Auf die Frage, auf welchen Zeitraum die Erwerbs- oder Herstellungskosten eines Dienstwagens bei der Ermittlung des Ausgabenbetrags zu verteilen sind, ist der EuGH[5] schon im Jahr 1996 in der Rechtssache Enkler im Fall einer unentgeltlichen Wertabgabe eingegangen. Dabei hat er in Rz. 26 des Urteils die Sichtweise vertreten, dass sie auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen sind. Damit hat er die Abschreibung für die Abnutzung ausdrücklich als Ausgabe anerkannt.

Diese unionsrechtliche Sichtweise wurde national lange akzeptiert. Dies änderte sich erst mit der durch die Seeling-Rechtsprechung des EuGH[6] ausgelöste Ungleichbehandlung von unternehmerischen und privaten Wohnungserwerbern, da die Erstgenannten durch den Sofortabzug des gesamten Vorsteuervolumens bei langfristig (nach AfA-Zeiträumen von Gebäuden, z.B. 50 Jahre) ausgelegter Rückzahlung über die Verwendungsbesteuerung der Wohnungsprivatnutzung einen Finanzierungsvorteil erreichten, und bei steuerfreier Entnahme nach Ablauf des zehnjährigen Berichtigungszeitraums nach § 15a UStG sogar ein unversteuerter Endverbrauch entstehen konnte. Deshalb wurden als nationale Korrektur zur Seeling-Rechtsprechung die "Erwerbs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, soweit es dem Unternehmen zugeordnet ist..." mit Wirkung vom 1.7.2004 ausdrücklich als Bestanteil der Verwendungsaufwendungen in § 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 UStG aufgenommen und zudem in Satz 3 geregelt, dass ab einem Betrag von 500 EUR die Erwerbs- oder Herstellungskosten auf den Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG statt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts zu verteilen sind.[7] Diese durch die Gesetzesänderung angeordneten Rechtsfolgen hat der EuGH[8] in der Rs. Wollny – auch wenn das Unionsrecht keine § 10 Abs. 4 Nr. 2 Sätze 2 und 3 UStG entsprechende Regelung enthält – als unionsrechtskonform angesehen, da den Mitgliedstaaten bei der Ermittlung des Ausgabenbetrags ein Ermessen zusteht, das dahingehend ausgeübt werden kann, für Zwecke der Bestimmung der Besteuerungsgrundlage bei privater Nutzung eines Unternehmensgegenstands die Anwendung der Regeln über die Berichtigung der Vorsteuerbeträge vorzusehen.[9] Damit lässt sich festhalten, dass der EuGH in der Rs. Wollny dem nationalen Gesetzgeber erlaubt hat, in Abweichung zu seinem Urteil in der Rs. Enkler für die Ermittlung des Ausgabenbetrags im Rahmen einer unentgeltlichen Wertabgabe die Erwerbs- oder Herstellungskosten des überlassenen Wirtschaftsguts auf den Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG zu verteilen.

An dieser Stelle ist Pflaum[10] zuzustimmen, der ganz konkret in Bezug auf Fahrzeuge ausführt: Für die Verteilung der Erwerbs- oder Herstellungskosten bei unentgeltlichen Wertabgaben enthält das UStG – seit dem 1.7.2004 – eine eigenständige Regelung (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 15a Abs. 1 UStG). Hiernach sind die Erwerbs- oder Herstellungskosten von Fahrzeugen regelmäßig auf die ersten fünf Kalenderjahre der Nutzung zu verteilen. Über welchen Zeitraum das Fahrzeug ertragsteuerlich abgeschrieben wird (§ 7 EStG), ist umsatzsteuerlich unerheblich. Für tauschähnliche Umsätze – wie die Dienstwagenüberlassung an Arbeitnehmer – fehlt aber eine vergleichbare Sonderregelung zur Verteilung der Erwerbs- und Herstellungskosten. Eine entsprechende Anwendung von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 15a Abs. 1 UStG kommt nicht in Betracht, da tauschähnliche Umsätze aus der Sicht des Unternehmers eine unternehmerische Nutzung (und keine private Nutzung wie bei einer unentgeltlichen Wertabgabe) sind und daher der Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG kein geeignetes Kriterium ist. Die Erwerbs- und Herstellungskosten sind demnach grundsätzlich nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu verteilen, wobei die ertragsteuerliche Abschreibung ein wichtiger Anhaltspunkt sein kann.

Diese von Pflaum vertretene Meinung spiegelt auch die ständige BFH-Rechtsprechung wider. Als Bemessungsgrundlage für tauschähnliche Umsätze – wie der Dienstwagenüberlassung an Arbeitnehmer – sind danach die beim überlassenden Unternehmer angefallenen Betriebsausgaben anzusetzen. Zu diesen Ausgaben zählen nach Ansicht des BFH[11] auch die normalen Abschreibungen des überlassenen Wirtschaftsguts (im Verfahren ein Heißluftballon), da der Leistende mit dem darin ausgedrückten Werteverzehr belastet ist. Seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2002 hat der BFH[12] im Jahr 2008 bestätigt in dem er erneut davon spricht, dass in die zu berücksichtigenden Ausgaben auch die Abschreibungen für das überlassene Wirtschaftsgut (wiederum ein Heißluftballon) einzubeziehen sind. Der BFH geht also auch nach Ergehen des EuGH-Urteils in der Rechtssache Wollny im Jahr 2006 nicht davon aus, dass Erwerbs- oder Herstellungskosten von im Rahmen von tauschähnlichen Umsätzen überlassenen Wirtschaftsgütern auf die ersten fünf Kalenderjahre nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 15a Abs. 1 UStG zu verteilen sind. Vielmehr sind sie (w...

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