[Ohne Titel]

RA StB Stefan Heinrichshofen / StB Alexander Moldan[*]

Nach dem EuGH-Urt. v. 20.1.2021 in der Rechtssache QM und dem Nachfolgeurteil des FG Saarland vom 29.7.2021 scheint es nicht unwahrscheinlich, dass es in Deutschland hinsichtlich der Bewertung der Dienstwagenüberlassung zu einem Paradigmenwechsel kommen wird. Der Wechsel könnte dabei unter dem Motto "Alles auf Anfang" stehen und, insb. für die Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage, zur Folge haben, dass eine von der Finanzverwaltung im Jahr 1996 einmal kurzfristig vertretene Rechtsauffassung zurückkehrt. Daher wird in diesem Beitrag auch die Historie der nationalen Rechtsauffassung seit dem Jahr 1996 skizziert, bevor auf die nun vermutlich den Paradigmenwechsel einleitende Rechtsprechung eingegangen wird. Anschließend werden anhand von Beispielen mögliche Konsequenzen des Paradigmenwechsels auf die Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei der Dienstwagenüberlassung dargestellt.

[*] Dipl.-Finw. (FH), RA, FAfStR, StB Stefan Heinrichshofen ist Partner bei Peters, Schönberger & Partner mbB, München und StB, Dipl.-Kfm. Alexander Moldan ist als Tax Manager bei der AUDI AG im Bereich Umsatzsteuer tätig. Der Beitrag wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst.

I. Einleitung

Nach dem EuGH-Urt. v. 20.1.2021 in der Rechtssache QM und dem Nachfolgeurteil des FG Saarland vom 29.7.2021 scheint es nicht unwahrscheinlich, dass es in Deutschland hinsichtlich der Bewertung der Dienstwagenüberlassung zu einem Paradigmenwechsel kommen wird. Der Wechsel könnte dabei unter dem Motto "Alles auf Anfang" stehen und, insbesondere für die Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage, zur Folge haben, dass eine von der Finanzverwaltung im Jahr 1996 einmal kurzfristig vertretene Rechtsauffassung zurückkehrt. Daher wird nachfolgend unter Punkt II. auch die Historie der nationalen Rechtsauffassung seit dem Jahr 1996 skizziert, bevor unter Punkt III. auf die eingangs erwähnte, nun vermutlich den Paradigmenwechsel einleitende Rechtsprechung eingegangen wird. Anschließend werden unter den Punkten IV. und V. anhand von Beispielen mögliche Konsequenzen des Paradigmenwechsels auf die Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei der Dienstwagenüberlassung dargestellt.

II. Historie der nationalen Rechtsauffassung seit 1996

1. BMF-Schr. v. 21.2.1996

In seinem Schreiben vom 21.2.1996 vertrat das BMF[1] die Ansicht, dass die Überlassung eines Dienstwagens vom Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer zur privaten Nutzung (für Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung) ohne besonders berechnetes Entgelt nicht in einem Leistungsaustausch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erfolgt, sondern dass es sich immer um eine unentgeltliche sonstige Leistung des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG a.F. (§ 3 Abs. 9a UStG n.F.) handelt.

2. BMF-Schr. v. 11.3.1997 (und v. 30.12.1997)

Nur ein gutes Jahr später leitete das BMF[2] jedoch mit seinem Schreiben vom 11.3.1997 – ohne nähere Begründung – eine gänzliche Neubewertung ein und ging nunmehr grundsätzlich von einen Leistungsaustausch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG aus, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur privaten Nutzung ohne besonders berechnetes Entgelt zur Verfügung stellt. Die Gegenleistung des Arbeitnehmers besteht in der Arbeitsleistung, die er für die private Nutzung des Dienstwagens erbringt (tauschähnlicher Umsatz i.S.d. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG). Deutliches Zeichen für die Entgeltlichkeit ist, wenn die Möglichkeit der privaten Nutzung des Dienstwagens im Arbeitsvertrag geregelt ist oder auf mündlichen Abreden oder sonstigen Umständen des Arbeitsverhältnisses (z.B. der faktischen betrieblichen Übung) beruht. Weiter führte das BMF aus, dass Entgeltlichkeit (schon) stets dann vorliegt, wenn der Dienstwagen dem Arbeitnehmer für eine gewisse Dauer zur privaten Nutzung überlassen wird. Es kann nur noch ausnahmsweise von einer unentgeltlichen Überlassung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG a.F. (§ 3 Abs. 9a UStG n.F.) ausgegangen werden, wenn die vereinbarte private Nutzung des Dienstwagens so gering ist, dass sie für die Gehaltsbemessung keine wirtschaftliche Rolle spielt, d.h. wenn die Überlassung zur privaten Nutzung an nicht mehr als fünf Kalendertagen im Kalendermonat erfolgt.

Zahlreiche Autoren[3] kritisierten den Sinneswandel des BMF hin zum grundsätzlichen Vorliegen eines Leistungsaustauschs i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG (i.V.m. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) insbesondere vor der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Fillibeck[4] zur Sammelbeförderung von Arbeitnehmern durch einen Arbeitgeber ohne besonders berechnetes Entgelt. Darin machte der EuGH nämlich deutlich, dass lediglich dann ein Leistungsaustauschverhältnis i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG (i.V.m. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) angenommen werden kann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen erbrachter Dienstleistung und erhaltener Gegenleistung ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge