Entscheidungsstichwort (Thema)

Handelsregister, Eintragungsabgabe

 

Leitsatz (amtlich)

Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 ist dahin auszulegen, dass Abgaben, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, die für die Eintragung einer Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft im Handelsregister erhoben werden, ohne Obergrenze proportional zum gezeichneten Nenkapital steigen und nicht nach den Kosten der erbrachten Dienstleistung berechnet werden, keinen Gebührencharakter haben.

Das Bestehen einer Obergrenze für diese Abgaben allein kann ihnen einen solchen Gebührencharakter nicht verleihen, wenn die Obergrenze nicht so festgelegt wird, dass sie den Kosten der Dienstleistung angemessen ist, für die die Abgaben die Gegenleistung darstellen.

Auch kann ein Mitgliedstaat nicht bei der Staffelung der als Gegenleistung für eine erbrachte Dienstleistung zu erhebenden Abgaben, ohne diesen ihren Gebührencharakter zu nehmen, ein Element der Solidarität zwischen großen und kleinen Gesellschaften einführen, indem er von Kapitalgesellschaften mit hohem Kapital für dieselbe Dienstleistung eine höhere Abgabe verlangt als von solchen mit niedrigerem Kapital, ohne dass dieser Unterschied in der Abgabenhöhe in irgendeinem Zusammenhang mit den Kosten der Dienstleistung steht.

 

Normenkette

EWGRL 335/69 Art. 12 Abs. 1 Buchst. e

 

Beteiligte

SONAE-Tecnologia de Informação

SONAE - Tecnologia de Informação SA

Direcção-Geral dos Registos e Notariado

 

Verfahrensgang

Tribunal Tributário de Primeira Instância do Porto (Portugal)

 

Tatbestand

Ansammlung von Kapital - Richtlinie 69/335/EWG - Abgaben mit Gebührencharakter - Abgaben aus Anlass von Eintragungen im Handelsregister

In der Rechtssache C-206/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Tribunal Tributário de Primeira Instância do Porto (Portugal) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

SONAE - Tecnologia de Informação SA

gegen

Direcção-Geral dos Registos e Notariado

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 10 und 12 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (ABl. L 156, S. 23)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten V. Skouris sowie des Richters R. Schintgen (Berichterstatter) und der Richterin N. Colneric,

Generalanwalt: D. Ruíz-Jarabo Colomer

Kanzler: R. Grass

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

-der SONAE - Tecnologia de Informação SA, vertreten durch C. Osório de Castro, advogado,

-der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes, Â. Seiça Neves und R. Barreira als Bevollmächtigte,

-der spanischen Regierung, vertreten durch S. Ortiz Vaamonde als Bevollmächtigten,

-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Michard und A. M. Alves Vieira, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Februar 2001,

folgendes

Urteil

1. Das Tribunal Tributário de Primeira Instância do Porto hat mit Beschluss vom 16. April 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) fünf Fragen nach der Auslegung der Artikel 10 und 12 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung derRichtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (ABl. L 156, S. 23) (im Folgenden: Richtlinie 69/335) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der SONAE - Tecnologia de Informação SA (im Folgenden: Klägerin) und der Direcção-Geral dos Registos e Notariado (im Folgenden: Beklagte) über die Zahlung von Abgaben für die Eintragung der Spaltung/Verschmelzung der Klägerin nebst einer Erhöhung ihres Gesellschaftskapitals in das Registo comercial (Handelsregister).

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

3. Wie aus ihrer ersten Begründungserwägung hervorgeht, bezweckt die Richtlinie 69/335 die Förderung des freien Kapitalverkehrs, die als wesentliche Voraussetzung für die Schaffung einer Wirtschaftsunion mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Binnenmarkt angesehen wird.

4. Nach der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 69/335 setzt die Verfolgung dieses Zweckes im Hinblick auf die Besteuerung von Kapitalansammlungen die Abschaffung der in den Mitgliedstaaten bisher erhobenen indirekten Steuern und deren Ersetzung durch eine Steuer voraus, die innerhalb des Gemeinsamen Marktes nur einmal erhoben wird und in allen Mitgliedstaaten gleich hoch ist.

5. Artikel 4 der Richtlinie 69/335 bestimmt:

(1)Der Gesellschaftsteuer unterliegen die nac...

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