Entscheidungsstichwort (Thema)

Unrechtmäßig in das Zollgebiet eingeführte Waren, Zollschuld, Schmuggel verbrauchsteuerpflichtiger Waren, Verbrauchsteuerpflichtige Waren, Erlöschen einer Zollschuld, Beschlagnahmung von Waren, Erlöschen einer Mehrwertsteuerschuld als Folge des Erlöschens einer Zollschuld, Erlöschen einer Verbrauchsteuerschuld infolge des Erlöschens einer Zollschuld

 

Normenkette

EUV 952/2013 Art. 124 Abs. 1 Buchst. e; EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, Art. 70; EGRL 118/2008 Art. 2 Buchst. b, Art. 7 Abs. 1

 

Beteiligte

Kauno teritorinė muitinė

UB

Kauno teritorinė muitinė

 

Verfahrensgang

Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Litauen) (Beschluss vom 30.09.2020; ABl. EU 2020, Nr. C 433/34)

 

Tenor

1. Art. 124 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union ist dahin auszulegen, dass eine Zollschuld erlischt, wenn Waren beschlagnahmt und anschließend eingezogen werden, nachdem sie bereits unrechtmäßig in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt wurden.

2. Art. 2 Buchst. b und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und Art. 70 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass das Erlöschen der Zollschuld aus dem in Art. 124 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 952/2013 vorgesehenen Grund nicht zum Erlöschen der Verbrauchsteuerschuld und der Mehrwertsteuerschuld für unrechtmäßig in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführte Waren führt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht von Litauen) mit Entscheidung vom 30. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Oktober 2020, in dem Verfahren

UB

gegen

Kauno teritorinė muitinė,

Beteiligte:

Muitinės departamentas prie Lietuvos Respublikos Finansų ministerijos,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer A. Arabadjiev in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterin I. Ziemele, des Richters T. von Danwitz (Berichterstatter) sowie der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen:

  • der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis sowie V. Kazlauskaitė-Švenčionienė als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, Avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und J. Jokubauskaitė als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Oktober 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 124 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2013, L 269, S. 1) (im Folgenden: Zollkodex der Union), von Art. 2 Buchst. b und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. 2009, L 9, S. 12) sowie von Art. 70 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen UB, dem Kläger des Ausgangsverfahrens, und dem Kauno teritorinė muitinė (Regionales Zollamt Kaunas, Litauen) sowie der Muitinės departamentas prie Finansų ministerijos (dem Finanzministerium der Republik Litauen eingegliederte Zollabteilung) wegen einer Entscheidung dieses regionalen Zollamts über die Festsetzung der Höhe der Verbrauchsteuern und der Mehrwertsteuer gegen UB nach der unrechtmäßigen Einfuhr von Zigaretten aus Belarus in das Gebiet Litauens.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Zollkodex der Union

Rz. 3

Art. 42 Abs. 1 des Zollkodex der Union lautet:

„Jeder Mitgliedstaat sieht Sanktionen für Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.”

Rz. 4

Art. 79 („Entstehen der Zollschuld bei Verstößen”) dieses Kodex bestimmt:

„(1) Für einfuhrabgabenpflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:

a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung ode...

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