Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für volljähriges Kind trotz einer längeren krankheitsbedingten Unterbrechung des für die Berufsausbildung erforderlichen Besuchs einer Fachschule

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein volljähriges Kind infolge massiver gesundheitlicher Probleme für einen längeren Zeitraum vorübergehend nicht fähig, regelmäßig an dem für die Berufsausbildung erforderlichen Unterricht einer Fachschule teilzunehmen, und will es wie bereits von der Schule genehmigt nach Wiederherstellung der Schulfähigkeit seine Ausbildung fortsetzen, so befindet sich das Kind auch während der krankheitsbedingten Unterbrechung des Schulbesuchs weiter in Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.

2. Das FG-Urteil wurde durch das BFH-Urteil v. 31.8.2021 – III R 41/19 aufgehoben.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.08.2021; Aktenzeichen III R 41/19)

 

Tenor

1) Der Bescheid der Beklagten vom 02. November 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2018 wird aufgehoben und Kindergeld für das Kind T A ab April 2017 bis September 2017 festgesetzt.

2) Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

3) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Aufhebung und Rückforderung einer Kindergeldfestsetzung.

Die Tochter der Klägerin, Frau T A, geboren am xx.xx. 1994, begann im Februar 2016 eine 2-jährige Ausbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin und besuchte hierfür die B-Schule in X (B-Schule). Zugunsten der Klägerin wurde zunächst Kindergeld für ihre Tochter festgesetzt. Mit Schreiben vom 24. September 2017 teilte die Klägerin gegenüber der Beklagten mit, dass für ihre Tochter ab September 2017 bis voraussichtlich Februar 2018 kein Anspruch auf Kindergeld mehr bestehe, da sie vollzeitbeschäftigt und keine Auszubildende mehr sei. Sie werde ihre Ausbildung jedoch voraussichtlich im Februar 2018 fortsetzen. Nach einer Anfrage seitens der Beklagten bei der B-Schule teilte diese mit, dass T vorzeitig zum 23. März 2017 von der Schule abgegangen sei. Mit Bescheid vom 2. November 2017 hob die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld ab dem Monat April 2017 auf und forderte Kindergeld für den Zeitraum April 2017 bis Oktober 2017 in Höhe von insgesamt 1.344 EUR zurück. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und teilte mit, dass ihre Tochter erkrankt sei. Sie fügte 2 ärztliche Atteste vom 2. April 2017 und vom 6. April 2017 bei. Seitens einer Fachärztin für Allgemeinmedizin, Frau Dr. med. C wurde bescheinigt, dass T aufgrund massiver gesundheitlicher Probleme das aktuell laufende Schuljahr unterbrechen solle, damit sie intensiv ihre Therapie vollenden könne. Falls es zu einer Besserung kommen sollte, könne sie im September das Schuljahr wieder aufnehmen bzw. wiederholen. Seitens eines Nervenarztes, Herrn Dr. med. D, wurde bescheinigt, dass T seit 7. Februar 2017 in seiner fachärztlichen Mitbehandlung stehe. Sie sei aktuell zu einer regelmäßigen Teilnahme am Schulunterricht nicht fähig. Der Erfolg der Behandlung müsse abgewartet werden. Es sei realistisch, eine Freistellung bis zum Beginn des neuen Schuljahres im Herbst einzuplanen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2018 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Berücksichtigung sei möglich, wenn ein Kind infolge einer Erkrankung gehindert sei, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder diese fortzusetzen. Hierfür sei jedoch Voraussetzung, dass die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen würden. Nach Ablauf von 6 Monaten sei die Bescheinigung zu erneuern. Es liege keine Meldung oder Willenserklärung der Tochter der Klägerin ab April 2017 vor, sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung zu bewerben. T habe eine Schule besucht und sich damit in Berufsausbildung befunden. Diese Ausbildung sei jedoch am 23. März 2017 beendet worden; eine weitere Berufsausbildung für die Zeit danach liege nicht vor bzw. sei nicht nachgewiesen. Eine anspruchsschädliche Unterbrechung der Ausbildung sei nicht anzunehmen, solange während einer Erkrankung die rechtliche Bindung zur Ausbildungsstätte bzw. zum Ausbilder fortbestehe. Da eine Willenserklärung von T, nach Ende der Erkrankung weiterhin die Schule besuchen zu wollen, jedoch nicht vorliege, komme eine Berücksichtigung nicht in Betracht.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Klage erhoben. Ihre Tochter sei zum Ende des Schuljahres 2016 erkrankt, weshalb sie zu einer regelmäßigen Teilnahme am Schulunterricht nicht mehr in der Lage gewesen sei. Auf Rat der behandelnden Ärzte habe sie daher ab März 2017 mit der Ausbildung ausgesetzt, um diese im September 2017 wieder aufnehmen zu können. Sie sei aufgrund der Erkrankung auch beim Jobcenter als krank geführt worden und von einer Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung ausgeschlossen worden. Kindergeld sei bei den von dort bezogenen...

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