Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Ablaufhemmung aufgrund eines vor dem 30.12.1999 eingelegten Einspruchs. Gegenstand des Erwerbsvorgangs bei Veräußerung eines unbebauten Grundstücks an einen vom Veräußerer beherrschten geschlossenen Immobilienfonds

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es erscheint problematisch, einem vor Inkrafttreten des § 171 Abs. 3a AO eingelegten Einspruch nachträglich die Wirkung beizulegen, dass nun anstelle der gem. § 171 Abs. 3 AO in der bis zum 29.12.1999 geltenden Fassung eintretenden Teilverjährung hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs eine Ablaufhemmung eintritt (im Streitfall letztlich mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen).

2. Der Erwerb eines Grundstücks in seinem zukünftigen bebauten Zustand liegt auch dann vor, wenn zwar der Kaufvertrag über das unbebaute Grundstück keine dahingehende Regelung enthält, aber bei objektiver Betrachtungsweise dem Käufer aufgrund einer im Wesentlichen bis zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wird, und dieser das Angebot als einheitliches annimmt.

3. Eine solche Fallgestaltung (LS 2) ist bei der Veräußerung eines unbebauten Grundstücks an einen geschlossenen Immobilienfonds gegeben, wenn der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beherrschend am Erwerber beteiligte Veräußerer bereits vor Abschluss des Kaufvertrags ein Bebauungskonzept erstellt, die erforderlichen Baugenehmigungen eingeholt und ein Konzept zur Förderung und Finanzierung erstellt hat, auf dieser Grundlage als Geschäftsbesorger des Erwerbers den Emissionsprospekt des Fonds herausgegeben hat und ihm als Geschäftsbesorger und Generalübernehmer die Bauausführung zuzurechnen ist.

 

Normenkette

GrEStG 1997 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; AO § 171 Abs. 3, 3a; EGAO Art. 97 § 10 Abs. 9; GG Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.12.2009; Aktenzeichen II R 33/08)

BFH (Urteil vom 09.12.2009; Aktenzeichen II R 33/08)

 

Tenor

Abweichend von dem Änderungsbescheid vom 14. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. April 2004 wird die Grunderwerbsteuer auf 718.045,– DM (367.130,58 EUR) festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 88 %, dem Beklagten zu 12 % auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Laut notarieller Urkunde vom 01.02.1995 – …, Notar V., M. – schloss die B. …-AG (im Folgenden: B. AG) mit dem Land M. einen Durchführungs-, Erschließungs- und Grundstückskaufvertrag über die Ersterschließung und Bebauung des Stadtteilzentrums N.. Sie erwarb im Grundbuch des Amtsgerichts O. vom N. Blatt … verzeichnete, im einzelnen benannte Flurstücke der Flur 1 der Gemarkung N. mit einer grundbuchmäßigen Größe von insgesamt 72.641 m², darunter auch das 2.600 m² große Flurstück 104. Die B. AG war nach diesem Vertrag zur Ersterschließung des Stadtteilzentrums N. sowie zur Bebauung verpflichtet. Das Land M. war für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen zum Rücktritt von dem Vertrag berechtigt; alternativ konnte es einen Wiederkauf oder eine Vertragsstrafe fordern. Zur Absicherung der Vertragsstrafe sollte in Abteilung III des Grundbuches eine Grundschuld über 20.000.000,– DM zur Gesamthaft des gesamten, 72.641 m² großen Grundbesitzes eingetragen werden. Die Grundschuld war im Fall der Weiterveräußerung entsprechend der Größe des jeweils veräußerten Flurstücks zur Größe des gesamten Kaufgrundstücks zu verteilen. In dem Vertrag wird ausgeführt, dass dem Land M. die Absicht der B. AG bekannt ist, das Kaufgrundstück oder Teile davon auf einen oder mehrere Immobilienfonds zu übertragen, an denen sie selbst beteiligt sein würde. Laut dem Rahmenvertrag vom 15.10.1992, der als Anlage M) der notariellen Urkunde beigefügt war, wurde die B. AG mit der Erstellung eines konkretisierten städtebaulichen Bebauungs- und Nutzungskonzeptes für das Vertragsgebiet beauftragt (2.1). Die Vertragspartner waren sich darin einig, dass die Realisierung des Vorhabens nach Maßgabe des Vertrages der B. AG vorbehalten bleiben sollte (4.1). Der überwiegende Teil der nicht für öffentliche Nutzung vorgesehenen Flächen sollte der B. AG, ihren Gesellschaftern oder deren Unternehmen oder von ihr benannten Dritten zu Eigentum übertragen und von diesen bebaut werden (4.3).

Durch den hier streitgegenständlichen notariellen Kaufvertrag vom 13.09.1995 – URNr. …, Notar V. – veräußerte die B. AG das unbebaute Flurstück 104 an eine aus ihr und der C. GmbH (im Folgenden: GmbH) bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Klägerin. Zweck der Gesellschaft sollte der Erwerb und die Bebauung des erworbene...

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