Erste Neuregelung: Die deutsche Finanzverwaltung überraschte die Fachwelt dann – leider ohne vorherige Anhörung der Praxis – am 6.2.2020 mit einer Änderung des UStAE, indem sie Abschn. 4.3.2. Abs. 4 UStAE neu fasste und dort einfügte, dass die Steuerbefreiung[12] grundsätzlich nur für die Leistung des Hauptfrachtführers, nicht aber für die Leistungen der Unterfrachtführer in Betracht komme, da diese die Beförderungsleistungen nicht unmittelbar an den Versender oder den Empfänger der Gegenstände erbrächten, sondern an den Hauptfrachtführer.

Zeitpunkt: Warum die Änderung zu diesem Zeitpunkt erfolgte, erschließt sich nicht. An den Feststellungen des MwSt-Ausschusses – soweit diese überhaupt konkrete Aussagen enthalten – kann es eigentlich nicht gelegen haben. Das BMF hat schließlich klargestellt, dass dessen Leitlinien für die nationalen Steuerverwaltungen keine rechtliche Bindungswirkung haben.[13]

Zu weitgehend: Inhaltlich jedenfalls schoss das BMF mit diesen Änderungen insofern erst einmal über das Ziel hinaus als Abschn. 4.3.2. UStAE sich auf alle grenzüberschreitenden Beförderungen bezieht, die im Zusammenhang mit einer Ausfuhr, einer Durchfuhr oder einer Einfuhr stehen.[14] Von einem "Unmittelbarkeitserfordernis" im Zusammenhang mit der Einfuhr hatte der EuGH aber in seiner Entscheidung nichts gesagt.[15]

Nichtbeanstandung wg. bestehender Zweifelsfragen: Da sich außerdem aufgrund der etwas schmalen Aussagen in der Neufassung des UStAE für die Praxis eine ganze Reihe von Fragen stellten, deren Beantwortung für die Anwendung relevant waren, wurde im Folgenden verwaltungsseitig zugestanden, dass die Anwendung der bis zum Schreiben vom 6.2.2020 geltenden "alten" Verwaltungsgrundsätze nicht beanstandet werde (zunächst bis zum 31.12.2020[16] und dann bis zum 31.12.2021[17]). Einzelne Unternehmen begannen allerdings bereits die neue Verwaltungsauffassung "umzusetzen", manche von ihnen – den Anweisungen folgend – sowohl für Dienstleistungen i.Z.m. der Aus- als auch der Einfuhr.

[12] Das Schreiben bezog sich auf § 4 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe a UStG, nicht aber konkret auf dessen Doppelbuchst. aa oder bb (und überhaupt nicht auf Buchstabe c).
[13] BMF v. 3.1.2014 – IV D 1 - S 7072/13/10005, UR 2014, 146. Das würde sich ändern, wenn der EU-Kommission – unterstützt durch den MwSt-Ausschuss als Komitologieausschuss – die Kompetenz zum Erlass bindender Durchführungsvorschriften übertragen würde; vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG v. 18.12.2020, COM(2020) 749 final.
[14] Vgl. Abschn. 4.3.2. Abs. 1 UStAE.

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