die u. a. im RFH-Urteil vom 19. Januar 1938 VI 533/36 (RStBl 1938, 179) vertretene - vom BFH später (im Beschluß GrS 7/67) aufgegebene - Auffassung, daß das Grundstück und die aufstehenden Gebäude für die Bemessung des Teilwerts in der Regel als ein Wirtschaftsgut zu behandeln seien, kam es darauf an, ob sich der geopferte Wert des alten Gebäudes in einem entsprechenden Wert des Grund und Bodens ausgewirkt habe (sog. Wertopfertheorie, vgl. RFH-Urteile VI 762/37, VI 266/38).

b) Der BFH hat die sog. Wertopfertheorie des RFH hinsichtlich des Gebäuderestwerts aufgegeben (Urteil vom 2. Juni 1959 I 74/58 S, BFHE 69, 162, BStBl III 1959, 323). Bei schon längere Zeit im Besitz des Steuerpflichtigen befindlichen Gebäuden wurde im Falle technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung die volle Abschreibung des Restbuchwerts zugelassen; die Abbruchkosten wurden allerdings in der Entscheidung I 74/58 S noch zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes gerechnet. In der Folgezeit gelangte die Rechtsprechung zu einer grundsätzlichen Gleichbehandlung der Restbuchwerte und der Abbruchkosten (BFH-Urteile vom 21. Juni 1963 VI 330/61 U, BFHE 77, 428, BStBl III 1963, 477, und IV 422/62 S). Im Urteil I R 115/71 wurde die Absetzung wegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher Abnutzung auch bei einem erst kurz vor dem Abbruch errichteten Gebäude zugelassen.

Anders wurden die Fälle behandelt, in denen ein technisch und wirtschaftlich nicht veraltetes Gebäude zum Zwecke des Abbruchs und der Errichtung eines Neubaues erworben wurde. Die Rechtsprechung ging davon aus, daß der Steuerpflichtige die Erwerbskosten, soweit sie auf das Gebäude entfielen, von vornherein als zusätzliche Herstellungskosten des zu errichtenden Neubaues aufgewendet habe. Deshalb erhöhe der Restbuchwert des abgerissenen Gebäudes die Herstellungskosten des Neubaues (BFH-Urteil IV 61/62 U). Gleiches galt für die Abbruchkosten (so schon die BFH-Urteile VI 330/61 U und vom 19. Mai 1961 VI 127/60 U, BFHE 73, 238, BStBl III 1961, 354).

Erwarb ein Steuerpflichtiger ein Grundstück mit einem im Zeitpunkt des Erwerbs objektiv wertlosen Gebäude, um dieses abzubrechen, so entfiel nach dem BFH-Urteil I 64/65 der volle Anschaffungspreis auf den Grund und Boden. Die Aktivierung eines Teiles des Anschaffungspreises beim Gebäude und die Abschreibung des Restbuchwerts bei Abbruch des Gebäudes wurden in diesem Falle nicht für zulässig gehalten.

II.

Der Große Senat kommt im wesentlichen zur Bestätigung der in der neueren Rechtsprechung des BFH entwickelten Rechtsauffassung. Die vorgelegte Rechtsfrage ist danach entgegen der Ansicht des VIII. Senats in dem Anrufungsbeschluß unterschiedlich zu entscheiden, je nachdem, ob der Steuerpflichtige das Gebäude ohne die Absicht, es abzureißen, oder ob er es schon in dieser Absicht erworben hat.

1. Erwerb ohne Abbruchabsicht

a) Wird ein Gebäude in der Absicht erworben, es als Gebäude zu nutzen, und entschließt sich der Steuerpflichtige erst nach dem Erwerb, das Gebäude abzureißen, so sind im Jahr des Abbruchs die restlichen Anschaffungskosten im Wege einer AfA und die Abbruchkosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzusetzen. Der Fall muß steuerrechtlich ebenso beurteilt werden wie der Abbruch eines objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes, das der Steuerpflichtige auf einem ihm bereits gehörenden Grundstück errichtet hat (vgl. Urteil I R 115/71). Denn in beiden Fällen bewirkt der Steuerpflichtige durch den Abbruch, daß die Nutzung des abgerissenen Gebäudes durch den Betrieb oder durch Vermietung oder Verpachtung beendet ist und daß der restliche Wert des Gebäudes vernichtet wird. Der Entschluß des Steuerpflichtigen, ein Gebäude abzubrechen, bringt in der Regel die Tatsache seines wirtschaftlichen Verbrauchs zum Ausdruck, und zwar ohne daß es darauf ankommt, ob an die Stelle des abgebrochenen Gebäudes ein dem gleichen Zweck gewidmeter Neubau tritt. Außerordentliche wirtschaftliche Abnutzung bedeutet hier, daß ein Wirtschaftsgut im Interesse des Gesamtbetriebes einem anderen Wirtschaftsgut weichen muß, das nach Auffassung des Steuerpflichtigen dem Betrieb besser dient (Urteil I R 115/71). Das Motiv des Steuerpflichtigen für den Abbruch ist dabei grundsätzlich ohne Bedeutung. Denn der Steuerpflichtige kann im allgemeinen selbst bestimmen, welche Aufwendungen für die Führung seines Betriebes oder die Verwaltung seines Vermögens erbracht werden sollen. Es braucht daher nicht im einzelnen geprüft zu werden, ob die Entscheidung des Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder technisch sinnvoll, ob sie notwendig oder für ihn vielleicht sogar nachteilig war.

