Entscheidungsstichwort (Thema)

Alle Zahlungen aufgrund von Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen sei es Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG, sei es Aufwendungsersatz nach § 97a Abs. 3 UrhG– umsatzsteuerbar. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: V R 19/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zahlungen, die an einen Unternehmer aufgrund von urheberrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruch geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).

2. Zum steuerbaren Entgelt für die Leistung des Abmahnenden gehören alle hierfür erhaltenen Zahlungen. Unerheblich für die Einordnung als steuerbares Entgelt ist die Bezeichnung der zu leistenden Zahlungen im Abmahnschreiben oder ob die Zahlungen als Schadensersatz im Sinne des § 97 Abs. 2 UrhG geltend gemacht werden könnten. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Zahlungen dazu dienten, den Abmahnenden klaglos zu stellen und dadurch ein urheberrechtliches Klageverfahren zu vermeiden (Anschluss an BFH, Urteil v. 13.2.2019, XI R 1/17, BStBl 2021 II S. 785).

3. Mit den BFH-Urteilen BFH, Urteil v. 21.12.2016, XI R 27/14, BStBl 2021 II S. 779) und BFH, Urteil v. 13.2.2019, XI R 1/17, BStBl 2021 II S. 785) hat sich die Rechtsprechung zu Abmahnfällen nicht im Sinne des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO geändert.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 2; UrhG § 97 Abs. 2, § 97a Abs. 3; MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, c; AO § 176 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger war im Streitzeitraum 2012 bis 2016 als selbstständiger Architekturfotograf tätig. Da seine Fotografien im Internet und anderen Medien ohne seine Erlaubnis genutzt wurden, verfolgte er durch seine beauftragten Rechtsanwälte diese Urheberrechtsverletzungen u.a. im Wege außergerichtlicher Abmahnungen. Diese Abmahnverfahren liefen nach folgendem Muster ab: Zunächst forderten die Rechtsanwälte vom jeweiligen Rechtsverletzer die Unterlassung der unbefugten Nutzung der Fotos. Nach Abgabe einer entsprechenden strafbewehrten Unterlassungserklärung machten die Rechtsanwälte sodann zum einen Schadensersatz gem. § 97 Abs. 2 UrhG und zum anderen Aufwendungsersatz gem. § 97a Abs. 3 UrhG geltend. Diese Beträge wurden ohne Umsatzsteuer gefordert, da der Kläger davon ausging, dass er aufgrund seiner Vorsteuerabzugsberechtigung nicht zur Forderung von Umsatzsteuer berechtigt sei. Im Zuge der hiermit zusammenhängenden außergerichtlichen Verhandlungen wurde sich sodann oftmals auf die Zahlung eines reduzierten Pauschalbetrages geeinigt. Die Vereinnahmung der Zahlungen erfolgte durch die Rechtsanwälte. Diese rechneten sodann mit dem Kläger entsprechend der zwischen ihnen getroffenen Honorarvereinbarung dahingehend ab, dass der Kläger die Hälfte der vereinnahmten Beträge (abzüglich entstandener Auslagen) ausgezahlt erhielt. Mit einer gesonderten Rechnung stellten die Rechtsanwälte dem Kläger die auf ihre Vergütung entfallende Umsatzsteuer in Rechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Abmahnverfahrens wird auf Bl. 100ff. der Gerichtsakte verwiesen.

In seinen Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre berücksichtigte der Kläger die Zahlungen aus diesen Abmahnverfahren nicht als steuerbare Umsätze. Er ging vielmehr davon aus, dass es sich um nicht steuerbaren Schadensersatz handele. Die in den Rechnungen der Rechtsanwälte ausgewiesene Umsatzsteuer machte er demgegenüber als Vorsteuer geltend. Der Beklagte folgte dem zunächst. Im Rahmen einer bei dem Kläger im Jahr 2019 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat die Prüferin die Rechtsauffassung, dass die von den Rechtsverletzern in den außergerichtlichen Abmahnverfahren geleisteten Zahlungen steuerbare und -pflichtige Umsätze seien. Da der Kläger nicht sämtliche Abrechnungen über derartige Zahlungen im Streitzeitraum nachweisen konnte, schätzte die Prüferin die anzusetzenden Umsätze anhand der vereinnahmten Erlöse aus außergerichtlichen Abmahnverfahren. Da der Kläger lediglich 50 % der von den Rechtsverletzern zu zahlenden Beträge erhalten habe, verdoppelte die Prüferin diese Erlöse und setzte den sich hieraus ergebenden Betrag als umsatzsteuerpflichtigen Umsatz an.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ am 30. Oktober 2019 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Im Rahmen des hierauf folgenden Einspruchsverfahrens legte der Kläger eine Aufstellung sämtlicher Zahlungen von Rechtsverletzern aus außergerichtlichen Abmahnverfahren vor. In diesen Aufstellungen sind die von den Rechtsanwälten vereinnahmten Zahlungen in Schadensersatz gem. § 97 Abs. 2 UrhG und Aufwendungsersatz gem. § 97a Abs. 3 UrhG aufgeteilt. Soweit sich in Abmahnverfahren auf die Zahlung eines Pauschalbetrages geeinigt wur...

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