Leitsatz

Bei mehreren Pflichtenverstößen eines Steuerpflichtigen darf nicht einfach der Mindestbetrag vervielfältigt werden.

 

Sachverhalt

Im Rahmen einer Außenprüfung wurde die Antragstellerin aufgefordert, mehrere Auskünfte zu erteilen und Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist vorzulegen. Für den Fall der Nichterfüllung der Pflichten wurde der Antragstellerin ein Verzögerungsgeld angedroht und anschließend in Höhe von 7.500 EUR festgesetzt. Dies wurde damit begründet, dass die Antragstellerin in drei Fällen ihrer Pflicht nicht nachgekommen sei. Deshalb sei dreimal der Mindestbetrag festzusetzen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

 

Entscheidung

Das FG Hamburg gab dem Antrag statt, da dieser zulässig und vor allem begründet war. Zwar seien die Voraussetzungen für eine Festsetzung eines Verzögerungsgeldes nach § 146 Abs. 2b AO gegeben, da die Antragstellerin nicht allen Pflichten nachgekommen sei. Die Festsetzung des Verzögerungsgeldes sei aber ermessensfehlerhaft erfolgt. Das Finanzamt habe nämlich hier sein Auswahlermessen nicht zutreffend ausgeübt. Bei einem Verstoß gegen mehrere Anforderungen dürfe nicht einfach der Mindestbetrag, den das Gesetz normiere, multipliziert werden. Zwar sei es zutreffend, dass bei einem Pflichtenverstoß und der Anwendung des Mindestsatzes keine Begründung zu erfolgen habe. Eine bloße Vervielfältigung dieses Mindestsatzes dürfe aber nicht erfolgen.

 

Hinweis

Das Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO ist in der Praxis der Rechtsprechung angekommen [1]. Hierbei stehen Fragen der zutreffenden Ermessensausübung durch die Finanzverwaltung im Mittelpunkt der ersten Entscheidungen. Hinsichtlich des Ermessens ist dabei zu unterscheiden ob ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird (Entschließungsermessen) und in welcher Höhe (Auswahlermessen). Angesichts der Mindesthöhe von 2.500 EUR ist die zutreffende Ermessensausübung von erheblicher Bedeutung. Der Beschluss des FG Hamburg ist dabei als ein wesentlicher Schritt auf dem Wege der Herausbildung von tragfähigen Ermessensgrundsätzen zu sehen. Hatte das FG Schleswig-Holstein in einem Urteil v. 1.2.2011( 3 K 64/10, EFG 2011S. 846) entschieden, dass es bei einer Höhe eines Verzögerungsgeldes von 2.500 EUR keiner gesonderten Ausübung des Auswahlermessens bedürfe, entschied nun das FG Hamburg zutreffend, dass bei mehreren Pflichtenverstößen eines Steuerpflichtigen dieser Mindestbetrag nicht ohne Ermessensausübung mit der Zahl der Pflichtenverstöße multipliziert werden dürfe. Dies ist sicherlich zutreffend, da es bei der Ermessensausübung auf den Gesamtfall ankommt. Die weitere Entwicklung zum Verzögerungsgeld bleibt abzuwarten.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Beschluss vom 16.11.2011, 2 V 173/11

[1] siehe hierzu Dißars, Neue Entwicklungen beim Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO, NWB 2012, 796; Drüen, Ubg 2011, 88

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