Entscheidungsstichwort (Thema)

Im Rahmen der Rückabwicklung von Immobilienfinanzierungskrediten von der Bank aufgrund eines Vergleichs gezahlter Nutzungsersatz als steuerpflichtiger Kapitalertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Erhält der Steuerpflichtige im Rahmen der Rückabwicklung von zur Finanzierung des selbstgenutzten Hauses aufgenommenen Kreditverträgen infolge fehlerhafter Widerufsbelehrungen von der Bank aufgrund eines Vergleichs einen Nutzungsersatz, durch den er entsprechend BGH-Rechtsprechung so gestellt wird, als habe er wirtschaftlich betrachtet für die an die Bank geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen aufgrund des ausgeübten Rücktritts und des damit für die Zukunft begründeten Rückgewährschuldverhältnisses eine Vergütung wie ein Darlehensgeber erhalten (orientiert an einer Vergleichsgröße in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz), so stellt der Nutzungsersatz im Jahr des Zuflusses einen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerbaren und -pflichtigen Kapitalertrag dar.

 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 12 Nrn. 1, 3, § 20 Abs. 1 Nr. 7 Sätze 1-2, Abs. 9, § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7b

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist verheiratet und wurde im Streitjahr 2018 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.

Zur Finanzierung des selbstgenutzten Hauses schloss er als Verbraucher verschiedene Darlehensverträge mit der Bank ab.

Die Darlehensverträge waren mit einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nach §§ 495, 355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) versehen. Der anwaltlich vertretene Kläger widerrief mit Schreiben vom 18. April 2016 die Darlehensverträge. In der Folge kam es am 18. Juli 2018 zu einem Vergleichsangebot der Bank, das der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 25. Juli 2018 annahm. Der Vergleich sah dabei folgende maßgeblichen Regelungen vor:

  1. „Vollständige Rückführung der ausstehenden Darlehensvaluta, IBAN DE … und DE … (X-Darlehen). Wir gehen hierbei davon aus, dass die Darlehensraten bis zur Ablösung gezahlt werden.
  2. Aufgrund der vorzeitigen Beendigung der vorgenannten Darlehensverhältnisse entsteht ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung von insgesamt 5.000,00 Euro. Auf die Entrichtung der anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung verzichten wir komplett. Unser Institut erstattet Ihrer Mandantschaft pauschal Zinsen von 7.800,00 Euro. Darüber hinaus zahlt die Bank ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und aus Kulanz Nutzungsersatz von 9.600,00 Euro abzüglich anfallender Steuern. Wir bitten um Mitteilung einer Kontoverbindung,

    Die Zahlungen erfolgen nach Eingang der offenen Darlehensvaluten.

  3. Etwaige Sicherheiten geben wir erst frei, wenn wir auf dem Darlehenskonto den Zahlungseingang der ausstehenden Darlehensvaluta verzeichnen können.
  4. Mit diesem Vergleich werden sämtliche Rechte und Ansprüche der Vertragsparteien betreffend die unter der Vorgangsnummer … geführten Darlehen einschließlich sämtlicher Ansprüche, die sich im Falle einer Wandlung des Darlehensverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis ergeben können, abgegolten.
  5. Zur Abgeltung sämtlicher Kosten, insbesondere der Rechtsanwaltskosten, die im Zusammenhang mit dieser streitigen Angelegenheit entstanden sind oder noch entstehen werden, zahlen wir 4.800,00 Euro inklusive Mehrwertsteuer.
  6. Die Vertragsparteien verpflichten sich und ihre anwaltlichen Vertreter zum Stillschweigen über die Tatsache und den Inhalt dieser Vereinbarung, sofern keine rechtliche Pflicht zur Information an Dritte besteht. Anwaltliche Vertreter werden nicht von der Schweigepflicht entbunden.”

Den Nutzungsersatz laut Ziffer 2 des Vergleichs zahlte die Bank im Streitjahr 2018 in Höhe von 7.147,13 EUR auf das klägerische Konto, den Differenzbetrag in Höhe von 2.325,– EUR + 127,87 EUR (Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag) führte sie an das Finanzamt ab.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung machte der Kläger die Steuerfreiheit des Nutzungsersatzes in Höhe von 9.600,– EUR geltend. Das beklagte Finanzamt folgte dem im streitgegenständlichen Bescheid für 2018 vom 18. November 2019 nicht und setzte Kapitalerträge in Höhe von 9.600,– EUR, die der Abgeltungssteuer unterlegen haben, an.

Der dagegen eingelegte Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 17. Dezember 2019, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, mit der vorliegenden Klage.

Zur Begründung wird im Wesentlichen sinngemäß vorgetragen, dass in dem Vergleich sämtliche Rückabwicklungspflichten verglichen worden seien und nicht nur die Nutzungen. Er habe vier Positionen umfasst – die Erstattung einer Zinsdifferenz für den Zeitraum bis zum Widerruf, die Rückerstattung von Zins- und Tilgungsleistungen, Nutzungen sowie Rückerstattung von Zinsen nach Widerruf. Bis auf die Nutzungen seien von vornherein keine Kapitaleinkünfte im Sinne von § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) gegeben. Aber auc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge