Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung von Verlusten eines stillen Gesellschafters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung eines stillen Gesellschafters erstreckt sich nur auf den Gewinn oder Verlust, der bei Verfolgung des gemeinschaftlichen Zwecks erwirtschaftet wird, nicht dagegen auf solche Gewinne oder Verluste, die aus Geschäftsvorfällen aus der Zeit vor Bestehen der stillen Gesellschaft stammen.

2. Es verstößt gegen das Rückwirkungsverbot, den bis zum Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft entstandenen Gewinn oder Verlust durch eine schuldrechtliche Rückbeziehung als laufenden Gewinn oder Verlust einkommensteuerrechtlich ganz oder teilweise auf den hinzugekommenen stillen Gesellschafter zu verlagern.

3. Für die Besteuerung kommt es infolge der Regelungen der § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und §§ 8 und 9 EStG auf die tatsächlich verwirklichte Sachverhaltsgestaltung und nicht allein auf das von den Beteiligten gewollte wirtschaftliche Ergebnis an.

4. Eine Schuldanerkenntnis führt nur insoweit zu einem Werbungskostenabzug, als es mit der Einkunftserzielung zusammenhängt.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 101 Nr. 2 Hs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.03.2008; Aktenzeichen VIII B 148/07)

BFH (Beschluss vom 25.03.2008; Aktenzeichen VIII B 148/07)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Der Kläger – Kl – ist Gesellschafter-Geschäftsführer der im Februar 2002 in das Handelsregister eingetragenen XX GmbH – XX GmbH –, A. Er wird mit seiner Ehefrau, der Klägerin, zusammen veranlagt. Die im November 2001 gegründete XX GmbH erforscht die … Technologie. Diese ermöglicht, die Aktivität von … direkt zu messen. Sie entwickelt Lösungen zur …, wodurch Laborprozesse vereinfacht werden. Der … dient der … forschung.

Der Kl ist mit einer Einlage in Höhe von 13.750.– Euro an der XX GmbH beteiligt, deren Stammkapital von 25.000.– Euro auf 31.250.– Euro mit notariellem Vertrag vom 17. Mai 2002 erhöht wurde. Die neuen Stammeinlagen von 6.250.– Euro wurden gegen ein Aufgeld in Höhe von 493.750.– Euro ausgegeben und ein Aufsichtsrat aus drei Personen eingerichtet, dem Rechte und Pflichten der Gesellschafterversammlung übertragen wurden.

In seinem Anstellungsvertrag wurde dem Kl als Geschäftsführer die Möglichkeit eingeräumt, sich als stiller Gesellschafter an der XX GmbH mit einer Einlage bis zu 75.000 Euro zu beteiligen. Am 18. April 2002 schloss er mit der XX GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft, den der Aufsichtsrat genehmigte. Er verpflichtete sich zur Zahlung einer Einlage von 30.000.– Euro, die vertraglich am 25. Juni 2002 auf 50.000.– Euro erhöht wurde und leistete die Einlage jeweils bar. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung richtet sich nach § 2 des Vertrages. Diese lautet:

  1. „Der Stille nimmt jährlich am Gewinn und Verlust mit 50%, höchstens jedoch mit 50 % seiner Einlage, teil.
  2. Für die Gewinn- und Verlustermittlung des Stillen ist die Steuerbilanz der Gesellschaft maßgeblich. Als Gewinn bzw. Verlust ist das Ergebnis der Gesellschaft vor Ertragssteuern, Tantiemen oder steuerlichen Sonderabschreibungen anzusetzen.
  3. Der Stille kann seinen Gewinnanteil zu Lasten seines laufenden Kontos entnehmen, sofern dieses nicht negativ wird. Andere Entnahmen bedürfen der Zustimmung der Gesellschaft.”

Die XX GmbH hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das zum 30. Juni endet. Sie wies zum 30. Juni 2002 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 56.686,88 Euro vor Berücksichtigung eines Verlustes des Kl aus der stillen Beteiligung aus. In ihren im September 2002 gefertigten Jahresabschluss zum 30. Juni 2002 wies sie im September 2002 einen Verlustanteil des stillen Gesellschafters in Höhe von 25.000.– Euro aus. Die Gesellschafterversammlung stellte ihn im Oktober 2002 fest.

Bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen 2002 erklärte der Kl einen Verlust von 25.000.– Euro aus der stillen Beteiligung. Der Beklagte – Bekl – veranlagte zunächst ohne Verluste aus der stillen Beteiligung. Während des Einspruchsverfahrens erkannte er bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Kl einen Verlust aus der stillen Beteiligung in Höhe von 50% aus 47.904,49 Euro, somit in Höhe von 23.952,25 Euro an, nachdem der Kl eine Summen- und Saldenliste der XX GmbH vorgelegt hat, wonach die XX GmbH für den Zeitraum der stillen Beteiligung vom 1. April 2002 bis 30. Juni 2002 einen Verlust in Höhe von 47.904,49 Euro erwirtschaftet hatte.

Mit der dagegen erhobenen Klage machen die Kl im Wesentlichen geltend, entsprechend der Steuerbilanz seien 25.000.– Euro negative Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen. Berechnungsgrundlage für den Verlustanteil als stiller Gesellschafter sei die Steuerbilanz und das vorläufige Jahresergebnis in Höhe von ./. 56.868,88 Euro vor Berücksichtigung einer Verlustübernahme aus der stillen Gesellschaft in Höhe von 25.000.– Euro. An diesem Fehlbetrag nehme er als stiller Gesellschafter mit 50% seiner Einlage teil. Da er eine Einlage von 50.0...

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