Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzanspruch nach DSGVO nur bei Nachweis eines konkreten Schadens. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IX R 10/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzung für eine Entschädigung in Geld ist über den festgestellten Verstoß gegen die Vorschriften der DSGVO hinaus auch der Nachweis eines konkreten (immateriellen) Schadens.

 

Normenkette

DSGVO Art. 82

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Dem Rechtsstreit liegt eine am … erhobene, unter dem Aktenzeichen –Az.– … geführte Klage wegen datenschutzrechtlicher Rechte des Klägers zu Grunde.

Gegenstand des Rechtsstreits sind im Wesentlichen die datenschutzrechtlichen Rechte des Klägers in Bezug auf die Verarbeitung von den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten durch das beklagte Finanzamt –FA– im Rahmen der Durchführung der Besteuerung von Dritten, an deren Besteuerungsverfahren der Kläger selbst nicht beteiligt ist. Das Gericht hat in diesem Verfahren durch klageabweisendes Urteil entschieden (Urteil vom … – …). Über die vom Gericht zugelassene und vom Kläger eingelegte Revision hat der Bundesfinanzhof –BFH– noch nicht entschieden (Az.: …).

Unter anderem machte der Kläger im Verfahren … auch Schadenersatz nach Art. 82 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG –DSGVO– geltend.

Der Kläger beantragte zunächst schriftsätzlich, den Beklagten zu verpflichten, an den Kläger einen (wirksamen Straf-)Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO, § 83 Bundesdatenschutzgesetz –BDSG– zu leisten.

Der Berichterstatter hat dem Kläger mit Schreiben vom 15.04.2021 eine Frist nach § 65 Abs. 2 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO– zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens von einer Woche gesetzt. Mit Schreiben vom 21.04.2021 hat der Berichterstatter den Kläger darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Schadenersatz möglicherweise unbestimmt und daher unzulässig sein könnte, da kein Betrag genannt wurde, und möglicherweise unbegründet sein könnte, da nicht erkennbar sei, ob es sich um einen materiellen oder um einen immateriellen Schaden handeln soll; falls materiell, worin dieser bestehen soll; falls immateriell, welches Rechtsgut wie beeinträchtigt worden sein soll. Ferner bestünden Bedenken hinsichtlich der Eröffnung des Finanzrechtswegs.

Mit Beschluss vom 26.10.2021 wurde das Verfahren hinsichtlich der Geltendmachung von Schadenersatz von dem unter dem Az. … geführten Verfahren abgetrennt, da in Bezug auf diesen Klagegegenstand vorab der Rechtsweg zu prüfen war. Das Gericht hat mit Beschluss vom 27.10.2021 den Rechtsweg zu den Finanzgerichten hinsichtlich des Schadenersatzes für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Landgericht C… verwiesen. Auf die vom Gericht zugelassene Rechtswegbeschwerde des Klägers sowie des Beklagten hin hat der BFH mit Beschluss vom 28.06.2022 den Verweisungsbeschluss aufgehoben (Az.: II B 92/21, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFHE– 275, 571). Das Verfahren wird daher beim hiesigen Gericht fortgesetzt.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, einer Bezifferung der Höhe des begehrten Schadenersatzanspruchs bedürfe es zur Zulässigkeit der Klage nicht. Insofern werde auf das Verfahren des Amtsgerichts –AG– Goslar (Urteil vom 27.09.2019 – 28 C 7/19, juris) verwiesen. Das AG Goslar habe kein Problem in der Zulässigkeit einer nicht definierten Schadenersatzforderung gesehen. Im vorliegenden Fall könnte möglicherweise bereits eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 GG vorliegen. Denn die Frage der Zulässigkeit ergebe sich offensichtlich aus der FGO.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2023, der 284 Seiten umfasst und einheitlich im hiesigen Verfahren des Klägers sowie in mehreren Parallelverfahren der Ehefrau des Klägers gegen den Beklagten des hiesigen Verfahrens sowie die Senatsverwaltung für Finanzen eingereicht wurde, hat der Kläger unter anderem die Unionsrechtswidrigkeit von Vorschriften der Abgabenordnung –AO– geltend gemacht. Dies gelte für § 29b AO, § 29c AO, § 30 Abs. 4 Nr. 1–1b; 2b; 2c; 4; Abs. 6 AO, § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, § 31b Abs. 1 AO, § 32c Abs. 1 Nr. 3 AO (unverhältnismäßigen Aufwand), § 32c Abs. 3 AO (Auffinden) Unvereinbar mit Unionsrecht, § 32d Abs. 1 S. 1 AO, § 147 Abs. 6 AO, § 22 Abs. 2 Satz 2 BDSG (unvereinbar mit Unionsrecht), § 200 AO Unvereinbarkeit der Sanktionsregeln der AO mit dem Unionsrecht, fehlende gesetzliche Löschfristen in der AO. Die AO dürfte grundsätzlich gegen Unionsrecht, vorliegend Art. 84 Abs. 1 EU (VO) 2016/679, verstoßen. Ferner trägt der Kläger vor zur Unmöglichkeit der Erfüllung der Anforderungen des Art. 35 DSGVO in Anbetracht der Erwägungsgründe (75), zu Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen (84), zu Risikoevaluierung und Folgenabschätzung (89), zum Entfall der generelle...

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