Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmer, Aufgabe des Unternehmens, Streichung aus dem Unternehmensregister, Bemessungsgrundlage, Umsätze aus der Aufgabe der Geschäftstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 18 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er auch diejenige Aufgabe der steuerbaren wirtschaftlichen Tätigkeit erfasst, die sich aus der Streichung des Steuerpflichtigen aus dem Mehrwertsteuerregister ergibt.

2. Art. 74 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung, wonach im Fall der Aufgabe der steuerbaren wirtschaftlichen Tätigkeit die Steuerbemessungsgrundlage für den Umsatz der Normalwert der zum Zeitpunkt der Aufgabe vorhandenen Gegenstände ist, entgegensteht, sofern nicht dieser Wert in der Praxis dem Restwert der genannten Gegenstände zum Zeitpunkt der Aufgabe entspricht und somit die Wertentwicklung dieser Gegenstände zwischen dem Zeitpunkt ihrer Anschaffung und jenem der Aufgabe der steuerbaren wirtschaftlichen Tätigkeit berücksichtigt wird.

3. Art. 74 der Richtlinie 2006/112 hat unmittelbare Wirkung.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 18 Buchst. C, Art. 74

 

Beteiligte

Marinov

Hristomir Marinov

Direktor na Direktsia Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto - grad Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalna agentsia za prihodite

 

Verfahrensgang

Administrativen sad Varna (Bulgarien) (Urteil vom 09.03.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 151/25)

 

Tatbestand

„Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 18 Buchst. c, 74 und 80 ‐ Aufgabe der steuerbaren wirtschaftlichen Tätigkeit ‐ Streichung des Steuerpflichtigen aus dem Mehrwertsteuerregister durch die Steuerverwaltung ‐ Besitz von Gegenständen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben ‐ Besteuerungsgrundlage ‐ Normalwert oder Anschaffungswert ‐ Bestimmung zum Zeitpunkt des Umsatzes ‐ Unmittelbare Wirkung von Art. 74“

In der Rechtssache C-142/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad ‐ Varna (Bulgarien) mit Entscheidung vom 9. März 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 21. März 2012, in dem Verfahren

Hristomir Marinov im Namen von Lampatov ‐ H ‐ Hristomir Marinov,

gegen

Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ grad Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalna agentsia za prihodite

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Jarašiūnas (Berichterstatter), des Richters A. Ó Caoimh und der Richterin C. Toader,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ des Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ grad Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalna agentsia za prihodite, vertreten durch S. Zlateva als Bevollmächtigte,

‐ der bulgarischen Regierung, vertreten durch Y. Atanasov und T. Ivanov als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Roussanov und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18 Buchst. c, 74 und 80 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Marinov, der im Namen von Lampatov ‐ H ‐ Hristomir Marinov (im Folgenden: Marinov) handelt, und dem Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ grad Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalnata agentsia za prihodite (Direktor der Direktion „Anfechtung und Verwaltung des Vollzugs“ der Stadt Varna bei der Zentralverwaltung der Nationalen Agentur für Einnahmen, im Folgenden: Direktor) über einen die Mehrwertsteuer betreffenden Steuerprüfungsbescheid.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 18 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können der Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt folgende Vorgänge gleichstellen:

a) die Verwendung ‐ durch einen Steuerpflichtigen ‐ eines im Rahmen seines Unternehmens hergestellten, gewonnenen, be- oder verarbeiteten, gekauften oder eingeführten Gegenstands zu seinem Unternehmen, falls ihn der Erwerb eines solchen Gegenstands von einem anderen Steuerpflichtigen nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigen würde;

b) die Verwendung eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen zu einem nicht besteuerten Tätigkeitsbereich, wenn dieser Gegenstand bei seiner Anschaffung oder seiner Zuordnung gemäß Buchstabe a zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat;

c) mit Ausnahme der in Artikel 19 genannten Fälle der Besitz von Gegenständen durch einen Steuerpflichtigen oder seine Rechtsnachfolger bei Aufgabe seiner der Steuer unterliegenden wirtschaftlichen Tätigkeit, wenn diese Gegenstände bei ihre...

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