Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb von Filmlizenzen und Weiterüberlassung an Kinobetreiber durch einen Filmverleih: Auch bezüglich noch vom Filmverleih selbst zu untertitelnder bzw. synchronisierender Filme keine Hinzurechnung der Lizenzgebühren nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG. Auschließlichkeitsgebot bei Veränderung von Lizenzrechten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Überlässt ein Unternehmen „Filmverleih”) von Filmproduzenten erworbene Filmlizenzen im Wesentlichen Kinobetreibern, die sie durch Ausstrahlung in ihren Kinos auswerten, dann fallen bei dem Filmverleih nicht nur Aufwendungen für Lizenzgebühren betreffend Filme in Originalsprache deutsch oder betreffend Filme in Fremdsprachen, die bereits vom Lizenzgeber untertitelt bzw. synchronisiert überlassen worden sind, sondern auch Lizenzgebühren betreffend Filme in Fremdsprachen, die noch vom Filmverleiher selbst untertitelt bzw. synchronisiert werden müssen, unter die Rückausnahme in § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG und unterliegen daher nicht der Hinzurechnung nach dieser Vorschrift.

2. Die Systematik des Gewerbesteuerrechts spricht dafür, die dem Filmverleiher erteilte Lizenz auch bei Synchronisation durch den Verleiher als Vertriebs- und nicht als Produktionslizenz einzuordnen. Völlig untergeordnete Veränderungen zu Vertriebszwecken, die den Gegenstand der Lizenz im Kern unverändert lassen, stehen einer bloßen Durchleitung zu Vertriebszwecken nicht entgegen und in diesem Sinne ist die vom Filmverleih zu erledigende Synchronisation oder Untertitelung von Filmen nur eine völlig untergeordnete Veränderung zu Vertriebszwecken.

3. Die Formulierung „mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen” in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG ist dahingehend zu verstehen, dass damit gemeint ist „ausschließlich für die Überlassung an Dritte, nicht auch für die Selbstnutzung”. Eine Selbstnutzung kann aber auch dann ausgeschlossen sein, wenn der Gegenstand der Lizenz verändert wird. Es erscheint daher keineswegs zwingend, dem Ausschließlichkeitsgebot ein Veränderungsverbot zu entnehmen.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.06.2022; Aktenzeichen III R 2/21)

 

Tenor

Die Gewerbesteuermessbescheide 2014 und 2015, beide zuletzt geändert mit Bescheid vom 30.11.2020, werden dahingehend geändert, dass jeweils die Hinzurechnung für „Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten – insbesondere Konzessionen und Lizenzen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG)” entfällt.

Die Berechnung der Messbeträge wird dem Beklagten übertragen. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 23 % und der Beklagte 77 %.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob beim Vertrieb vom Filmrechten eine Untertitelung oder Synchronisation das Vorliegen sog. Durchleitungsrechte bzw. einer sog. Vertriebslizenz im Sinne der Rückausnahme in § 8 Nr. 1 Buchstabe f Satz 1 GewerbesteuergesetzGewStG – ausschließt. Streitgegenständlich ist zuletzt noch der Gewerbesteuermessbetrag der Jahre 2014 und 2015.

I.1.

Die Klägerin, eine GmbH, betreibt einen „Filmverleih”. Sie erwirbt Filmlizenzen von Filmproduzenten, die sie wiederum im Wesentlichen Kinobetreibern überlässt, die sie durch Ausstrahlung in ihren Kinos auswerten. Die Produzenten sind teils im Inland, teils im Ausland ansässig. Die Filme sind teils deutsch-, teils fremdsprachig. Fremdsprachige Filme werden entweder deutsch synchronisiert oder deutsch untertitelt. Die Synchronisierung oder Untertitelung, soweit notwendig, besorgt teils der Lizenzgeber, teils die Klägerin.

Die Klägerin befasst sich nicht mit der Verwertung für DVDs und Streamingleistungen (Video on Demand), so dass bei der Klägerin keine Gestellung von sog. Bonusmaterial erfolgt.

Der Klägerin entstanden Aufwendungen für die Überlassung von Lizenzen wie folgt:

Jahr

2013

2014

2015

Originalsprache deutsch

332.570,16 EUR

208.568,18 EUR

134.399,82 EUR

vom Lizenzgeber untertitelt bzw. synchronisiert überlassen

1.126.012,96 EUR

306.195,45 EUR

320.979,92 EUR

Untertitelung bzw. Synchronisation durch die Klägerin beauftragt

136.694,47 EUR

6.358.594,39 EUR

1.803.670,29 EUR

insgesamt

1.595.277,59 EUR

6.873.358,01 EUR

2.259.050,03 EUR

2.

Die Lizenzverträge zwischen der Klägerin und den Lizenzgebern (Produzenten) sind im Einzelnen unterschiedlich. Auf den Ordner „Anlagen zum Schriftsatz vom 14.09.2020”, der sämtliche Lizenzverträge in Kopie enthält, wird Bezug genommen. Soweit es um Filme geht, deren Untertitelung bzw. Synchronisation durch die Klägerin erfolgte, ist die Grundstruktur der Verträge jedoch ähnlich und soll hier an einem Beispiel verdeutlicht werden: Im Distribution License ...

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