Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersuchen um Vorabentscheidung: Hoge Raad – Niederlande. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen. Anwendbare Rechtsvorschriften. Begriffe der Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und der selbständigen Tätigkeit im Sinne der Artikel 14a und 14c der Verordnung Nr. 1408/71. Bestimmung anhand der Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeuebt wird. Keine gemeinschaftsrechtliche Bedeutung dieser Begriffe. Person, die gleichzeitig in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten als Arbeitnehmer und als Selbständiger tätig ist. Versicherung nur gegen einen Teil der durch das System der sozialen Sicherheit abgedeckten Risiken nach den Rechtsvorschriften eines der beiden Mitgliedstaaten. Zulässigkeit. Versicherter, der nur an einigen Werktagen der Woche eine Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat ausübt. Festlegung der zu zahlenden Beiträge ohne Berücksichtigung der im anderen Mitgliedstaat entrichteten Beiträge

 

Leitsatz (amtlich)

1 Für die Anwendung der Artikel 14a und 14c von Titel II der Verordnung Nr. 1408/71, der die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften betrifft, in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 geänderten und aktualisierten Fassung sind unter „Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis” und „selbständiger Tätigkeit” die Tätigkeiten zu verstehen, die im Rahmen der Anwendung der Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet diese Tätigkeiten ausgeuebt werden, als solche angesehen werden.

Da nämlich dem Wortlaut von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung zu entnehmen ist, daß sich ihr Titel II insbesondere auf die Arbeitnehmer und Selbständigen bezieht, wie sie in Artikel 1 Buchstabe a definiert werden, gebietet es eine logische und kohärente Auslegung des persönlichen Geltungsbereichs der Verordnung und des durch sie geschaffenen Systems von Kollisionsregeln, die Begriffe der Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und der selbständigen Tätigkeit in Titel II der Verordnung im Licht der Definitionen von Artikel 1 Buchstabe a auszulegen. Die Einstufung einer Person als Arbeitnehmer oder Selbständiger im Sinne dieses Artikels richtet sich aber nach dem nationalen System der sozialen Sicherheit, dem diese Person angeschlossen ist und dessen Definitionen, die von denen des Arbeitsrechts abweichen können, allein maßgebend sind.

Dieser Bezugnahme auf die nationalen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit kann nicht entgegengehalten werden, daß es eine gemeinschaftsrechtliche Definition des Arbeitnehmers im Sinne von Artikel 48 des Vertrages gibt, denn die Verordnung Nr. 1408/71 enthält zum einen keinen Anhaltspunkt dafür, daß diese Definition auch in ihrem Rahmen gelten sollte, und setzt zum anderen in Anbetracht ihres auf die Koordinierung der nationalen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit beschränkten Zieles keine solche Definition voraus, während sich bei Artikel 48 des Vertrages der Kreis der Begünstigten aus dem Gemeinschaftsrecht selbst ergeben muß.

2 Für den Fall, daß Artikel 14c Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1408/71 anwendbar ist, verstösst es nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, wenn der Betroffene nach den Rechtsvorschriften eines der beiden Mitgliedstaaten nur gegen einen Teil der durch das System der sozialen Sicherheit dieses Mitgliedstaats abgedeckten Risiken versichert ist, solange dabei nicht in diskriminierender Weise zwischen den Angehörigen dieses Staates und den Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten unterschieden wird. Es ist nämlich Sache jedes Mitgliedstaats, durch den Erlaß von Rechtsvorschriften die Voraussetzungen festzulegen, unter denen eine Person einem System der sozialen Sicherheit oder einem bestimmten Zweig eines solchen Systems beitreten kann oder muß.

Im Fall der Anwendung des genannten Artikels verstösst es nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, wenn einer der beiden Mitgliedstaaten die von einem Versicherten, der nur an einigen Werktagen der Woche eine Tätigkeit in seinem Gebiet ausübt, zu zahlenden Beiträge festlegt, ohne die Beiträge zu berücksichtigen, die dieser Versicherte möglicherweise im anderen Mitgliedstaat wegen der Tätigkeit entrichtet, die er dort an den übrigen Tagen ausübt. Die Verordnung enthält nämlich keine Vorschrift, die einen Mitgliedstaat dazu verpflichtet, bei der Berechnung der Beiträge, die er auf den von einem Versicherten in seinem Gebiet erzielten Teil der Einkünfte erhebt, den Umstand zu berücksichtigen, daß diese Person dort nur an einigen Werktagen der Woche eine Tätigkeit ausübt.

 

Normenkette

EWGV 1408/71 Art. 14a, 14c, Art. 14c Abs. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

E.J.M. de Jaeck

Staatssecretaris van Financiën

 

Tenor

1. Für die Anwendung der Artikel 14a und 14c der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die V...

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