Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten einer von der finanzierenden Bank verlangten qualifizierten baufachlichen Betreuung im Rahmen der Herstellung einer vermieteten Immobilie als sofort abzugsfähige Finanzierungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Verlangt die Bank im Rahmen der Finanzierung eines größeren, zur Vermietung bestimmten Gebäudekomplexes vom Darlehensnehmer die Installation eines „Controllings” (qualifizierte baufachliche Betreuung während des gesamten Bauvorhabens, unter anderem Koordination der Planung, Termin- und Liestungskontrolle, Informationsversorgung und Kontrolle im Zusammenhang mit der Ausgabe der einzelnen Darlehensteilbeträge durch den Kreditgeber nach Baufortschritt) sowie die Durchführung dieser baufachlichen Betreuung durch ein bestimmtes Unternehmen, so gehören die vom Darlehensnehmer an das Controlling-Unternehmen geleisteten Zahlungen nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes, sondern zu den sofort als vorweggenommene Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abzugsfähigen Finanzierungsaufwendungen.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nrn. 1, 7, § 7 Abs. 4-5; HGB § 255

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.12.2021; Aktenzeichen IX R 8/21)

 

Tenor

Die geänderten Bescheide zur Einkommensteuer 2012 und 2013 vom 17. Januar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2018 und der Bescheide vom gleichen Tag werden dahingehend geändert, dass die Projektcontrollkosten für 2012 von insgesamt EUR 13.090 und für 2013 von insgesamt EUR 68.901 als sofort abzugsfähige Finanzierungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden unter Rückgängigmachung insoweit berücksichtigter AfA.

Der Bescheid über Einkommensteuer 2014 vom 17. Januar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2018 wird dahingehend geändert, dass die Projektcontrollkosten von insgesamt EUR 34.923 als sofort abzugsfähige Finanzierungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden unter Rückgängigmachung der insoweit berücksichtigten AfA.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die Kläger, beide Jahrgang 1940, sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2012 Einkünfte als selbständiger Patentanwalt in Höhe von etwa EUR 74.000 und aus einer Anwaltssozietät von etwa EUR 73.000. Zudem erzielte er einen Veräußerungsgewinn von etwa EUR 663.900 aus der Beendigung seiner Tätigkeit für die Sozietät. Beide Kläger haben Renteneinkünfte. Die Kläger erzielten im Jahr 2012 zudem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus mehreren Objekten u.a. für im Bau befindliche Objekte (insgesamt vier Häuser) in C…, D…-straße (Fertigstellung Mai 2013) sowie E…-straße (Fertigstellung Mitte 2014).

In den Streitjahren 2013 und 2014 erzielte der Kläger Einkünfte als Patentanwalt und die Kläger neben den Renteneinkünften Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Nach Aktenlage begannen die Baumaßnahmen im Jahr 2011; mit der Bauplanung und Bauüberwachung war das Ingenieurbüro F… und mit der Baubetreuung die Fa. G… beauftragt.

Zur weiteren Durchführung der Bauvorhaben in C…, D…-straße, E…-straße stellte der Kläger am 28. Juni 2012 Darlehensanträge bei der H… Bank AG. Mit Schreiben vom 13. Juli 2012 erfolgte durch die Bank die Darlehenszusage über insgesamt 2 Mio. Euro. Die Darlehenszusage enthielt den Passus, dass einer Auszahlung nichts im Weg stünde, Voraussetzung: ..alle erforderlichen Unterlagen – siehe Beiblatt zur Darlehenszusage – lägen vor. In dem Beiblatt wird unter den für die Auszahlung erforderlichen Unterlagen u.a. ein „Projektcontrollingvertrag mit I… GmbH gem. vorliegendem Entwurf” aufgeführt.

Am 1. / 5. August 2012 schlossen die I… GmbH (GmbH) und der Kläger einen sogenannten Projektcontrollingvertrag (PCV) Bl. 32 BP-Akte. Mit einer Ergänzungsvereinbarung vom 23. Februar 2013 zum PCV wurde wegen der notwendigen Verschiebung der Fertigstellung der Leistungszeitraum verlängert und die Vergütung erhöht, Bl. 35 BP-A. In dem PCV heißt es hierzu unter anderem in der Präambel:

„Im Rahmen der Bauplanung und Baudurchführung ist es notwendig, ein übergeordnetes Projektcontrolling einzuführen. Diese Leistung soll über I… GmbH gem. nachstehendem Vertrag im Rahmen einer Finanzierung durch die H… Bank AG erbracht werden.”

Weiter heißt es in dem Vertrag:

㤠1 Gegenstand des Vertrages

Gegenstand dieses Vertrages sind Controllingleistungen im Hinblick auf die wirtschaftlichen und regulatorischen Belange des Bauvorhabens.

[…]

§ 3 Leistungen des Auftragnehmers

Grundlagen bei Leistungsbeginn

Prüfung der Projektunterlagen auf Vorhandensein und Inhalte im Rahmen einer Bestandsaufnahme

[…]

Übergeordne...

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