Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Krankenhausleistungen bei privater Trägerschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Leistungen eines Krankenhauses in privater Trägerschaft können nur nach § 4 Nr. 16b UStG und nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sein.

2. Ein Krankenhaus fällt nicht unter die Regelung des § 67 Abs. 1 AO, wenn es weder unter die Bundespflegesatzverordnung (BPflV) noch in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) fällt und nicht nach dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) gefördert wird. Die Gründe, aus denen keine Pflegesatzvereinbarung mit den Krankenkassen geschlossen hat, sind unbeachtlich.

3. Bei der Frage, ob das vom Krankanhaus berechnete Entgelt den Rahmen des § 67 Abs. 1 AO überschreitet, ist der Nachweis erforderlich, dass sich die im Rahmen einer solchen Kalkulation angesetzten „Selbstkosten” dem Grunde und der Höhe nach an den Vorgaben der BPflV orientieren.

4. Ein in privater Rechtsform und mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes Krankenhaus, das privat versicherte Patienten und Selbstzahler behandelt, kann sich hinsichtlich der von ihm erbrachten ärztlichen Heilbehandlung und der damit eng verbundenen Leistungen unmittelbar auf die Steuerbefreiungsvorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b 6. EG-RL berufen.

 

Normenkette

UStG § 4 Nrn. 14, 16b; 6. EG-RL Art. 13 Teil A Abs. 1b; AO § 67; KHG § 2 Nr. 1; SGB V § 107 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.03.2015; Aktenzeichen XI R 8/13)

 

Tenor

1. Die Umsatzsteuerbescheide 2003 – 2006, jeweils vom 16. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2010, werden dahin gehend geändert, dass die Umsatzsteuer herabgesetzt wird um

xxx.xxx,xx EUR (2003),

xxx.xxx,xx EUR (2004),

xxx.xxx,xx EUR (2005) und

xxx.xxx,xx EUR (2006).

Dem Beklagten wird aufgegeben, die Umsatzsteuer 2003-2006 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe neu festzusetzen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1998 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründete Klägerin betreibt auf Grund einer Konzession des Regierungspräsidiums X gemäß § 30 Gewerbeordnung eine Klinik für Psychosomatik, Psychotherapie und Krisenintervention (http://www.a-klinik.de). Gesellschafter in den Streitjahren waren jeweils zu 50 v.H. ein Arzt und ein Rechtsanwalt. Die Klägerin erbringt allgemeine Krankenhausleistungen i.S.d. § 2 der Verordnung zur Regelung der KrankenhauspflegesätzeBundespflegesatzverordnung – in der in den Streitjahren gültigen Fassung (BPflV). Sie wird nicht nach dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz – (KHG) gefördert. Sie darf keine Kassenpatienten behandeln, da sie nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen worden ist (vgl. § 108 Sozialgesetzbuch – SGB – Fünftes Buch – V –). Sie wurde vom Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg als Akutkrankenhaus i.S.d. § 107 SGB V anerkannt. Sie behandelte in den Streitjahren privat versicherte Patienten und Selbstzahler, im Wesentlichen beihilfeberechtigte Personen.

Sie rechnet den Aufenthalt und die Therapie der Patienten mit einem pauschalen Tagespflegesatz gegenüber den Patienten bzw. deren jeweiligen Krankenkassen ab und zwar im Streitjahr 2004 für insgesamt 12.887 Pflegetage, davon 1.548 Tage Einzelzimmerzuschläge, entsprechend dem in den Betriebsprüfungs(Bp)-Handakten Bd. I befindlichen Schreiben der Klägerin vom 4. Mai 2007 mit weiteren Ausführungen zu bundesweiten Vergleichswerten. Der pauschale Tagessatz umfasst ärztliche Leistungen sowie die Unterbringung und Verpflegung der Patienten. Die jeweilige Behandlung wird von angestellten und/oder selbständig tätigen Ärzten bzw. Therapeuten durchgeführt. Die selbständigen Ärzte und Therapeuten rechnen die von ihnen erbrachten Leistungen gegenüber der Klägerin ab. Die Klägerin rechnet nicht nach der BPflV ab. Gewinne können an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Bp-Handakten Bd. I befindlichen Gesellschafterbeschlüsse vom 13. Dezember 2005, 9. Juni 2006 und 9. Juli 2007 Bezug genommen. Nach der in den Bp-Handakten Bd. I befindlichen Auswertung der Budgetvereinbarungen 2004 sowie weiterer Krankenhäuser aus dem Bundesgebiet als interner Krankenverglich gem. § 5 BPflV der Bundesarbeitsgemeinschaft der Träger Psychiatrische...

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