Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Unterlassungsklage bei drohender Verletzung des Steuergeheimnisses. Klagebefugnis gegen Feststellungsbescheid zur Kaufpreisaufteilung. Bekanntgabe des Rohgewinnaufschlags bei der Aufteilung des Kaufpreises einer sanierten Eigentumswohnung. keine Bindung der Finanzverwaltung an die Aufteilung des Kaufpreises bei Gestaltungsmissbrauch. erhöhte Absetzungen nach § 7 h, i EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die mögliche Verletzung des Steuergeheimnisses berechtigt einen Bauträger zur Erhebung einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen das FA, um die Bekannktgabe des Rohgewinnaufschlagsatzes gegenüber den Erwerbern sanierter Altbauten zu verhindern.

2. Wird der Verkäufer sanierter Altbauwohnungen von den Feststellungsbeteiligten nicht zum gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten gem. § 6 Abs. 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 48 Abs. 2 FGO bestellt, hat er keine Klagebefugnis gegen die Feststellungsbescheide über die Aufteilung des Kaufpreises der von ihm sanierten Eigentumswohnungen.

3. Die Bekanntgabe des Rohgewinnaufschlages des Verkäufers sanierter Altbauwohnungen gegenüber den Käufern verstößt nicht gegen das Steuergeheimnis, wenn dies zur Feststellung der Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden, Altbau und Sanierungsaufwand erforderlich ist.

4. Es besteht keine Bindung des FA an die von den Vertragsparteien in den notariellen Kaufverträgen vorgenommene Verteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden, Altbausubstanz und Sanierungsaufwendungen, wenn hinsichtlich der Aufteilung ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt, da mit den Sanierungsmaßnahmen bereits vor dem Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrages begonnen worden ist.

5. Die erhöhten Absetzungen gem. § 7h bzw. § 7i EStG umfassen nur solche Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Erwerber, die nach Abschluss der Kaufverträge entstanden sind, so dass eine Aufteilung des gesamten Sanierungsaufwands auf die Zeit vor bzw. nach Abschluss der notariellen Kaufverträge geboten ist.

6. Dies gilt auch für den Rohgewinnaufschlag des Bauträgers, der gleichmäßig auf die gesamte (sowohl vor als auch nach Abschluss der Kaufverträge durchgeführte) Sanierungstätigkeit zu verteilen ist.

 

Normenkette

VO zu AO § 180 Abs. 2; VO zu AO § 6 Abs. 1; VO zu AO § 30; EStG §§ 7h, 7i; FGO § 40 Abs. 2, § 48 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.11.2015; Aktenzeichen I B 147/14)

 

Tenor

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) – eine Bauträgerin – wendet sich unter Berufung auf das Steuergeheimnis gegen die Absicht des Beklagten (Bekl), im Feststellungsverfahren gemäß § 180 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) eine von den Kaufpreisaufteilungen, die die Klin und die jeweiligen Erwerber in den sog. Modernisierungswerk- und Kaufverträgen vorgenommen haben, abweichende Aufteilung der Gesamtkaufpreise auf Grund und Boden, Gebäude und Sanierungsaufwendungen im Sinne der §§ 7h, i Einkommensteuergesetz (EStG) vorzunehmen.

Die Klin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in X. Ihr Geschäftszweck besteht u.a. in dem Ankauf von Mehrfamilienhäusern, der Aufteilung in Wohneigentum, der Sanierung und dem Weiterverkauf der Wohnungen. Im Rahmen dieser Tätigkeit kaufte sie u.a. das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück A-Straße 1 in Y, teilte das Objekt in Wohnungseigentum auf, sanierte es und verkaufte die einzelnen Wohneinheiten weiter.

Am 5. Oktober 2005 (Urkundenrolle-Nr. 4…) schloss die Klin mit der Erwerberin B einen sog. Modernisierungswerk- und Kaufvertrag, mit dem sie sich verpflichtete, der Erwerberin das nachfolgend bezeichnete Wohneigentum an dem Grundstück Flurstück 1…, AStraße 1, Gebäude- und Freifläche, Größe 860 qm, zu übertragen:

118/1.000-stel Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundstück Flurstück 1…, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im 2. Obergeschoss nebst Kellerraum im Kellergeschoß, im Aufteilungsplan je mit Nr. 9 bezeichnet.

Als Kaufpreis wurde die Zahlung von 90.110 EUR vereinbart. Hiervon entfielen nach Angabe der Vertragsparteien im notariellen Vertrag

auf den Grundstücksanteil

4.505,50 EUR

auf die Altbausubstanz

13.516,50 EUR

auf Sanierungs- und Modernisierungskosten

72.088,00 EUR.

Am 17. November 2005 (Urkundenrolle-Nr. A 6…) schloss die Klin mit dem Erwerber Z einen gleichartigen Modernisierungswerk- und Kaufvertrag, mit dem sie sich verpflichtete, dem Erwerber das nachfolgend bezeichnete Wohneigentum an dem o.g. Grundstück zu übertragen:

106/1.000-stel Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundstück Flurstück 1…, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 5 im 1. Obergeschoss nebst Kellerraum Nr. 5 im Kellergeschoß, im Aufteilungsplan je mit Nr. 5 bezeichnet.

Als Kaufpreis wurde die Zahlung von 80.550 EUR vereinbart. Hiervon entfielen nach Angabe der Vertragsparteien in dem notariellen Vertrag

auf den Grundstücksanteil

4.027,50 EUR

auf die Altbausubstanz

12.082...

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