Entscheidungsstichwort (Thema)

Objektive Beweislast der Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Art. 859 Nr. 1 ZK-DVO durch den sich zu seiner Entlastung darauf berufenden nach Art. 203 ZK in Anspruch genommenen Zollschuldner. Zoll EURO und Einfuhrumsatzsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Beruft sich der nach der Annahme einer unrichtigen Versandanmeldung wegen Beteiligung an der Entziehung von Waren aus der zollamtlichen Überwachung im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach Art. 203 Abs. 3 zweiter Anstrich ZK als Zollschuldner in Anspruch genommene Abfertigungsbeamte Ausfuhr eines Zollamtes zu seiner Entlastung darauf, die Überschreitung der Frist zur Wiedergestellung der Waren nach ihrer vorübergehenden Verwahrung begründe eine frühere Abgabenschuld nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK und Art. 859 Nr. 1 ZK-DVO, obliegt ihm die Feststellungslast nicht nur hinsichtlich dessen, dass die Fristüberschreitung einen Versuch des Entzugs aus der zollamtlichen Überwachung darstellt, dass die Verwahrungsfrist grob fahrlässig überschritten wurde, sondern auch dass eine rechtzeitig beantrage Fristverlängerung nicht gewährt worden wäre.

 

Normenkette

ZK Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Art. 49 Abs. 1 Buchst. b, Art. 203 Abs. 3; ZKDV Art. 859 Nr. 1, Art. 860

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.10.2004; Aktenzeichen VII R 61/03)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger wegen Beteiligung an der Entziehung von Waren aus der zollamtlichen Überwachung im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren Schuldner der Einfuhrabgaben wurde.

1) Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

a) Der Kläger war im Jahre 1995 bereits seit Jahren als Abfertigungsbeamter Ausfuhr beim Zollamt Güterbahnhof (ZA) des beklagten Hauptzollamts (HZA) tätig.

Ausweislich des Versandscheins Nr. wurde beim Zollamt am 28. September 1995 ein externes gemeinschaftliches Versandverfahren T1 für 1.154 Kartons (20.034 kg brutto) Rindfleisch aus den USA und 277 Kartons (4.435 kg brutto) Rinderzungen aus Argentinien mit Bestimmungsland Deutschland eröffnet. Warenempfänger war die Firma AG.(Die Firma AG war von Herrn K gegründet worden, der sich unter anderem mit dem Import, Export und Handel von Fleischwaren befasste.)

Die Sendung wurde zur Beendigung des Versandverfahrens am 29. September 1995 beim ZA gestellt und dem Warenempfänger beim Kühlhaus in mit einer Frist zur Wiedergestellung von 20 Tagen zur vorübergehenden Verwahrung überlassen.

b) Am 26. Oktober 1995 wurde beim ZA für die Waren ein neues externes Versandverfahren mit Versandschein T1 VAB 1 Nr. zur Ausfuhr nach Bulgarien über Griechenland beantragt. Statt 1.154 Kartons Rindfleisch und 277 Kartons Rinderzungen wurden 1.431 Kartons „Rindfleisch gefroren ohne Knochen” mit einem Gesamtgewicht von 24.469 kg brutto angemeldet. Empfänger sei die Firma M in Sofia, Bulgarien, die Kennzeichen des Beförderungsmittels – Zugmaschine und Anhänger – lautete und Hauptverpflichteter sei die Firma K. Der Kläger nahm diese Versandanmeldung an, vermerkte in Feld D „konform” sowie im Feld E „1 Karton geöffnet. Rindfleisch festgestellt. Rest wie angemeldet angenommen. Da LkW voller gleichartiger Karton” und eröffnete mit seiner Unterschrift das Versandverfahren.

c) Ermittlungen des Zollfahndungsamtes (ZFA) ergaben, dass die Angaben auf dem vom Kläger ausgestellten Versandschein teilweise unrichtig waren: Die Angaben des Warenempfängers (Firma M), der Kennzeichen des Beförderungsmittels () sowie des Hauptverpflichteten (Firma K) träfen nicht zu. Überdies sei die Unterschrift des Hauptverpflichteten – wie sich bei einem Vergleich mit der beim ZA hinterlegten Unterschriftenprobe auf der Bürgschaftserklärung des Hauptverpflichteten erweise – gefälscht. Des Weiteren sei die auf dem Rückschein angebrachte Gestellungsbestätigung der angeblichen griechischen Bestimmungsstelle nach Auskunft des griechischen Zollfahndungsdienstes gefälscht; die (handschriftliche) Registriernummer und die Unterschrift des Beamten seien falsch, der Versandschein Nr. sei im Registrierbuch T1 und T2 nicht eingetragen, eine Abfertigung des Versandscheins sei nicht ersichtlich.

d) Unter diesen Umständen ging das HZA davon aus, dass die Waren bei der Bestimmungsstelle nicht gestellt, sondern bereits zuvor aus dem Versandverfahren entfernt worden seien. Gemäß Art. 203 Abs. 1 und 2 Verordnung –VO– (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodes der Gemeinschaften (Zollkodex –ZK–), § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) seien Einfuhrabgaben in Höhe von (191.746,19 DM Zoll + 27.362,85 DM Einfuhrumsatzsteuer –EUSt– =) 219.109,04 DM wegen Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung entstanden. Abgabenschuldner sei unter anderem der Kläger gemäß Art. 203 Abs. 3 zweiter Anstrich ZK wegen Beteiligung an der Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung geworden. Aus diesem Grunde nahm das HZA den Kläger mit Steuerbescheid vom 31. ...

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