Entscheidungsstichwort (Thema)

ESt-Vorauszahlungen 1989

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) stellte im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuer (ESt) – Erklärung für 1989 fest, daß sie mit einer Nachzahlung von ESt rechnen müsse. Mit am Gründonnerstag, 28.3.1991 beim Finanzamt (FA) eingegangenen Schreiben gleichen Tages beantragte die Klin die nachträgliche Erhöhung der ESt-Vorauszahlung für 1989 von … DM auf … DM.

Das FA lehnte den Antrag mit Schreiben vom 8.4.1991 ab, weil dieser nicht innerhalb der Frist des § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG in der Fassung des Wohnungsbauförderungsgesetzes vom 22.12.1989 habe bearbeitet werden können, also nicht vor Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden 15. Kalendermonats, somit des 31.3.1991.

Mit Schreiben vom 3.5.1991 legte die Klin dagegen Einspruch ein. Sie meinte, es sei ausreichend, daß der Antrag vor Ablauf der Frist des § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG gestellt worden sei. Der Ablauf der Frist sei dadurch, daß der Antrag vor dem 1.4.1991 gestellt worden sei, entsprechend § 171 Abs. 3 AO gehemmt worden. In einem solchen Fall könnten höhere Vorauszahlungen auch noch nach Ablauf der 15-Monats-Frist festgesetzt werden.

Durch den Antrag werde die Zinsfestsetzung vermieden bzw. die Höhe der Zinsen gemindert. Gemäß § 233 a Abs. 3 Satz 1 AO sei für die Zinsberechnung maßgebend die festgesetzte Steuer vermindert u.a. um die festgesetzten Vorauszahlungen. Deshalb komme es nicht darauf an, wann die (rechtzeitig) beantragte Heraufsetzung der Vorauszahlungen erfolge, zu welchem Zeitpunkt sie fällig gestellt und wann gezahlt worden sei.

Am 21.5.1991 ging die ESt-Erklärung 1989 der Klin beim FA ein.

Am 14.8.1991 erließ das FA den ESt-Bescheid für 1989; es setzte die ESt auf … DM und Zinsen in Höhe von … DM fest.

Die Zinsen wurden berechnet aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten ESt (… DM) und den festgesetzten Vorauszahlungen (… DM). Aus dem Unterschiedsbetrag von … DM wurde der Zins für den Zeitraum vom 1.4.1991 bis zum 17.9.1991 in Höhe von … DM berechnet.

Den Einspruch gegen die Ablehnung der Heraufsetzung der Vorauszahlungen lehnte das FA in der Einspruchsentscheidung vom 16.8.1991 als unbegründet ab.

Das FA begründete die Ablehnung damit, daß nach § 37 Abs. 5 Satz 2, Abs. 4 EStG eine Erhöhung der Vorauszahlungen nur dann möglich sei, wenn der Erhöhungsbetrag mindestens 5.000 DM betrage. Die Voraussetzungen einer nachträglichen Erhöhung im Sinne des § 37 Abs. 4 EStG lägen vor, wenn wie im Streitfall der betreffende Veranlagungszeitraum abgelaufen sei und wenn für diesen Veranlagungszeitraum bereits Vorauszahlungen festgesetzt worden seien.

Am 30.8.1991 legte die Klin Einspruch gegen die Zinsfestsetzung ein. Über diesen Einspruch ist bisher nicht entschieden worden.

Im Klageverfahren (Klageerhebung am 30.8.1991) wiederholt die Klin ihr Vorbringen im Vorverfahren. Sie meint im übrigen, gemäß § 37 Abs. 3 und 4 EStG könne auch der Steuerpflichtige den Antrag stellen, die Vorauszahlungen entsprechend seiner voraussichtlichen Steuerschuld anzupassen, um die Höhe der festzusetzenden Zinsen zu vermindern. Ein solcher Antrag sei noch zu bearbeiten, wenn er wie im Streitfall rechtzeitig vor dem 31.3.1991 eingegangen sei. Der Steuerpflichtige habe dann einen Anspruch auf Heraufsetzung der Vorauszahlungen, um Nachforderungszinsen zu vermeiden.

Die Festsetzungsfrist des § 37 Abs. 3 EStG sei eine besondere gesetzliche Vorschrift in einem Einzelgesetz, das hinsichtlich seiner rechtlichen Folgerungen an § 169 AO auszurichten sei. § 171 Abs. 3 Satz 1 AO gelte auch für § 37 Abs. 3 EStG. § 171 Abs. 3 Satz 1 AO gelte auch bei anderen spezialgesetzlichen Antragsfristen wie § 3 Abs. 2 Sparprämiengesetz, § 4 Abs. 2 Wohnungsbauprämiengesetz, § 6 Abs. 1 Vermögensbildungsdurchführungsverordnung 1987, § 4 Berlin-Förderungsgesetz, § 3 Abs. 3 Investitionszulagengesetz, § 4 Abs. 2 Satz 3 Stahlinvestitionszulagengesetz usw. (Tipke/Kruse, AO, FGO, 13.Aufl., § 171 AO Tz. 6).

Im Schreiben des BMF vom 8.7.1993 (BStBl I 527) sei bestimmt, daß eine freiwillige Vorauszahlung vor Ablauf der Karenzzeit als Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen angesehen werden könne. Daraus ergebe sich, daß das FA eine Anpassung der Vorauszahlungen auch nach Ablauf der Karenzzeit vornehmen könne. Das FA wäre demnach verpflichtet gewesen eine Anpassung der Vorauszahlungen vorzunehmen.

Hätte das FA bei einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen die Möglichkeit, wie im Streitfall den Antrag auf Heraufsetzung der Vorauszahlungen unbeachtet zu lassen, könnte der Steuerpflichtige eine Zinspflicht nicht vermeiden. Das FA könnte derartige Anpassungen verweigern, um zusätzlich das Steueraufkommen durch Nachforderungszinsen zu erhöhen. So könnte bei einer Bearbeitungsdauer von vier Jahren für eine Steuernachzahlung bis zu 5.000 DM eine Zinsschuld von 1.200 DM entstehen, der sich der Steuerpflichtige nicht entziehen könnte.

Das Zivilrecht regle ...

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