rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Geltendmachung einer Nutzungsdauerverkürzung nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG im Anschluss an nutzungsdauerverlängernde Gebäude-Totalsanierung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Steuerpflichtiger kann auch nachträglich von Absetzungen nach § 7 Abs. 4 S. 1 EStG auf die erhöhten Absetzungen nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG übergehen, wenn ihm die dafür maßgeblichen Umstände erst nachträglich bekannt werden.

2. Wird erst nach Abschluss der grundlegenden Sanierung und Modernisierung eines beinahe hundertjährigen, in einem Sanierungsgebiet belegenen Wohn- und Geschäftshauses eine reduzierten Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG geltend gemacht, scheidet eine Verkürzung der Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 S. 1 EStG aus. Es genügt nicht, dass die Voraussetzungen nach S. 2 der Vorschrift möglicherweise zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, ohne dass von § 7 Abs. 4 S. 2 EStG Gebrauch gemacht worden ist. Anderes ergibt sich nicht aus § 11c Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStDV.

3. Soweit nach § 11c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStDV die tatsächliche Nutzungsdauer mit dem Zeitpunkt der Anschaffung beginnt, bedeutet das nicht, dass bereits zu diesem Zeitpunkt die für die Anwendung von § 7 Abs. 4 S. 2 EStG maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen haben müssen.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 4 Sätze 2, 1; EStDV 2000 § 11c Abs. 1 S. 2 Nr. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.08.2014; Aktenzeichen IX B 27/14)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger erwarben im April 1996 in Gesellschaft das Grundstück C.-straße in D. zu einem Kaufpreis von 880.000 DM (ohne Nebenkosten). Das Grundstück ist mit einem ca. 1900 errichteten Wohn- und Geschäftshaus mit ursprünglich 19 Wohn- und drei Gewerbeeinheiten bei einer vermietbaren Fläche von rund 1146 m² (ohne Dachgeschoss) bebaut. Das in einem Sanierungsgebiet liegende Gebäude wurde 1997/98 unter Einsatz erheblicher öffentlicher Zuschüsse für 3.387.845,99 DM vollständig saniert. Nunmehr sind 20 Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten bei einer vermietbaren Fläche von rund 1278 m² (mit Dachgeschoss) vorhanden.

Während die Sanierungskosten auf der Grundlage des Fördergebietsgesetzes abgeschrieben wurden, setzten die Kläger für die Abschreibung der Altbausubstanz zunächst ausgehend von einem auf den Gebäudewert entfallenden Anteil von 60 % des Kaufpreises eine Abschreibung von 2,5 % nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EinkommensteuergesetzEStG – an. Der Beklagte gelangte hingegen im Zuge einer Überprüfung in Anwendung des vereinfachten Verfahrens zu einer Aufteilung der Anschaffungskosten von 29,7 % für Grund und Boden und 70,3 % für das Gebäude. Der Abschreibungssatz wurde nicht beanstandet. Es ergab sich eine jährliche Abschreibung der Altbausubstanz von 15.839 DM.

Auf der Grundlage der vorgenannten Werte reichten die Kläger für das Jahr 2005 eine Feststellungserklärung ein, aus der ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks C.-straße i.H.v. ./.65.617 EUR hervorging. Der Beklagte folgte dem mit Feststellungsbescheid vom 16. Oktober 2006. Die Kläger legten am 17. November 2006 Einspruch ein, zu dessen Begründung sie ein Gutachten über die Aufteilung des Grundstückskaufpreises vorlegten. Danach sollte der Kaufpreis nach dem Schlüssel 79,57 % Gebäude und 20,43 % Grund und Boden aufgeteilt werden. Dabei war der Gutachter weiter zu der Überzeugung gelangt, bei Erwerb des Grundstücks 1996 sei lediglich noch von einer Nutzungsdauer von 25 Jahren auszugehen gewesen, was nunmehr zu einer Absetzung auf die Altsubstanz von jährlich 6,25% führe. Diese Auffassung legten die Kläger auch der Feststellungserklärung 2006 zu Grunde. Der Beklagte setzte mit (Änderungs-)Bescheiden vom 9. Juni 2008 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2005 auf ./.66.660,25 EUR und für das Jahr 2006 auf ./.77.494,30 EUR fest. Dabei ging er jeweils von einer Abschreibung auf die Altbausubstanz i.H.v. 9.232,50 EUR aus. Während die sich aus dem Gutachten ergebende geänderte Kaufpreisaufteilung zu Grunde gelegt werden könne, komme die Verkürzung der Nutzungsdauer nicht in Betracht. Die Kläger legten am 4. Juli 2008 auch gegen den Feststellungsbescheid für das Jahr 2006 Einspruch ein.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 1. April 2010 (Gründonnerstag) zurück. Der Abschreibungssatz folge aus § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG. Soweit § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG eine Abschreibung nach der tatsächlichen Restnutzungsdauer ermögliche, sei das nur dann zulässig, wenn die technischen und wirtschaftlichen Umstände dafür sprächen, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als die typisierte Nutzungsdauer sei. Es sei Sache des Steuerpflichtigen, konkrete Umstände vorzutragen, die für eine Abweichung vom Regelfall sprechen könnten. Daran fehle es. Das vorgelegte Gutachten reiche nicht zum Beleg einer verkürzten Nutzungsdauer aus. Aus dem Gutachten gehe hervor, dass das Bauwerk keine unmittelbaren Baumängel aufgewiesen oder ...

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