LfSt Bayern, 9.10.2020, S 2135.2.1 - 15/5 St32

 

I. Allgemeines

Die ertragsteuerliche Behandlung einer unentgeltlichen bzw. verbilligten Abgabe von Wärme bei einer Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk ist immer wieder Thema in der täglichen Besteuerungspraxis. Ich bitte, dazu folgende Auffassung zu vertreten.

Entnahmen sind nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG „alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.” Wärme wird mit dem Inverkehrbringen (Verbrauch im eigenen Haushalt oder Lieferung über Wärmezähler) ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut.

Die weitere Behandlung der Wärme ist davon abhängig für welchen Zweck diese verwendet wird.

 

1. Nutzung der Wärme für eigene private Zwecke

Soweit der Steuerpflichtige die produzierte Wärme für seinen eigenen privaten Haushalt verwendet, liegt eine Entnahme nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG vor (gesetzliche Formulierung in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG: „für seinen Haushalt”). Dies gilt selbst dann, wenn dafür ein KWK-Bonus gezahlt wird.

Eine Entnahme liegt auch dann vor, wenn die produzierte Wärme vom Steuerpflichtigen in einem zur Einkunftserzielung genutzten privaten Objekt (z. B. VuV-Objekt) verwendet wird. Der Entnahmewert kann in diesem Fall jedoch regelmäßig als Werbungskosten nach § 9 EStG bei den Überschusseinkünften angesetzt werden.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG sind Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Maßgeblich ist danach der Wert, den das einzelne Wirtschaftsgut als „Teil” der wirtschaftlichen Einheit hat. Der Teilwert eines Wirtschaftsguts kann daher letztlich nur durch eine Schätzung ermittelt werden. Maßgebender Zeitpunkt für die Schätzung des Teilwerts ist der Zeitpunkt der Entnahme (Lieferung/Verbrauch der Wärme; keine Jahres-Durchschnitts-Betrachtung).

Ausgangsbasis für die Teilwertermittlung sind die Herstellungskosten für die Wärme. Es ist jedoch auch zu berücksichtigen, wenn sich für das Wirtschaftsgut ein niedrigerer Marktpreis gebildet hat (BFH-Urteil vom 12.03.2020 – IV R 9/17).

Für die Ermittlung der Herstellungskosten ist davon auszugehen, dass sich die Kosten gleichmäßig auf den produzierten Strom und die produzierte Wärme aufteilen (sog. energetische Methode). Sofern Wärme entgeltlich an Dritte geliefert wird, ist zunächst zu prüfen, ob es sich um eine fremdübliche Vereinbarung handelt. Sofern dies zu bejahen ist, kann der vereinbarte Preis grundsätzlich als Marktpreis angesehen werden.

Wird die selbst erzeugte Wärme für nichtunternehmerische Zwecke (privates Wohnhaus) verwendet, liegt umsatzsteuerlich eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG vor. Die dabei entstehende Umsatzsteuer darf nach § 12 Nr. 3 EStG den Gewinn nicht mindern. Die Entnahme ist daher um die entstehende Umsatzsteuer zu erhöhen.

 

2. Nutzung der Wärme in einem anderen Betrieb

Soweit die Wärme in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen verwendet wird, handelt es sich um eine Überführung bzw. Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 1, 2 oder 3 EStG. Die Entnahme der Wärme ist in diesem Fall zwingend mit dem Buchwert zu bewerten. Der Buchwert ermittelt sich aus den Selbstkosten für die im Wirtschaftsjahr produzierte Wärme. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Kosten gleichmäßig auf den produzierten Strom und die produzierte Wärme aufteilen (sog. energetische Methode).

Die überführte bzw. übertragene Wärme führt in dem Betrieb, in dem sie verbraucht wird, zu einem entsprechenden Aufwand.

Soweit bei den Übertragungsvorgängen Umsatzsteuer nach § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG (unentgeltliche Wertabgabe) entsteht, darf diese gem. § 12 Nr. 3 EStG den Gewinn nicht mindern. Die entstehende Umsatzsteuer ist als Entnahme beim abgebenden Betrieb (Biogasanlage) und als Aufwandseinlage beim aufnehmenden Betrieb zu behandeln.

 

3. Nutzung der Wärme durch Dritte

Nach einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist im konkreten Einzelfall zu entscheiden, ob in Fällen einer unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von (Ab-)Wärme beim Betrieb von Biogasanlagen mit Blockheizkraftwerk an Dritte eine Entnahme vorliegt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Abgabe aufgrund betrieblicher Veranlassung vorgenommen wird. Das Anstreben eines KWK-Bonus könnte ein Indiz dafür sein. Als weiterer Aspekt kann die (widerlegbare) Vermutung herangezogen werden, dass unter fremden Dritten marktübliche Konditionen vereinbart werden oder zumindest betriebliche Gründe für die Höhe der Vergütung (ggf. auch ohne Vergütung) vorliegen, und somit eine Entnahme zu verneinen wäre.

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