b) Der Abbruch eines Gebäudes, das ohne Abbruchabsicht erworben wurde, ist steuerrechtlich insbesondere deshalb anders als der Abbruch eines in Abbruchabsicht erworbenen Gebäudes zu beurteilen, weil bei dessen Anschaffung oder Herstellung noch kein Zusammenhang mit dem späteren Abbruch und dem damit verfolgten Zweck (Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts) besteht. Anschaffung und Herstellung dienen vielmehr allein dem Ziel der Nutzung durch den Betrieb oder durch Vermietung oder Verpachtung. Durch den Abbruch wird diese Nutzung unmöglich. Der Große Senat hält es in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung nicht für gerechtfertigt, nachträglich einen Zusammenhang zwischen Anschaffung oder Herstellung des später abgebrochenen Gebäudes und der Herstellung des neuen Wirtschaftsguts oder dem Erwerb des Grund und Bodens dadurch herzustellen, daß der noch nicht abgeschriebene (Buch-)Wert den Herstellungskosten des neuen Gebäudes oder sonstigen Wirtschaftsguts oder dem Wert des Grund und Bodens hinzugerechnet wird.

2. Erwerb in Abbruchabsicht

Wird ein objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude in der Absicht erworben, es abzureißen, so ist eine AfA nicht zulässig; die Abbruchkosten dürfen nicht sofort als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden. Zweck des Abbruchs kann entweder die Herstellung eines neuen Gebäudes oder sonstigen Wirtschaftsguts (z. B. eines Lager- oder Parkplatzes, einer Zufahrtsstraße) oder lediglich die Beseitigung des alten Gebäudes ohne einen solchen weitergreifenden Zweck sein (z. B. im Falle eines "Sperrgrundstücks", das lediglich zur Verhinderung einer unerwünschten Bebauung oder einer unerwünschten Straßenführung erworben wurde). Denkbar ist auch, daß mehrere Zwecke zugleich verfolgt werden.

Der (Buch-)Wert und die Abbruchkosten gehören dann zu den Herstellungskosten eines neu errichteten Gebäudes oder sonstigen Wirtschaftsguts (unten a) oder sie sind nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens (unten b). In Fällen dieser Art werden die Anschaffungskosten des abzureißenden Gebäudes nicht oder - bei Zwischennutzung - jedenfalls nicht in vollem Umfang mit dem Ziel seiner Nutzung dieses Gebäudes im Betrieb oder durch Vermietung oder Verpachtung aufgewendet. Vielmehr wird mit der Anschaffung ein weiterreichendes Ziel, z. B. die Herstellung eines neuen Gebäudes, verfolgt. Es besteht deshalb, anders als bei der Anschaffung eines Gebäudes ohne Abbruchabsicht, schon bei der Anschaffung ein unmittelbarer Zusammenhang der Anschaffungskosten mit den später beabsichtigten Maßnahmen. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu der vom RFH entwickelten und vom BFH seit längerem aufgegebenen sog. Wertopfertheorie (vgl. oben D. I. 2.). Den abweichenden, im Schrifttum vertretenen Auffassungen (vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, Köln 1977, 92 f.; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 5 EStG, Anm. 57, 61, Stichwort: "Abbruch"; Kromschröder, StuW 1974, 112, 122 f.; Rose-Luckey, Beilage Nr. 5/76 zu Der Betrieb - DB - 1976, Heft 8; Rose-Telkamp, DB 1977, 1916, 1966; dieselben, Finanz-Rundschau 1977 S. 429 ff. - FR 1977, 429 ff. - m. w. N.) schließt sich der Große Senat deshalb nicht an.

