Entscheidungsstichwort (Thema)

EWR-Abkommen, Belastung einer juristischen Person mit Immobiliensteuer, Frankreich

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 steht nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegen, wonach Gesellschaften mit satzungsmäßigem Sitz im Gebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union von der streitigen Steuer befreit sind, während diese Befreiung für eine Gesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz im Gebiet eines zum Europäischen Wirtschaftsraum gehörenden Drittstaats vom Bestehen eines zwischen dem genannten Mitgliedstaat und diesem Drittstaat zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht geschlossenen Amtshilfeabkommens oder davon abhängig ist, dass diese juristischen Personen aufgrund eines Staatsvertrags, der eine Bestimmung über ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält, keiner höheren Besteuerung unterworfen werden dürfen als im Gebiet eines Mitgliedstaats ansässige Gesellschaften.

 

Normenkette

EWR-Abkommen Art. 40

 

Beteiligte

Rimbaud

Établissements Rimbaud SA

Directeur général des impôts

Directeur des services fiscaux d’Aix-en-Provence

 

Verfahrensgang

Cour de Cassation (Frankreich) (Urteil vom 10.02.2009; Abl.EU 2009, Nr. C 102/12)

 

Tatbestand

„Direkte Besteuerung ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Juristische Personen, die in einem zum Europäischen Wirtschaftsraum gehörenden Drittland ansässig sind ‐ Besitz von in einem Mitgliedstaat belegenen Immobilien ‐ Steuer auf den Verkehrswert dieser Immobilien ‐ Verweigerung der Befreiung ‐ Bekämpfung von Steuerhinterziehung ‐ Beurteilung nach dem EWR-Abkommen“

In der Rechtssache C-72/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 10. Februar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Februar 2009, in dem Verfahren

Établissements Rimbaud SA

gegen

Directeur général des impôts,

Directeur des services fiscaux d’Aix-en-Provence

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis (Berichterstatter), T. von Danwitz und D. Šváby,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Établissements Rimbaud SA, vertreten durch J.-P. Chevallier, avocat,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.-S. Pilczer als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte,

‐ der estnischen Regierung, vertreten durch L. Uibo als Bevollmächtigten,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch S. Spyropoulos, Z. Chatzipavlou und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,

‐ der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und M. de Mol als Bevollmächtigte,

‐ der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und A. Engman als Bevollmächtigte,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch I. Rao und I. Hutton als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und J.-P. Keppenne als Bevollmächtigte,

‐ der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch L. Armati, I. Hauger, B. Alterskjæn und X. Lewis als Bevollmächtigte,

‐ des Fürstentums Liechtenstein, vertreten durch S. Monauni-Tömördy als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. April 2010

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Établissements Rimbaud SA (im Folgenden: Rimbaud) einerseits und dem Directeur général des impôts sowie dem Directeur des services fiscaux d’Aix-en-Provence (im Folgenden: französische Steuerverwaltung) andererseits über die Verpflichtung von Rimbaud zur Entrichtung der Steuer auf den Verkehrswert von in Frankreich belegenen Immobilien im Besitz juristischer Personen (im Folgenden: streitige Steuer).

Rechtlicher Rahmen

EWR-Abkommen

Rz. 3

Art. 40 des EWR-Abkommens bestimmt:

„Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den … Mitgliedstaaten [der Europäischen Gemeinschaft] oder den … Staaten [der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA)] ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes. Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel sind in Anhang XII enthalten.“

Rz. 4

Anhang XII („Freier Kapitalverkehr“) des EWR-Abkommens nimmt auf die Richtli...

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