rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für maßgefertigte elastische Schuheinlagen, die nicht als orthopädische Vorrichtung anzusehen sind

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Auslegung der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG richtet sich allein nach zolltariflichen Vorschriften und Begriffen, soweit in der Anlage zollrechtliche Begriffe verwendet werden.

2. Die Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln der KN (hier Anm. 6 zu Kap. 90 KN) sind Einreihungsregeln, die für die Einreihung der Ware und damit für die Feststellung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes bindend sind.

3. Eine maßgefertigte Einlegesohle, deren Tragen nicht dazu führt, dass eine orthopädische Deformität – auch nicht teilweise – in den Normalzustand zurückgeführt wird, und durch deren Tragen das Fortschreiten einer Deformität auch nicht dergestalt aufgehalten werden kann, dass sich das orthopädische Leiden nicht verschlechtert, ist nicht in die Pos. 9021 KN einzureihen und unterliegt daher nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 52 Buchst. b der Anlage 2 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1; UStG Anl. 2 Nr. 52 Buchst. b; KN UPos. 9021 10; KN UPos. 6406 90; KN Anm. 6 zu Kap. 90; EGVO 696/2012

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.02.2019; Aktenzeichen VII R 1/18)

BFH (Urteil vom 27.02.2019; Aktenzeichen VII R 1/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die von der Klägerin (Klin) hergestellte elastische Schuheinlage „X…” eine orthopädische Vorrichtung zur Korrektur orthopädischer Leiden im Sinne der Nr. 52 b der Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz (UStG) in Verbindung mit Position 9021 des Zolltarifs darstellt, auf die der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

Die Klin betreibt ein Unternehmen, das unter anderem elastische Schuheinlagen mit der Bezeichnung „X…” (nachfolgend: Einlegesohle) herstellt.

Die Einlegesohle wird in der Weise hergestellt, dass zunächst die Trittspur des Patienten mittels eines elektronischen Messgeräts oder eines Farbabdrucks aufgenommen wird. Anhand der Trittspur wird ein Rohling aus Stahl hergestellt, der nur grob auf den Fußabdruck zugeschnitten ist. Er ist in verschiedenen Größen und Formen verfügbar, die sich an Gewicht, Größe und Trittspur des Patienten orientieren. Der Rohling wird in Handarbeit an den Fußabdruck des jeweiligen Patienten unter Verwendung verschiedener Bearbeitungswerkzeuge angepasst. Am vorderen Ende wird eine patentierte Massagepelotte aufgesteckt.

Die fertiggestellte Einlegesohle ist bis zu einem gewissen Grad flexibel. Ferner unterstützt sie das Längsgewölbe des Fußes. Im Rahmen des Internetauftritts bewirbt die Klin die Einlegesohle damit, es handele sich hierbei um „keine starre, harte oder orthopädische Einlage, sondern sie biete dem Fuß einen Komfort, der Ihnen Tag für Tag und mit jedem Schritt zu gute kommt”.

Die Klin führte wegen der Besteuerung der Umsätze aus dem Verkauf der Einlegesohle für den Voranmeldungszeitraum Februar 2008 bereits ein Klageverfahren beim Senat unter dem Aktenzeichen 9 K 267/09. Diesem Klageverfahren ging am 17. Mai 2006 eine Umsatzsteuer(USt)-Sonderprüfung bei der Klin voraus. Im Rahmen der Prüfung wurde eine unverbindliche Zolltarifauskunft bei der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Berlin (ZPLA Berlin) eingeholt. Diese teilte dem Beklagten (Bekl) mit, dass die Ware nach dortiger Ansicht nicht in die Position 9021 des Zolltarifs einzustufen und die Anfrage daher an die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt Frankfurt am Main (ZPLA Frankfurt am Main) weitergeleitet worden sei. Die ZPLA Frankfurt am Main erteilte am 28. Juni 2006 eine unverbindliche Zolltarifauskunft für USt-Zwecke (Rechtsbehelfsakte II, Bl. 47). Darin wurde die Einlegesohle in die Zolltarifposition 6406 eingeordnet.

In der Folge änderte der Bekl die Besteuerung der Umsätze aus dem Verkauf der Einlegesohle für den Voranmeldungszeitraum Februar 2008 mit Bescheid vom 5. Mai 2008 bzw. mit Bescheid vom 16. Juni 2008 dahingehend ab, dass er die Umsätze dem Regelsteuersatz von 19 % unterwarf.

Am 20. Oktober 2008 wurde die Einlegesohle von den spanischen Zollbehörden im Rahmen einer verbindlichen Zolltarifauskunft gegenüber der X… S.L., Y (Spanien), mit der VZTA-Nummer A-1… in die Position 9021101000 der Kombinierten Nomenklatur (nachfolgend: KN) gemäß Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 (Amtsblatt der Europäischen Union – ABl. – 2007, L286, S. 1) eingeordnet.

Nach Durchführung eines erfolglosen Einspruchsverfahrens gegen den o.g. Bescheid gab der Senat der hiergegen erhobenen Klage der Klin im Verfahren 9 K 267/09 mit Gerichtsbescheid vom 3. September 2010 statt. Er sah die Einlegesohle als orthopädische Vorrichtung im Sinne der Nr....

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