Entscheidungsstichwort (Thema)

Ort der gegenüber im Drittlandsgebiet ansässigen Erben erbrachten Leistungen eines Steuerberaters als gerichtlich bestellter Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger. berufstypische Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Tätigkeiten eines Testamentsvollstreckers und Nachlasspflegers gehören nicht zu den Tätigkeiten, die ein Steuerberater hauptsächlich und gewöhnlich ausübt; sie sind keine für einen Steuerberater berufstypischen Tätigkeiten. Auch Rechtsanwälte führen mit diesen Leistungen keine berufstypischen Tätigkeiten aus. Der Ort der Leistungen, die ein Steuerberater als gerichtlich bestellter Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger zu Gunsten der im Drittlandsgebiet ansässigen Erben erbringt, bestimmt sich daher nicht nach § 3a Abs. 4 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 3 UStG, sondern die Leistungen werden gemäß § 3a Abs. 1 UStG an dem Ort erbracht, von dem aus der Steuerberater sein Unternehmen betreibt.

 

Normenkette

UStG 1993 § 3a Abs. 1, 3, 4 Nr. 3; EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 2 Buchst. a; StBerG §§ 33, 57

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.04.2008; Aktenzeichen V R 62/05)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klage betrifft die Frage, ob sich der Ort der Leistungen, die ein Steuerberater als gerichtlich bestellter Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger zu Gunsten im Drittlandsgebiet ansässiger Erben erbringt, gemäß § 3 a Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bestimmt.

Der Kläger ist Steuerberater. Im Streitjahr 1995 erzielte er Erlöse in Höhe von brutto 117.921 DM aus der Tätigkeit als Nachlasspfleger in drei Fällen, in denen die Erben ihren Wohnsitz in der Ukraine, den USA und in Jugoslawien hatten. Aus der Tätigkeit als vom Nachlassgericht bestellter Testamentsvollstrecker in zwei Fällen mit Wohnsitz der Erben in den USA erzielte der Kläger Bruttoerlöse in Höhe von 36.398,04 DM. In seiner Umsatzsteuererklärung 1995 vom 30. Juni 1997 erfasste er diese Erlöse als steuerpflichtige sonstige Leistungen und errechnete eine verbleibende Umsatzsteuer von 119.551,70 DM. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung zu und teilte dem Kläger mit Abrechnungsmitteilung vom 12. August 1997 mit, dass diese damit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe.

Am 1. August 2000 beantragte der Kläger die Abänderung der Umsatzsteuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) insoweit, als die Erlöse aus Nachlasspflegschaften, Nachlassabwicklungen und Testamentsvollstreckungen in Höhe von insg. brutto 154.319,04 DM der Umsatzsteuer unterworfen worden seien. Diese Erlöse seien gemäß § 3 a Abs. 3 S. 3, Abs. 4 Nr. 3 UStG und Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 3. Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie als nicht steuerbar zu behandeln. Zwar würden die Leistungen nach § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG „aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt …, Steuerberater” nach ständiger deutscher Rechtsprechung restriktiv in dem Sinne ausgelegt, dass hier nur berufstypische Leistungen anerkannt würden. Hingegen seien Leistungen eines Ingenieurs immer schon dann begünstigt worden, wenn sie zum Berufsbild eines Ingenieurs gehörten. Eine nachvollziehbare Begründung für diese Ungleichbehandlung könne er nicht erkennen.

Mit Bescheid vom 7. August 2000 lehnte der Beklagte die Änderung der Steuerfestsetzung ab und bezog sich zur Begründung auf vorangegangenen Schriftwechsel: Die Bestimmungen des § 3 a Abs. 3 S. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 UStG und Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 3. Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie bezögen sich nicht auf Berufe wie Anwalt oder Steuerberater, sondern auf die von ihnen erbrachten und als berufstypisch anzusehenden Leistungen. Die Leistungen eines Testamentsvollstreckers oder Nachlasspflegers würden im Rahmen des Berufs des Steuerberaters nicht hauptsächlich und gewöhnlich erbracht.

Hiergegen erhob der Kläger Sprungklage (13 K 144/00) und trug vor, zur Frage, welche Leistungen eines Steuerberaters als berufstypisch anzusehen seien, könne auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4. Dezember 1980 (V R 27/76, BStBl II 1981, 193) zurückgegriffen werden, wonach ein Rechtsanwalt mit der Tätigkeit als Vormund berufstypische Aufgaben erbracht habe. Da Rechtsanwälte und Steuerberater bei der Vergabe von Nachlasspflegschaften und Testamentsvollstreckungen gleichrangig eingesetzt würden, ergebe sich aus dem Urteil, dass es sich bei den genannten Tätigkeiten um berufstypische handele. Jedoch komme es nicht darauf an, von wem die Leistungen erbracht würden, da auch „ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung” begünstigt seien. Erbenermittler und Detektive beispielsweise würden inzwischen unter § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG subsumiert. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der Nachlasspfleger anders behandelt werde. In der 53. Sitzung des Mehrwertsteuerausschusses der EG habe die deutsche Delegation ausgeführt, die Dienstleistung der Erbenermittlung brauche nicht immer Teil einer umf...

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