a) Herstellungskosten des neuen Gebäudes oder sonstigen Wirtschaftsguts

aa) Wird an der Stelle des abgerissenen Gebäudes ein neues Gebäude oder sonstiges Wirtschaftsgut hergestellt, so ist die Vernichtung des alten Gebäudes Voraussetzung für die Errichtung des neuen Wirtschaftsguts. Damit besteht zwischen dem Abbruch des Gebäudes und der Herstellung des neuen Wirtschaftsguts ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang, der es rechtfertigt, die mit dem Abbruch verbundenen Aufwendungen als Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts zu behandeln. Der Große Senat stimmt der vom I. Senat im Urteil vom 29. Juli 1970 I 130/65 (BFHE 100, 32, BStBl II 1970, 810) vertretenen Auffassung zu, daß Aufwendungen, die in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Errichtung eines Fabrikgebäudes auf dem erworbenen Grundstück stehen, als Herstellungskosten dieses Gebäudes anzusehen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Der I. Senat hat diese Rechtsauffassung ausgesprochen für Entschädigungen, die der Erwerber eines Grundstücks an Mieter oder Pächter des Grundstücks für vorzeitige Räumung zwecks Errichtung eines Gebäudes gezahlt hatte. Diese Beurteilung trägt, wie auch der BdF zutreffend ausgeführt hat, dem allgemeinen Grundsatz Rechnung, daß zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts nicht nur die Kosten gehören, die unmittelbar der Herstellung dienen, sondern auch solche, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Herstellung des Wirtschaftsguts anfallen (vgl. auch BFH-Urteile IV 61/62 U; I 64/65; I R 115/71).

bb) Wenn, wie vorausgesetzt, der alleinige Zweck des Abbruchs darin besteht, die Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts zu ermöglichen, so ist der Abbruch der Beginn der Herstellung. Zwar wird auch schon der Grund und Boden hinsichtlich seiner Verwertbarkeit und Nutzbarkeit berührt. Eine Berücksichtigung des Wertes des alten Gebäudes beim Wert des Grund und Bodens erscheint trotzdem nicht gerechtfertigt, weil der Wertverlust wirtschaftlich enger mit dem Neubau zusammenhängt. Auch die Aufwendungen zur Erstellung einer Baugrube werden aus diesem Grunde den Herstellungskosten des Gebäudes zugerechnet, obwohl auch hierbei der Grund und Boden bearbeitet und in seiner Nutzbarkeit und Verwertbarkeit berührt wird.

cc) Es widerspricht schließlich nicht dem herkömmlichen Herstellungskostenbegriff, wenn ein Wertverzehr bei einem Wirtschaftsgut als Teil der Herstellungskosten eines anderen Wirtschaftsguts beurteilt wird. Ein echter Wertverzehr als Teil der Herstellungskosten ist seit jeher anerkannt im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Fertigungsgemeinkosten. Denn hierzu gehört auch der Wertverzehr des Anlagevermögens (Produktionsanlagen, Produktionsgebäude), soweit er der Fertigung der Erzeugnisse gedient hat (Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 6 Anm. 10; Abschn. 33 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1975).

b) Anschaffungskosten des Grund und Bodens

Wird das in Abbruchabsicht erworbene Gebäude beseitigt, ohne daß an seiner Stelle ein neues Gebäude oder sonstiges Wirtschaftsgut errichtet oder hergestellt wird, so bestand das alleinige Ziel des Erwerbs des Grundstücks in dem Erwerb des Grund und Bodens. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Gebäude objektiv noch einen Wert hatte und ob der Steuerpflichtige für den Erwerb des Gebäudes einen Kaufpreisanteil aufwenden mußte (vgl. Urteil I 64/65 betreffend den Erwerb eines objektiv wertlosen Gebäudes). Jedenfalls hat der Steuerpflichtige wirtschaftlich auch einen Kaufpreisanteil für das Gebäude zum Zwecke des Erwerbs des Grund und Bodens aufgewendet. Denn das Gebäude selbst stellt für ihn subjektiv keinen Wert dar. Dies rechtfertigt es, den dem Veräußerer vergüteten Wert des erworbenen und dann abgebrochenen Gebäudes beim Erwerber dem Wert des Grund und Bodens hinzuzurechnen. Wird das Gebäude nicht unmittelbar nach dem Erwerb abgebrochen, liegen nachträglich anfallende Anschaffungskosten für den Grund und Boden vor.

