Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Kapitalverkehr. Gewerbesteuer. Ermittlung der Bemessungsgrundlage dieser Steuer. Ermittlungsmodalitäten. Dividenden aus Beteiligungen an inländischen und an ausländischen Kapitalgesellschaften in Höhe von weniger als 10 %. Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer. Zeitpunkt der Einbeziehung. Unterschiedliche Behandlung. Beschränkung. Fehlen

 

Normenkette

AEUV Art. 63

 

Beteiligte

H Lebensversicherung

Finanzamt Hannover-Nord

H Lebensversicherung

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 23.11.2021; Aktenzeichen I R 5/18; BFH/NV 2022, 675)

 

Tenor

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer einer Gesellschaft Dividenden, die aus Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften in Höhe von weniger als 10 % stammen, der Bemessungsgrundlage wieder hinzugerechnet werden, wenn und soweit diese Dividenden in einem vorangegangenen Ermittlungsschritt von der Bemessungsgrundlage abgezogen worden sind, während Dividenden, die aus vergleichbaren Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften stammen, von Anfang an zur Bemessungsgrundlage gehören, ohne von ihr abgezogen und folglich ohne ihr wieder hinzugerechnet zu werden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. November 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 14. April 2022, in dem Verfahren

Finanzamt Hannover-Nord

gegen

H Lebensversicherung

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. G. Xuereb, des Richters T. von Danwitz und der Richterin I. Ziemele (Berichterstatterin),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der H Lebensversicherung, vertreten durch J. Diedrich und J. Reineke als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Pethke, W. Roels und V. Uher als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 63 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der H Lebensversicherung und dem Finanzamt Hannover-Nord (Deutschland) (im Folgenden: Finanzamt) über die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer für das Jahr 2001.

Deutsches Recht

Einkommensteuergesetz

Rz. 3

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (im Folgenden: UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. 2001 I S. 3858) lautet:

„(1) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören

1. Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie an bergbautreibenden Vereinigungen, die die Rechte einer juristischen Person haben.”

Körperschaftsteuergesetz

Rz. 4

§ 8b Abs. 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des UntStFG (im Folgenden: KStG) bestimmt:

„(1) Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes bleiben bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. …

(3) Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, sind bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.”

Rz. 5

§ 34 Abs. 4 Nr. 1 KStG lautet:

„(4) § 8b ist erstmals anzuwenden für

1. Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, auf die bei der ausschüttenden Körperschaft der Vierte Teil des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 14. Juli 2000 (BGBl. I S. 1034) nicht mehr anzuwenden ist.”

Rz. 6

In § 34 Abs. 7 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl. 2003 I S. 2840) (im Folgenden: KStG n. F.) heißt es:

„(7) § 8b ist erstmals anzuwenden für

[Satz 8] § 8b Abs. 8 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 sind anzuwenden:

2. auf einheitlichen, bis zum 30. Juni 2004 zu stellenden, unwiderruflichen Antrag bereits für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003, bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 (Rückwirkungszeitraum). Dabei ist § 8b Abs. 8 in folgender Fassung anzuwenden:

‚(8) Die Absätze 1 bis 7 sind anzuwenden auf Anteile, die bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen den Kapitalanlagen zuzurechnen sind, mit der Maßgabe, dass die Bezüge, Gewinne und Gewinnminderungen zu 80 vom Hun...

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