Entscheidungsstichwort (Thema)

Auf § 152 Abs. 2 AO gestützte Festsetzung von Verspätungszuschlägen wegen verspäteter Abgabe einer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften bei voller Abdeckung der festgestellten Einkünfte durch die Einkommensteuervorauszahlungen der beteiligten Gesellschafter nicht rechtmäßig. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 29/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hinsichtlich der Festsetzung von Verspätungszuschlägen ist § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO keine gebundene Festsetzung von Verspätungszuschlägen nach § 152 Abs. 2 AO, wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt, über die Verweisungsnorm des § 152 Abs. 6 AO auch für Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, für Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und für Zerlegungserklärungen ohne jegliche Ausnahme entsprechend anzuwenden.

2. Haben die Gesellschafter einer gewerblich tätigen Personengesellschaft bereits vorab ihre Einkommensteuervorauszahlungen im Hinblick auf ihre Gewinnanteile aus der Beteiligung an der Personengesellschaft anpassen lassen, so darf wegen der verspäteten Abgabe der Feststellungserklärung kein Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 2 AO festgesetzt werden, wenn die unter Berücksichtigung der Gewinnanteile für die Gesellschafter festgesetzte Einkommensteuer die von diesen jeweils geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen nicht übersteigt.

 

Normenkette

AO § 152 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, 3 Nr. 3, Abs. 6-7, § 5

 

Tenor

I) Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2023 wird der Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vom 10.02.2023 wegen der verspäteten Abgabe der Erklärung für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 2020 der A GbR ersatzlos aufgehoben.

II) Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III) Die Revision wird zugelassen.

IV) Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

 

Tatbestand

Im Streit steht, ob der Beklagte (Bekl) die verspätete Abgabe der Erklärung für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 2020 der A GbR mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlages gegenüber dem Kläger (Kl) in Höhe von 966 EUR ahnden durfte.

Der Kl ist mit 55 % an der A GbR beteiligt, die seit dem Jahr 2017 besteht und einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Die restlichen 45 % an der Gesellschaft hält XY. Der Kl wurde in den Feststellungserklärungen der Jahre 2017, 2018 und 2019 – auch mit Wirkung für die Zukunft – zum gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten der Gesellschaft bestellt. Er meldete das Gewerbe der GbR bei der Gemeinde an und gab im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung seine eigenen Kontaktdaten für die GbR an. Er tritt zudem gegenüber dem Bekl als Vertreter der GbR auf.

Mit Schreiben vom 18.10.2022 beantragte der Kl beim Bekl, die Frist für die Abgabe der Feststellungserklärung 2020 zu verlängern. Die steuerliche Beratung sei derzeit urlaubsabwesend.

Diesen Antrag lehnte der Bekl mit Bescheid vom 20.10.2022 ab. Hiergegen legte der Kl Einspruch ein und erhob nach Ergehen einer ablehnenden Einspruchsentscheidung Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen 12 K 2345/22), die er aber mittlerweile wieder zurückgenommen hat.

Die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung 2020 reichte der Kl am 18.12.2022 beim Bekl ein. Im daraufhin ergangenen Feststellungsbescheid 2020 vom 26.01.2023 setzte der Bekl die Einkünfte der A GbR mit 386.534,23 EUR fest und verteilte sie – den Beteiligungsquoten entsprechend – auf den Kl und dessen Mitgesellschafter XY.

Bereits mit Schreiben vom 19.02.2021 hatte der Kl für die Gesellschafter der A GbR beim Bekl für den Veranlagungszeitraum 2020 eine Heraufsetzung der Vorauszahlungen zur Einkommensteuer beantragt. Hierbei ging der Kl von einem voraussichtlichen Gewinn der GbR in Höhe von 700.000 EUR im Jahr 2020 aus. Der Bekl entsprach dem diesbezüglichen Antrag und passte mit Bescheiden vom 03.03.2021 (Kläger) bzw. 05.03.2021 (XY) die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2020 (nach oben) an.

Aufgrund der verspäteten Abgabe der Feststellungserklärung am 18.12.2022 setzte der Bekl mit Bescheid vom 10.02.2023 nach § 152 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 7 der Abgabenordnung (AO) gegenüber dem Kl als Vertreter der GbR einen Verspätungszuschlag in Höhe von 966 EUR fest.

Gegen diese Entscheidung legte der Kl am 16.02.2023 Einspruch ein und bea...

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