Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung (Vermögensteuer 1995 und 1996)

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob das Vermögensteuergesetz (VStG) im Jahr 1997 für zurückliegende Veranlagungszeiträume noch angewendet werden kann.

Die Antragstellerin wurde nach Maßgabe ihrer am 2. Dezember 1996 eingereichten Erklärung mit Bescheid vom 25. Februar 1997 zur Vermögensteuer auf den 1.01.1995 (für 1995 und 1996) veranlagt. Über ihren Einspruch, mit dem sie geltend macht, das VStG sei ab dem Jahr 1997 auch für frühere Veranlagungszeiträume nicht mehr anwendbar, wurde noch nicht entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 28. März 1997 ab.

Die Antragstellerin trägt vor: An der Rechtmäßigkeit des ergangenen Vermögensteuerbescheids seien ernstliche Zweifel gegeben. Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 sei das VStG seit dem 1.01.1997 nicht mehr anwendbar. Deshalb könne im Jahr 1997 und in den Folgejahren auch für frühere Veranlagungszeiträume grundsätzlich keine Vermögensteuer mehr erhoben werden. Es fehle an der gem. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) notwendigen gesetzlichen Grundlage für den Erlaß eines belastenden Verwaltungsakts. Aus der Begriffswahl des BVerfG „Anwendbarkeit” sei die Folgerung zu ziehen, daß ab 1997 auch für frühere Jahre keine Vermögensteuer für die Veranlagungszeiträume bis 1996 mehr erhoben werden könne. Hätte das BVerfG die Intention gehabt, die Besteuerung grundsätzlich auch für die Jahre bis 1996 zu ermöglichen, hätte es mit entsprechender Formulierung die Geltung des VStG auch für diese Veranlagungszeiträume deutlich machen können. Das Gericht habe die bloße Unvereinbarkeitserklärung mit den Erfordernissen eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung begründet. Indem das Gericht auf eine im Juni 1995 weitgehend abgeschlossene Veranlagung abstelle, solle die Übergangsfrist nur ermöglichen, bis zum 31.12.1995 Veranlagungen abzuschließen. Eine weitergehende Fortgeltung des alten verfassungswidrigen Rechts sei nicht beabsichtigt gewesen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des Vermögensteuerbescheids auf den 1.01.1995 vom 25. Februar 1997 auszusetzen und, soweit die Aussetzung der Vollziehung gewährt werde, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er trägt vor: Das BVerfG habe zwar entschieden, daß die unterschiedliche vermögensteuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei, indessen die Fortgeltung des bisherigen Rechts bis 31.12.1996 ausdrücklich für zulässig erachtet. Das bisherige Vermögensteuerrecht finde daher in Einklang mit dieser Rechtsprechung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1996 weiterhin Anwendung. Bis dahin bestehe weder aus Rechtsgründen Anlaß, auf die Abgabe von Vermögensteuererklärungen zu verzichten oder von einer Vermögensteuerfestsetzung Abstand zu nehmen, noch aus Billigkeitsgründen ein Erfordernis, die Vermögensteuer ganz oder zum Teil nicht zu erheben. Dies habe das BVerfG mit Beschluß vom 1. März 1996 und der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluß vom 11. September 1996 klargestellt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der gem. § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Antrag ist unbegründet. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 12. November 1992 XI B 69/92, BStBl II 1993, 263) an der Rechtmäßigkeit des Vermögensteuerbescheids auf den 1.01.1995 vom 25. Februar 1997.

1. Die Vermögensteuerfestsetzung für die Antragstellern entspricht unstreitig den Vorschriften des VStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. November 1990 (BGBl I S. 2467), zuletzt geändert durch das Jahressteuer-Ergänzungsgesetz 1996 vom 18. Dezember 1995 (BGBl I S. 1959).

2. Der Beschluß des BVerfG vom 22. Juni 1995 – 2 BvL 37/91 – (BStBl II 1995, 655) besagt nicht, daß das VStG nach dem 31. Dezember 1996 auf Veranlagungszeiträume bis 1996 nicht mehr angewendet werden dürfe.

a) Das BVerfG hat entschieden, daß § 10 Nr. 1 VStG insofern mit dem GG unvereinbar sei, als er das zu Gegenstandswerten erfaßte Vermögen mit demselben Steuersatz wie den Grundbesitz belaste, obwohl dessen Bewertung entgegen dem Konzept gegenwartsnaher Bewertung seit 1964/74 nicht mehr der Wertentwicklung angepaßt worden sei. Das Gericht hat das VStG jedoch nicht mit sofortiger Wirkung – ganz oder teilweise – für nichtig erklärt, sondern folgendes ausgeführt (Abschn. C III, 3.):

„Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz führt zu einer bloßen Unvereinbarkeitserklärung, weil die Gleichheitswidrigkeit nicht zu bestimmten Folgerungen zwingt, der Gesetzgeber vie...

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