rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht des für einen ISAF-Einsatz in Afghanistan erhaltenen Arbeitslohns

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist der Kläger auch während seiner Tätigkeit als International Civilian Consultant bei der ISAF in Afghanistan unbeschränkt steuerpflichtig, so ist der für die ISAF-Tätigkeit erhaltene Arbeitslohn weder nach Art. VI des „Übereinkommens über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen” vom 21.11.1947 noch nach dem „Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13.2.1946” (anwendbar aufgrund des zwischen der NATO und der afghanischen Regierung abgeschlossenen „Military Technical Agreement” – MTA –) noch nach der Verordnung über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an die Nordatlantikvertrags-Organisation, die nationalen Vertreter, das internationale Personal und die für die Organisation tätigen Sachverständigen vom 20.9.1951 (Ottawa-Übereinkommen, BGBl 1958 II S. 117) noch nach sonstigen internationalen Abkommen steuerbefreit und somit in Deutschland steuerpflichtig.

2. Es ist nicht verfassungswidrig, dass der im Zusammenhang mit einer Tätigkeit für die ISAF gezahlte Gefahren- und Erschwerniszuschlag nicht nach § 3 Nr. 64 EStG steuerfrei ist.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1 S. 1, § 3 Nr. 64 Sätze 1-2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BBesG § 56; GG Art. 3 Abs. 1; NATO-Truppenstatut Art. X; Ottawa Abkommen vom 20.9.1951 Art. 17, 19; Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21.11.1947; Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen Art. VI Abschn. 19 vom 21.11.1947

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.11.2021; Aktenzeichen I R 17/20)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Prozessbeteiligten streiten darüber, ob Einkünfte des Klägers aus einer Tätigkeit im Rahmen der Internationalen Sicherungsunterstützungstruppe (International Security Assistance Force [ISAF]) in Kabul, Afghanistan, im Jahr 2011 (Streitjahr) ganz oder in Teilen von der inländischen Besteuerung freizustellen sind.

Der 1964 geborene, ledige Kläger hatte im Streitjahr seinen Wohnsitz in der Gemeinde B… im Bundesland Brandenburg. Ab dem 4. April 2011 übte er eine Tätigkeit als „International Civilian Consultant” bei der ISAF in Afghanistan aus. Die Anstellung erfolgte als Kameramann und Ausbilder von afghanischen Journalisten und Kameraleuten. Darüber hinaus war der Kläger in die Leitung eines Medienbüros der ISAF eingebunden.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2011 erklärte der Kläger (neben steuerpflichtigen Einkünften aus selbständiger Arbeit als Kameramann bis zum 3. April des Streitjahres) seiner Ansicht nach steuerfreie Brutto-Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 62.623 EUR, einschließlich eines darin enthaltenen Gefahren- und Erschwerniszuschlags in Höhe von 16.411 EUR. Zur Begründung für die Steuerfreiheit der vorgenannten Einkünfte berief er sich auf folgende Rechtsgrundlagen:

  • Art. VI des „Übereinkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen” vom 21. November 1947
  • „Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13. Februar 1946”, anwendbar aufgrund des zwischen der NATO und der afghanischen Regierung abgeschlossenen „Military Technical Agreement” (MTA) sowie
  • Verordnung über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an die Nordatlantikvertrags-Organisation, die nationalen Vertreter, das internationale Personal und die für die Organisation tätigen Sachverständigen vom 20. September 1951 (NATO-Truppenstatut bzw. Ottawa-Übereinkommen), Bundesgesetzblatt (BGBl.) II 1958, 117

Das Finanzamt C… setzte die Einkommensteuer 2011 mit Bescheid vom 2. April 2014 auf 18.040 EUR fest. Dabei behandelte es die streitgegenständlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als vollständig einkommensteuerpflichtig. Zur Begründung führte es in seinen „Erläuterungen zur Festsetzung” aus, der ausländische Arbeitslohn unterliege in voller Höhe der inländischen Einkommensteuer. Das NATO-Truppenstatut sei nicht anwendbar, da darin nur die Rechtsstellung der Truppen während ihres Aufenthaltes im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei des Nordatlantikvertrages geregelt sei. Afghanistan sei kein Bündnismitglied und damit auch keine Vertragspartei in diesem Sinne. Es bestünden keine internationalen Abkommen, die eine besondere steuerliche Behandlung der von der ISAF gezahlten Bezüge in Deutschland vorsähen. Mit Afghanistan gebe es kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Die Gehaltszahlungen der ISAF seien danach als Einkünfte nach § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) zu besteuern. Gefahren- und Erschwerniszulagen seien nicht steuerbefreit.

Der Kläger legte gegen den Einkommensteuerbescheid fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung berief er sich im Wesentlichen weiterhin auf di...

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