Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG fällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt. Anwendungsfälle sind z. B. die Veräußerung oder die Vermietung bzw. Verpachtung des Grundstücks.

Die bisherige Steuerfestsetzung wird nun rückwirkend geändert. Entsprechende Änderungsvorschrift ist § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO – so genanntes steuerlich rückwirkendes Ereignis.

Hierbei kann es auch zu einer Zusammenrechnung gem. § 14 ErbStG kommen.

Zu einer Verzinsung der nachzuentrichtenden Steuer kommt es nicht.[1]

 
Praxis-Beispiel

Wegfall der Steuerbefreiung

Die verwitwete Mutter M hat ihren Sohn S zum Alleinerben eingesetzt. Im Nachlass befindet sich ein von M bis zu deren Tod am 15. September 2019 selbst genutztes Einfamilienhaus mit einem Steuerwert von 1.500.000 EUR. Die Wohnfläche beläuft sich auf 150 qm.

Der Sohn S zieht unmittelbar nach dem Tod von M in das Haus. Im Januar 2024 veräußert er dann das Grundstück, da er in eine andere Stadt zieht.

Lösung

Erwerb im September 2019

Zunächst greift die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, was dazu führt, dass der Erwerb von S steuerfrei bleibt.

Veräußerung im Januar 2024

Mit der Veräußerung des Einfamilienhauses im Januar 2024 fällt die Steuerbefreiung weg und es kommt zur rückwirkenden Nachversteuerung. Diese sieht wie folgt aus:

 
Vermögensanfall (Steuerwert Familienheim) 1.500.000 EUR
abzüglich Beerdigungskostenpauschale ./. 10.300 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 1.089.700 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 207.043 EUR

Es ergibt sich für S eine Erbschaftsteuer i. H. v. 207.043 EUR.

Zu beachten ist hierbei, dass die Steuer auch dann in voller Höhe anfällt, wenn die Veräußerung des Familienheims z. B. erst acht Jahre nach dem Erwerb stattfindet.[2]

Waren Schulden vorhanden, die mit dem übergegangenen Familienheim in wirtschaftlichem Zusammenhang standen, konnten diese bei Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht abgezogen werden. Dies ändert sich nun. Aufgrund des Wegfalls der Steuerbefreiung sind die Schulden nun uneingeschränkt abzugsfähig. Hier sind aber die Änderungen des Jahressteuergesetz 2020 zu beachten.[3]

Eine Ausnahme vom Wegfall der Steuerbefreiung besteht dann, wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist.[4]

[1] Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 ErbStG Tz. 74, Stand: November 2023.
[2] Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 ErbStG Tz. 74, Stand: November 2023.
[3] Gleichlautende Ländererlasse v. 13.9.2021, S 3700, BStBl. 2021 I S. 1837.
[4] Nähere Ausführungen s. hierzu Tz. 2.3.2 und R E 13.4 Abs. 7 Satz 6 ErbStR 2019 i. V. m. R E 13.4 Abs. 2 ErbStR 2019 sowie H E 13.4 ErbStH 2019.

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