aa) Die Berücksichtigung des Wertes des abgebrochenen Gebäudes und der Abbruchkosten bei den Anschaffungskosten des Grund und Bodens entspricht dem einkommensteuerrechtlichen Anschaffungskostenbegriff. Außer Gebühren für die Beurkundung des Anschaffungsvertrages, Vermittlungsgebühren, Grunderwerbsteuer (vgl. Blümich-Falk, a. a. O., § 6 Anm. 9) können zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts auch Anschaffungsnebenkosten gehören, d. h. solche Aufwendungen, die dazu dienen, das erworbene Wirtschaftsgut erstmals in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden (betriebsbereiten) Zustand zu versetzen. In diesem Sinn hat die Rechtsprechung des BFH Straßenanliegerbeiträge und Erschließungsbeiträge i. S. des Bundesbaugesetzes (Urteile vom 18. September 1964 VI 100/63 S, BFHE 81, 233, BStBl III 1965, 85, und vom 22. Februar 1967 VI 295/65, BFHE 88, 285, BStBl III 1967, 417), ferner andere Beiträge, die der Erschließung des Grundstücks dienen, sowie Kanalanschlußgebühren (Urteil vom 24. November 1967 VI R 302/66, BFHE 91, 42, BStBl II 1968, 178) dem Wert des Grund und Bodens hinzugerechnet und dadurch als Anschaffungsnebenkosten behandelt.

bb) Diese Rechtsauffassung steht nicht im Widerspruch zu der Begriffsbestimmung der Anschaffungskosten in den Entscheidungen des Großen Senats vom 22. August 1966 GrS 2/66 (BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672) - betreffend anschaffungsnaher Aufwand - und vom 2. März 1970 GrS 1/69 (BFHE 98, 360, BStBl II 1970, 382) - betreffend Pächterabfindung -. In diesen Entscheidungen hatte der Große Senat die steuerliche Zuordnung von Aufwendungen zu beurteilen, die im Anschluß an den Erwerbsvorgang erbracht wurden, aber nicht mehr den Erwerbsvorgang selbst betrafen. Beim Erwerb eines Gebäudes in Abbruchabsicht dagegen wendet der Erwerber den Preis für das Grundstück und das aufstehende abzureißende Gebäude schon als Erwerbspreis auf. Es steht für ihn bereits beim Erwerb fest, daß er zur Erlangung des Grundstücks den aus Grundstückspreis und Gebäudepreis zusammengesetzten Kaufpreis aufwenden muß. Der tatsächliche Abbruch des Gebäudes stellt dann lediglich den bereits bei der Erbringung des Erwerbspreises angestrebten Erfolg und Zustand her.

cc) Die Abbruchkosten stellen sich unter diesen Gesichtspunkten ebenfalls als unmittelbare Folgekosten des Erwerbsvorgangs und somit als Anschaffungsnebenkosten dar.

dd) Der BMJ ist aufgrund der aktienrechtlichen Mindestbewertungsvorschriften u. a. zu dem Ergebnis gelangt, daß jedenfalls bei Aktiengesellschaften die Abbruchkosten und der Restwert des abgebrochenen Gebäudes grundsätzlich als Anschaffungskosten für den Grund und Boden und nur, soweit sie dort nicht mehr aktiviert werden können, als Herstellungskosten des neuen Gebäudes anzusehen seien. Der Große Senat kann es dahingestellt lassen, ob die vom BMJ vertretenen Rechtsauffassungen, die sich teilweise mit der handelsrechtlichen Literatur decken, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind. Denn für die Bewertung der Wirtschaftsgüter besteht grundsätzlich keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 4, § 6 EStG).

3. Aufteilung des Gesamtkaufpreises

a) Wird ein Grundstück mit einem Gebäude zu einem Gesamtpreis erworben, so muß dieser auf den Grund und Boden einerseits und das Gebäude andererseits aufgeteilt werden. Hierzu hat der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß im betrieblichen Bereich die Aufteilung im Zweifel nach dem Verhältnis der Teilwerte und daß bei Privatvermögen die Aufteilung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte zu erfolgen hat (zuletzt Urteile vom 21. Januar 1971 IV 123/65, BFHE 102, 464, BStBl II 1971, 682, und vom 19. Dezember 1972 VIII R 124/69, BFHE 108, 168, BStBl II 1973, 295). Der Große Senat sieht für die Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage davon ab, auf die Problematik der Kaufpreisaufteilung in Sonderfällen, vor allem bei Käufen zu Arrondierungszwecken, einzugehen (vgl. hierzu Erhard, Steuerliche Betriebsprüfung 1968, 121 ff.; Rose-Luckey, a. a. O., S. 5 f.).

b) Liegt zwischen der Anschaffung und dem Abbruch ein Bilanzstichtag, so ist das Gebäude mit dem für den Bilanzstichtag maßgebenden Wert (§§ 6, 7 EStG) in die Bilanz einzustellen. Die Ausbuchung und der Ansatz als Herstellungskosten (oben D. II. 2. a) oder als Anschaffungskosten (oben D. II. 2. b) erfolgen erst im Zeitpunkt des Abbruchs.

