Um diese Erstattung zu bekommen, muss V seine MwSt-Erklärungen korrigieren, d.h. die angemeldete MwSt entsprechend vermindern.

aa) Gutgläubigkeit

Keine Rechnungskorrektur: Dies darf V nach den Feststellungen des EuGH zum einen, wenn er seinen guten Glauben bei der Ausstellung der Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis nachweist.[54] In diesem Fall – der allerdings im deutschen Gesetz nicht geregelt ist – ist die Berichtigung des Steuerbetrags gegenüber dem M (also eine Berichtigung der Rechnungen), um die Gefährdung des Steueraufkommens zu beseitigen, nicht erforderlich.[55] V hat einen Erstattungsanspruch "rückwirkend" auf den Zeitpunkt, zu dem die Rechnungen/Gutschriften mit Steuerausweis ausgestellt worden sind, und zusätzlich einen Verzinsungsanspruch nach § 233a AO.

[54] Vgl. EuGH v. 13.12.1989 – C-342/87 – Genius Holding, UR 1991, 83 Rz. 18; EuGH v. 19.9.2000 – C-454/98 – Schmeink & Cofreth und Strobel, UR 2000, 470 Rz. 56 ff. Würde es sich um einen Betrag handeln, der in keinem Fall Mehrwertsteuer sein kann, bestünde noch nicht einmal eine Gefährdung des Steueraufkommens, so dass der Rechnungsaussteller seinen guten Glauben gar nicht darlegen müsste; vgl. EuGH v. 6.11.2003 – C-78/02 bis C-80/02 – Maria Karageorgou u.a., UR 2003, 595 Rz. 52. Zur vergleichbaren Situation (keine Gefährdung des Steueraufkommens) s. unten VIII.
[55] Vgl. Streit, Steuerschuld durch Steuerausweis, Hamburg 2017, S. 157 ff.; von Streit/Streit, UStB 2021, 332 (340).

bb) Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens

Rechnungskorrektur: Zum anderen darf V seine MwSt-Erklärungen korrigieren, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt ist. Diesen Fall hat der deutsche Gesetzgeber in § 14c Abs. 1 UStG dahingehend geregelt, dass der Rechnungsaussteller seine Steuerschuld berichtigen darf, wenn er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigt (im Regelfall also eine korrigierte Rechnung ausgestellt) hat. Die Berichtigung erfolgt entsprechend § 17 UStG, d.h. im Zeitpunkt der Rechnungskorrektur bzw. der Rückzahlung an den M (i.e. "ex nunc").[56]

Gutgläubigkeit unbeachtlich: Beseitigt V die Gefährdung des Steueraufkommens, kommt es auf seinen guten Glauben nicht an.

Keine Rechnungskorrektur: Ist dem M der Abzug der an den V gezahlten MwSt-Beträge als Vorsteuer endgültig versagt worden, darf die Berichtigung des Steuerbetrags durch den V lt. EuGH nicht von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass er die Rechnungen korrigiert hat. In diesem Fall ist nämlich die Gefährdung des Steueraufkommens (durch den Vorsteuerabzug des M) bereits ohne Rechnungskorrektur ausgeschlossen.[57]

[56] D.h. die Steuerminderung erfolgt für den Voranmeldungszeitraum, in dem die korrigierten Rechnungen ausgestellt werden. Zur Kritik an der fehlenden Rückwirkung bei § 14c Abs. 1 UStG vgl. von Streit/Streit, UStB 2021, 332.
[57] EuGH v. 11.4.2013 – C-138/12 – Rusedespred OOD, UR 2013, 432 Rz. 31 ff. Ähnlich BFH v. 27.9.2018 – V R 32/16, UR 2019, 191 Rz. 18 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge