V verliert evtl. Vorsteuerabzug ...: Soweit V verpflichtet ist, dem M für die Vergangenheit die MwSt-Beträge i.H.v. 190 EUR zurückzuzahlen und er seine Erklärungen für die entsprechenden VZ berichtigt (seine Umsätze dort also als steuerfrei erklären würde), wäre denkbar, dass das für ihn zuständige Finanzamt ihm das Recht, die MwSt-Beträge, die er an seine Lieferanten gezahlt hat, als Vorsteuer geltend zu machen, mit der Begründung versagt, dass der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen wäre.[74]

In diesem Fall müsste V, wenn er jeden Monat im Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Vermietung der VuM an M Vorsteuern i.H.v. 60 EUR geltend gemacht hätte,[75] diese Beträge (wohl "ex tunc") an das Finanzamt zurückzahlen.

... auch gegen seinen Willen: Aufgrund der zivilrechtlichen Ansprüche des M (der nicht die Übergangsregelungen anwenden will) würde V also – sofern er keine Gegenrechte geltend machen kann (s. oben VI.2.) – seinen Vorsteuerabzug auch dann verlieren, wenn er sich eigentlich an die Übergangsregelung halten wollte. Er würde also wirtschaftlich einen Verlust erleiden.[76]

§ 176 AO: U.E. stünde dem (zumindest soweit es sich um formell bestandskräftige Veranlagungen handelt) jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Urteils des BFH vom 17.8.2023 die Regelung des § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO entgegen, da ansonsten zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt würde, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist.[77]

Allgemeiner Vertrauensschutz: Darüber hinaus stünden dem die allgemeinen Prinzipien des Vertrauensschutzes (s. oben VI. 3. b) cc)) entgegen, der sich aus den Verwaltungsanweisungen (hier Abschn. 4.12.10. UStAE) ergibt. Wie oben dargestellt (s. VI.3. b) cc)), musste V annehmen, dass diese Grundsätze gem. Art. 108 Abs. 7 GG bei der Besteuerung seiner Umsätze zugrunde gelegt würden, er also Vorsteuern i.Z.m. der Vermietung der VuM geltend machen darf. Dass er diese Umsätze nun aufgrund der zivilrechtlichen Ansprüche des M als steuerfrei behandeln muss, kann an der vertrauensschützenden Wirkung der Verwaltungsanweisungen in Bezug auf seinen Vorsteuerabzug nichts ändern.

[74] Vgl. z.B. BGH v. 20.2.2019 – VIII ZR 7/18, juris Rz. 72.
[75] Im unter V. aufgeführten Beispielsfall.
[76] Natürlich könnte V auf die Korrektur seiner MwSt-Erklärungen (und damit auf die Erstattung der abgeführten MwSt) verzichten und damit seinen Vorsteuerabzug in Anwendung der Übergangsregelung erhalten. Gleichwohl müsste er aber an M die MwSt-Beträge i.H.v. 190 EUR p.m. zurückzahlen. Das wäre also wirtschaftlich keine Option.
[77] Als "bisherige Steuerfestsetzung" genügt grds. auch eine Umsatzsteuervoranmeldung, es muss keine Umsatzsteuerjahreserklärung oder ein vom Finanzamt erlassener Bescheid sein, vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 176 AO Rz. 15 Rz. 19; BFH v. 17.12.2015 – V R 45/14, juris; zu § 176 Abs. 2 AO jüngst BFH v. 6.7.2023 – V R 5/21, UR 2023, 790.

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