III.

Die Frage, ob ein Gebäude schon in der Absicht, es abzubrechen, angeschafft worden ist, kann wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlich erkennbarer Merkmale beurteilt werden.

1. Für eine Bejahung der Abbruchabsicht beim Erwerb wird es sprechen, wenn die Beteiligten bereits im Kaufvertrag davon ausgegangen sind, daß der Kauf zum Abbruch geschieht oder daß eine Verpflichtung zum Abbruch besteht, ferner, wenn der Abbruch stattfindet, ohne daß das Gebäude weiter genutzt worden ist. Allerdings könnte im letzten Falle der Erwerber den Nachweis erbringen, daß der Erwerb eine Fehlmaßnahme gewesen sei und daß deshalb eine ursprüngliche Abbruchabsicht nicht angenommen werden dürfe.

2. Für einen Erwerb in Abbruchabsicht spricht vor allem, wenn der Abbruch in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb geschieht. Wer ein objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude entgeltlich erwirbt, hat sich im allgemeinen vor Abschluß des Kaufvertrages vergewissert, daß und in welchem Umfange er das Gebäude für seine Belange werde verwerten können. Bricht er das Gebäude alsbald ab, so bringt er damit erfahrungsgemäß zum Ausdruck, daß es für ihn nicht von Wert war. Es kann deshalb in der Regel angenommen werden, daß der Steuerpflichtige mit dem Erwerb einen anderen Zweck verfolgt hatte als den, das Gebäude zu nutzen, insbesondere wenn er alsbald ein neues Gebäude oder sonstiges Wirtschaftsgut auf dem erworbenen Grundstück erstellt.

Der Große Senat nimmt - unter Berücksichtigung der bei Liegenschaften gegebenen tatsächlichen Verhältnisse - einen solchen engen Zusammenhang bei einem Zeitraum von drei Jahren seit dem Erwerb an (vgl. dazu Herrmann-Heuer, a. a. O., § 5 EStG, Anm. 57, S. E 258 und § 6 EStG, Anm. 38 d [3], S.E 123, mit weiteren Nachweisen, sowie Seithel in Deutsches Steuerrecht 1971 S. 524 - DStR 1971, 524 -). Mindestens dieser Zeitraum ist erforderlich, um Neubauplanungen durchzuführen und das zum Abbruch erworbene Gebäude zu räumen, z. B. nach Kündigung von Mietern in Wohnungen oder Betriebsgebäuden. Wird das Gebäude während dieses Zeitraums abgebrochen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Erwerb in Abbruchabsicht geschehen ist. Der Steuerpflichtige kann diesen Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) durch den Gegenbeweis entkräften (z. B. daß es zu dem Abbruch erst aufgrund eines ungewöhnlichen - nicht typischen - Geschehensablaufs gekommen ist). Damit ist nicht ausgeschlossen, daß in besonders gelagerten Fällen (z. B. bei großen Arrondierungskäufen) auch bei einem Zeitraum von mehr als drei Jahren zwischen Erwerb und Abbruch der Beweis des ersten Anscheins für einen Erwerb in Abbruchabsicht spricht.

IV.

Der Große Senat entscheidet die vorgelegte Rechtsfrage hiernach wie folgt:

1. Läßt der Erwerber eines objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes dieses nach dem Erwerb abreißen, so kann er eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 EStG vornehmen und die Abbruchkosten als Betriebsausgaben (Werbungskosten) abziehen, wenn er das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben hat. Hat er dagegen ein solches Gebäude in Abbruchabsicht angeschafft, so gehören der (Buch-)Wert und die Abbruchkosten, wenn der Abbruch des Gebäudes mit der Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang steht, zu den Herstellungskosten dieses Wirtschaftsguts, sonst zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens.

2. Wird mit dem Abbruch eines Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb begonnen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72573

BStBl II 1978, 620

BFHE 125, 516

BFHE 1979, 516

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