Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbarkeit, Besteuerung von Innenumsätzen, Niederlande, Teilunternehmerische Nutzung eines selbst hergestellten Gebäudes durch eine Gemeinde, Vorsteuerabzug

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er auf eine Situation wie die des Ausgangsverfahrens anwendbar ist, in der eine Gemeinde den Erstbezug eines Gebäudes vornimmt, das sie auf eigenem Grund und Boden hat errichten lassen und das sie zu 94 % für ihre Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt und zu 6 % für ihre Tätigkeiten als Steuerpflichtige ‐ davon zu 1 % für steuerbefreite Leistungen, die nicht zum Mehrwertsteuerabzug berechtigen ‐ nutzen wird. Die spätere Nutzung des Gebäudes für die Tätigkeiten der Gemeinde kann jedoch gemäß Art. 17 Abs. 5 dieser Richtlinie zum Abzug der Steuer, die aufgrund der in Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie vorgesehenen Zuordnung entrichtet wurde, nur in Höhe des Anteils berechtigen, der der Nutzung des Gebäudes für steuerbare Umsätze entspricht.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 7 Buchst. a

 

Beteiligte

Gemeente ’s-Hertogenbosch

Staatssecretaris van Financien

 

Verfahrensgang

Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (Urteil vom 01.02.2013; ABl. EU 2013, Nr. C 147/11)

 

Tatbestand

„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 5 Abs. 7 Buchst. a ‐ Steuerbare Umsätze ‐ Begriff der ,Lieferung gegen EntgeltÊ› ‐ Durch eine Gemeinde vorgenommener Erstbezug eines von dieser Gemeinde auf einem eigenen Grundstück und im eigenen Namen errichteten Gebäudes ‐ Tätigkeiten, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt, und Tätigkeiten, die als Steuerpflichtige ausgeübt werden“

In der Rechtssache C-92/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 1. Februar 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Februar 2013, in dem Verfahren

Gemeente ’s-Hertogenbosch

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und J. Malenovský, der Richterin A. Prechal sowie des Richters K. Jürimäe,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Gemeente Ê›s-Hertogenbosch, vertreten durch S. Beelen, belastingadviseur,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, C. Schillemans und M. Noort als Bevollmächtigte,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Paraskevopoulou und K. Karavasili als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Cordewener und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. April 2014

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gemeente ’s-Hertogenbosch (Gemeinde ’s-Hertogenbosch, Niederlande, im Folgenden: Gemeente) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen) wegen des Rechts der Gemeente, die für die Kosten der Errichtung eines neuen kommunalen Gebäudes entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer in Abzug zu bringen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Sechste Richtlinie wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2007 durch die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) aufgehoben und ersetzt. Aus der Vorlageentscheidung geht jedoch hervor, dass aufgrund des Zeitpunkts des Sachverhalts für den Ausgangsrechtsstreit weiterhin die Sechste Richtlinie gilt.

Rz. 4

Art. 2 der Sechsten Richtlinie lautete:

"Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

2. die Einfuhr von Gegenständen."

Rz. 5

Art. 4 dieser Richtlinie bestimmte:

"(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbstständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden … Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegens...

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