Leitsatz

Bei der Bemessung des nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns aus einem in Fremdwährung abgewickelten Anteilsverkauf ist der Ertrag aus einem Devisentermingeschäft, das der Veräußerer vor der Veräußerung zum Zweck der Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf den Veräußerungserlös abgeschlossen hat, als Bestandteil des Veräußerungspreises i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gewinnerhöhend zu berücksichtigen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 02.04.2008 ‐ IX R 73/04, BFH/NV 2008, 1658).

 

Normenkette

§ 8b Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin ihrer früheren Tochtergesellschaft, der X-AG. Die X-AG kaufte im Juni 2002 auf US-Dollar-Basis Anteile an der Y-Inc., einer US‐amerikanischen Kapitalgesellschaft. Das Eigentum an den an der New Yorker Börse gehandelten Anteilen ging im August 2002 auf die X-AG über. In dem dazwischen liegenden Zeitraum schloss die X‐AG mit einer Bank mehrere Devisentermingeschäfte zur Kurssicherung ab. Nach Angabe der Klägerin beabsichtigte die X‐AG bereits zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs, die erworbenen Anteile wieder zu veräußern. In ihrer Handels- sowie in ihrer Steuerbilanz behandelte die X‐AG das Grundgeschäft (Aktienbestand) und das jeweilige Sicherungsgeschäft als Bewertungseinheit.

In den Jahren 2004 und 2005 (Streitjahre) veräußerte die X‐AG die Y-Inc.-Anteile in mehreren Tranchen. Aus den Anteilsveräußerungen des Jahres 2004 erzielte die Klägerin einen Buchgewinn i.H.v. ... EUR, während sich aus jenen des Jahres 2005 ein Buchverlust i.H.v. ... EUR ergab. Die im Jahr 2002 abgeschlossenen und zwischenzeitlich mehrmals verlängerten (revolvierenden) Kurssicherungsgeschäfte ermöglichten es der X-AG, den in US-Dollar vereinnahmten Kaufpreis zu den in den Devisentermingeschäften vorab festgelegten Umtauschkursen in Euro zu tauschen. Hierbei realisierte die X‐AG jeweils Kursgewinne, die sich in zusätzlichen Erträgen i.H.v. ... EUR (2004) und ... EUR (2005) niederschlugen.

In ihren Steuererklärungen behandelte sie diese Erträge als nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei und setzte nach Maßgabe von § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG einen Anteil von 5 % dieser Gesamtgewinne als nichtabziehbare Betriebsausgaben an.

Dem folgte das FA mit der Begründung nicht, dass Erträge aus Sicherungsgeschäften nicht in die Ermittlung der steuerfreien Veräußerungsgewinne einzubeziehen seien; dies folge aus der zu § 17 EStG ergangenen Rechtsprechung des IX. Senats des BFH.

Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.2.2016, 11 K 12212/13, Haufe-Index 9691569, EFG 2016, 1629).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision der Klägerin unter Aufhebung des FG-Urteils statt. Er wies die vom FA vertretene und vom beigetretenen BMF unterstützte Auffassung aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen zurück. Da keine ausreichenden Feststellungen zur Veranlassung der Devisentermingeschäfte vorlagen, wies der BFH die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Mit der Besprechungsentscheidung hat sich der I. Senat des BFH im praktisch bedeutsamen Fall einer in Fremdwährung abgewickelten Anteilsveräußerung sowohl von der zu § 17 EStG ergangenen Rechtsprechung des IX. BFH-Senats als auch von der Auffassung der Finanzverwaltung distanziert: Erträge oder Verluste aus Kurssicherungsgeschäften können danach grundsätzlich in das "Steuerbefreiungsregime" des § 8b Abs. 2 und 3 KStG einzubeziehen sein. Maßgeblich ist das Veranlassungsprinzip.

2. Werden Anteile an einer ausländischen Kapitalgesellschaft von einer inländischen Kapitalgesellschaft zunächst erworben und später wieder veräußert, dann werden diese Geschäfte in der Praxis sehr häufig in der Währung des ausländischen Staats (z.B. US-Dollar) abgewickelt. Für die Anwendung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG müssen die Fremdwährungsgeschäfte jeweils in Euro umgerechnet werden. Das kann bei einem entsprechenden Kursverlauf ohne Weiteres dazu führen, dass auf Dollar-Basis ein Veräußerungsgewinn erzielt wird, auf der maßgeblichen Euro-Basis aber ein steuerlich nicht zu berücksichtigender Verlust entsteht, d.h. Wechselkursänderungen erhöhen oder vermindern den steuerfreien Gewinn i.S.v. § 8b Abs. 2 KStG oder die steuerlich außer Ansatz bleibende Gewinnminderung i.S.v. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

3. Während die Grundfragen zur Behandlung von Währungsgewinnen und -verlusten im Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 und 3 KStG bereits geklärt waren, war die Einordnung von Kurssicherungsgeschäften, die zur Minimierung der wechselkursbedingten Risiken abgeschlossen werden, offen.

Hier lässt sich die Auffassung vertreten, dass die eigentlichen Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte über die Kapitalgesellschaftsanteile (Grundgeschäft) steuerlich streng von den (zivilrechtlich eigenständigen) Sicherungsgeschäften zu trennen sind und Gewinne/Verluste aus dem Sicherungsgeschäft generell für die Bestimmung des Veräußerungspreises und damit des im Grundgeschäft erzielten Veräußerungsgewinns...

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