Entscheidungsstichwort (Thema)

Pensionsfonds, Rechtswidrig einbehaltene Steuergutschrift, Dividenden aus ausländischen Quellen, Kapitalertragsteuerbefreiung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einem Anteilseigner, der als „ausländischer Dividendenertrag“ („foreign income dividend“) qualifizierte Dividenden erhält, Rechte verleiht.

2. Das Unionsrecht verlangt, dass das nationale Recht eines Mitgliedstaats Rechtsbehelfe für Anteilseigner vorsieht, die in einer Situation wie im Ausgangsverfahren als „ausländischer Dividendenertrag“ qualifizierte Dividenden, aber keine Steuergutschrift für diese Dividenden erhalten haben, um es diesen Anteilseignern zu ermöglichen, die ihnen durch Art. 63 AEUV verliehenen Rechte geltend zu machen. In diesem Zusammenhang muss das zuständige nationale Gericht dafür sorgen, dass hinsichtlich der Dividenden nicht der Kapitalertragsteuer unterliegende Anteilseigner wie The Trustees of the BT Pension Scheme, die Dividenden erhalten haben, die aus Dividenden aus ausländischer Quelle stammen und als „ausländischer Dividendenertrag“ qualifiziert sind, über einen Rechtsbehelf verfügen, der zum einen geeignet ist, die Auszahlung der den Berechtigten rechtswidrig versagten Steuergutschrift für diese Dividenden nach Modalitäten zu gewährleisten, die nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die eines Rechtsbehelfs auf Auszahlung einer solchen Steuergutschrift oder eines vergleichbaren steuerlichen Vorteils in einem Sachverhalt, in dem die Steuerverwaltung den Berechtigten diese Steuergutschrift oder diesen steuerlichen Vorteil bei der Ausschüttung von Dividenden versagt hat, die aus Dividenden von einer im Vereinigten Königreich ansässigen Gesellschaft stammen, und es zum anderen ermöglicht, den Schutz der diesen Anteilseignern in Art. 63 AEUV verliehenen Rechte wirksam zu gewährleisten.

3. Weder der Umstand, dass The Trustees of the BT Pension Scheme auf die von ihnen bezogenen Dividenden keine Einkommensteuer zu entrichten haben, noch der Umstand, dass der fragliche Verstoß gegen das Unionsrecht nach Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht hinreichend qualifiziert ist, um gemäß den im Urteil vom 5. März 1996, Brasserie du Pêcheur und Factortame (C-46/93 und C-48/93, EU:C:1996:79), festgelegten Grundsätzen eine außervertragliche Haftung des betreffenden Mitgliedstaats zugunsten der Gesellschaft, die die als „ausländischer Dividendenertrag“ qualifizierten Dividenden ausschüttet, zu begründen, noch der Umstand, dass eine im Vereinigten Königreich ansässige Gesellschaft einen erhöhten Betrag von als „ausländischer Dividendenertrag“ qualifizierten Dividenden zum Ausgleich dafür ausgeschüttet hat, dass der Anteilseigner, der die Dividenden bezieht, keine Steuergutschrift erhält, vermögen etwas an den Antworten auf die anderen Vorlagefragen zu ändern.

 

Normenkette

AEUV Art. 63

 

Beteiligte

The Trustees of the BT Pension

The Trustees of the BT Pension Scheme

Commissioners for HM Revenue and Customs

 

Verfahrensgang

Court of Appeal (Vereinigtes Königreich) (Beschluss vom 11.11.2015; ABl. EU 2016, Nr. C 38/38)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Art. 63 AEUV ‐ Anwendungsbereich ‐ Steuerrecht eines Mitgliedstaats ‐ Körperschaftsteuer ‐ Steuergutschrift ‐ Pensionsfonds ‐ Versagung der Steuergutschrift an Anteilseigner, die keine Steuer auf Kapitalerträge zu entrichten haben, für Dividenden aus ausländischen Erträgen ‐ Auslegung des Urteils vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C-446/04, EU:C:2006:774) ‐ Rechtswidrig einbehaltene Steuergutschrift ‐ Rechtsbehelfe“

In der Rechtssache C-628/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Rechtsmittelgerichtshof [England und Wales] [Zivilabteilung], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 11. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 24. November 2015, in dem Verfahren

The Trustees of the BT Pension Scheme

gegen

Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von The Trustees of the BT Pension Scheme, vertreten durch M. Gammie, QC, C. McDonnell, Barrister, sowie N. Hine und R. Collins, Solicitors,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Simmons, J. Kraehling und D. Robertson als Bevollmächtigte im Beistand von R. Baldry, QC,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Dezember 2016

folge...

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