Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Einbringung einer Personengesellschaft Wahlrecht der übernehmenden Kapitalgesellschaft zur rückwirkenden Bestimmung des steuerlichen Übertragungsstichtags nach § 20 Abs. 6 S. 3 UmwStG 2006 bis zur Beendigung der letzten Tatsacheninstanz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird eine Kommanditbeteiligung gegen Gewährung von neuen Aktien in eine AG eingebracht, hat die AG als übernehmende Kapitalgesellschaft das Wahlrecht nach § 20 Abs. 6 S. 3 UmwStG i. d. F. des SEStEG, bei dem für sie zuständigen FA rückwirkend einen beliebigen Zeitpunkt innerhalb der letzten acht Monate als steuerlichen Übertragungsstichtag zu wählen und – ggf. auch konkludent – zu beantragen.

2. Dabei muss es sich um eine Erklärung im eigenen Besteuerungsverfahren der übernehmenden Kapitalgesellschaft handeln. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft in ihrer Funktion als Rechtsnachfolgerin der eingebrachten Personengesellschaft eine geänderte Feststellungserklärung abgibt und einen Einbringungsgewinn erklärt.

3. Der Antrag auf Zugrundelegung eines abweichenden Übertragungsstichtags nach § 20 Abs. 6 S. 3 UmwStG 2006 kann auch noch nach Einreichung der Steuerbilanz bzw. der Steuererklärung bis zur Beendigung der letzten Tatsacheninstanz gestellt bzw. geändert werden, in der über die Besteuerung des Vermögensübergangs der übernehmenden Kapitalgesellschaft entschieden wird (gegen BMF, Schreiben v. 11.11. 2011, IV C 2 – S 1978-b/08/10001, BStBl 2011 I S. 1314, Tz. 20.14).

 

Normenkette

UmwStG 2006 § 20 Abs. 3 S. 1, Abs. 1, 2 S. 3, Abs. 5, 6 Sätze 1-3; EStG 2007 § 52 Abs. 47 S. 4, § 34

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.12.2018; Aktenzeichen I R 1/17)

 

Tenor

Der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der B. GmbH & Co. KG für 2006, zuletzt geändert am 2. Mai 2013 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2014, wird dahingehend geändert, dass für die Klägerin kein Veräußerungsgewinn in Höhe von 22.954.616,91 EUR festgestellt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Einbringungsgewinn im Jahr 2006 (so der Beklagte) oder im Jahr 2007 (so die Klägerin) entstanden ist.

Der Geschäftsbetrieb der Klägerin bestand u.a. in der Herstellung, dem Verkauf und dem Vertrieb von Getränken unter den Marken der C., D. (USA). Die Klägerin war als Kommanditistin an der B. GmbH & Co. KG mit einem Anteil am Gesellschaftsvermögen von 21,2 % beteiligt.

Mit notariellem Vertrag vom 1. August 2007 brachte die Klägerin den auf E. bezogenen Teil ihres Geschäftsbetriebs einschließlich ihres Kommanditanteils an der B. GmbH & Co. KG gegen Gewährung neuer Aktien in die F. AG, die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, ein. Dabei wurde in § 10 des Einbringungsvertrags vereinbart, dass die Einbringung wirtschaftlich und im Hinblick auf die eingebrachte Kommanditbeteiligung an der B. GmbH & Co. KG auch steuerlich mit Rückwirkung zum 31. Dezember 2006, 24 Uhr „Stichtag”) erfolgen sollte. Vom Stichtag an sollte die eingebrachte Sachgesamtheit als auf Rechnung der F. AG geführt gelten. Als Gegenleistung erhielt die Klägerin neben Aktien der F. AG eine Barzahlung. Die Einbringung erfolgte nach § 2 Nr. 8 des Vertrages zum gemeinen Wert.

Die F. AG setzte die übernommenen Wirtschaftsgüter in der Bilanz auf den 31. Dezember 2006 mit dem gemeinen Wert an und berücksichtigte die übernommene Beteiligung auch in ihren Steuererklärungen für 2006. Weitere Erklärungen zum Zeitpunkt der Einbringung gab die F. AG gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt zunächst nicht ab.

Die B. GmbH & Co. KG erklärte in der Feststellungserklärung für 2006 zunächst keinen Veräußerungsgewinn für die Klägerin. Das damals zuständige Finanzamt G. folgte der Erklärung mit einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO– stehenden Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der B. GmbH & Co. KG für 2006 vom 20. Dezember 2007 (geändert wegen hier nicht streitiger Fragen am 14. Februar 2008).

Die B. GmbH & Co. KG erlosch im Februar 2009 liquidationslos im Wege der Anwachsung auf die F. AG.

Unmittelbar vor Beginn einer Außenprüfung bei der B. GmbH & Co. KG gab die F. AG am 2. April 2009 beim FA G. eine geänderte Feststellungserklärung der B. GmbH & Co. KG für 2006 ab, in der sie für die Klägerin einen Veräußerungsgewinn infolge der Einbringung des Kommanditanteils an der B. GmbH & Co. KG in Höhe von 22.988.142,15 EUR nacherklärte. Der durch die Anwachsung zwischenzeitlich zuständig gewordene Beklagte erließ am 14. Mai 2009 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid für 2006, in dem er den nacherklärten Veräußerungsgewinn der Klägerin erklärungsgemäß berücksichtigte.

Dagegen legte die F. AG als Rechtsnachfolgerin der B. GmbH & Co. KG Einspruch ein, mit dem sie die Berücksichtigung der sich aus dem Veräußeru...

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