Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind gemischt veranlasste Aufwendungen. Die Fahrt zur Betriebsstätte ist zweifelsfrei für die betriebliche Tätigkeit erforderlich und somit betrieblich veranlasst. Die Höhe der Aufwendungen ist aber auch von privaten Gründen abhängig.[10]

Gilt § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG...: Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte dürfen nach Wertung des Gesetzgebers den Gewinn nicht mindern (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 1 EStG). Zur Abgeltung dieser Aufwendungen sind die Grundsätze der Entfernungspauschale entsprechend anzuwenden (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 2 EStG). Bei Nutzung eines Kraftfahrzeuges des BV ist der Gewinn um den sog. Unterschiedsbetrag zu erhöhen. Bei dessen Berechnung ist maßgebend, ob Selbständige die private Nutzung nach der Listenpreismethode oder Fahrtenbuchmethode ermitteln (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG).

... auch bei Fahrrädern? Fraglich ist, ob die Vorschrift des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG bei Fahrrädern tatsächlich anzuwenden ist. Der Wortlaut der Vorschrift war bis zur Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale vom 21.12.2000 (BGBl. I 2000, 1918) allein auf den Unterschiedsbetrag begrenzt. Dessen Berechnung setzte ein betriebliches Kraftfahrzeug voraus (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG in der Textfassung durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995, BGBl. I 1995, 1249).

Der Gesetzgeber hat die Vorschrift jedoch mit dem Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale um § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 1 und 2 EStG ergänzt. Der Wortlaut entsprach der aktuellen Textfassung des Gesetzes, mit Ausnahme der genauen Bezugnahme auf die Sätze in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG und § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG. Die Entfernungspauschale war so auch bei den Gewinneinkünften anzuwenden.[11] Beachten Sie:

Der BFH wandte die Vorschrift des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG – auch vor der genannten Gesetzesänderung – schon bei anderen Fortbewegungsmitteln entsprechend an. Die Abzugsbegrenzung sei anderenfalls unvollständig und ergänzungsbedürftig. Die Aufwendungen für Wege mit anderen Fortbewegungsmitteln wären sonst im größeren Umfang zum Abzug zugelassen als diejenigen mit einem Kraftfahrzeug. Der Kläger nutzte für einen Teil des Weges zwischen Wohnung und Betriebsstätte ein eigenes Motorboot. Das Urteil ist über den Einzelfall hinaus anzuwenden.[12]

Die Finanzverwaltung vertritt – im Gegensatz dazu – weiter die Auffassung, dass die Anwendung der Vorschrift voraussetzt, dass Selbständige ein Kraftfahrzeug für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte nutzen.[13] Das erscheint nach der Gesetzesänderung zweifelhaft.

Im Ergebnis können Selbständige für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit einem Fahrrad eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer

  • der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte von 0,30 EUR und
  • für jeden weiteren vollen Kilometer von 0,35 EUR (für VZ 2021) und 0,38 EUR (für VZ 2022-2026)

geltend machen. Wenn der Entfernungspauschale keine Aufwendungen der Selbständigen gegenüberstehen oder die Aufwendungen niedriger sind als die Entfernungspauschale – weil die Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im öffentlichen Personennahverkehr zurückgelegt werden – liegen fiktive BA vor.[14]

[10] Vgl. Spilker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 EStG Rz. L 12 (11/2023).
[11] Vgl. BT-Drucks. 14/4631, 11.
[12] Vgl. BFH v. 10.5.2001 – IV R 6/00, BStBl. II 2001, 575 = EStB 2001, 295 (Apitz).
[13] Vgl. BMF v. 18.11.2009 – IV C 6 - S 2177/07/10004 – DOK 2009/0725394, BStBl. I 2009, 1326 = EStB 2010, 15 (Hilbertz).
[14] Vgl. Hentschel/Paul/Rätke/Reddig/Schallmoser/Schober/Stapperfend/Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG Rz. 1368 (11/2023).

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