Leitsatz

Bedarf ein Bauwerk der äußeren Umschließung, weil die in ihm stattfindenden betrieblichen Abläufe und/oder die darin eingebundenen Menschen vor Wind und Wetter geschützt werden müssen, sind die Konstruktionselemente, mit deren Hilfe die Standfestigkeit der Umschließung erreicht wird, auch dann dem Grundvermögen zuzuordnen, wenn sie gleichzeitig eine betriebliche Funktion erfüllen, zu diesem Zweck verstärkt sind und ohne die Stützfunktion für das Bauwerk als Betriebsvorrichtung anzusehen wären.

 

Normenkette

§ 68 Abs. 2 BewG

 

Sachverhalt

Das Hochregallager der Klägerin besteht aus fünf parallel verlaufenden Regalreihen in Stahlbauweise, die von vier dazwischen liegenden Gassen aus durch ein manuell gesteuertes, schienengebundenes Bedienungssystem bestückt werden. Die beiden äußeren Regalreihen sind für schwereres Lagergut bestimmt und dementsprechend besonders stabil ausgeführt. Sie dienen darüber hinaus als Stützen für das Tonnendach, wobei die gewölbten Dachbinder, auf denen die Dachhaut befestigt ist, auf den äußeren Ständern dieser Regalreihen aufliegen. An diesen Ständern sind auch die Wärmedämmfassaden, die die äußere Umschließung bilden, aufgehängt.

Die dadurch auf die äußeren Regalreihen einwirkenden Kräfte sind gegenüber denjenigen Lasten, die durch das Lagergut bedingt sind, von untergeordneter Bedeutung und haben an die Konstruktion der beiden Regalreihen keine zusätzlichen Anforderungen gestellt. Gegründet ist das Hochregallager über die Ständer auf einer 45 cm starken Fundamentplatte. Ohne die Verstrebungen der Außenständer der äußeren Regalreihen mit deren Innenständern würden die Außenständer einknicken.

Während das FA das Hochregallager als Gebäude dem Grundvermögen zurechnete, behandelte das FG es als Betriebsvorrichtung. Der BFH gab auf die Revision des FA diesem Recht.

 

Entscheidung

Bei der Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen ist vom Gebäudebegriff auszugehen. Auf Grund der bautechnischen Entwicklung ist es möglich geworden, die äußere Umschließung des Bauwerks und konstruktiv dafür geeignete Betriebsvorrichtungen als technische Einheit zu erstellen. Auch bei derartigen doppelfunktionalen Konstruktionselementen gilt der Vorrang des Gebäudebegriffs. Dass dabei die für die Standfestigkeit der Umschließung erforderliche Trägerkonstruktion im Streitfall so ausgeführt ist, dass sie gleichzeitig zur Aufnahme von Lagergut genutzt werden kann, lässt ihre Gebäudefunktion ebenso wenig entfallen wie der Umstand, dass sie mit Blick auf diese Regalfunktion stärker ausgeführt ist, als sie es bei ausschließlicher Gebäudefunktion sein müsste.

 

Hinweis

Die Entscheidung macht mit dem Grundsatz Ernst, dass bei der Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen vom Gebäudebegriff auszugehen ist. Sie setzt damit eine Linie fort, die bereits mit der Entscheidung zum Unterwasser- oder Laufwasserkraftwerk vertreten worden ist. Die Entscheidung zugunsten des Grundvermögens darf allerdings nicht überzogen werden.

So ist klar, dass im Streitfall die drei inneren Regalreihen Betriebsvorrichtungen bleiben und nicht etwa deshalb dem Gebäude zuzuordnen sind, weil die automatisch gesteuerten Hochregallager, die während es Betriebs nicht von Menschen betreten werden dürfen, insgesamt als Betriebsvorrichtung angesehen worden sind (so BFH, Urteil vom 18.3.1987, II R 222/84, BStBl II 1987, 551). Auch bei dem Unterwasserkraftwerk sind nur der Teil, der von Menschen betreten werden konnte, und die diesen stützenden Teile des Bauwerks dem Grundvermögen zugerechnet worden. Der Rest blieb Betriebsvorrichtung.

Wären im Streitfall die Außenständer der äußeren Regalreihen für sich allein standfest, könnten nicht die äußeren Regalreihen insgesamt, sondern nur die Außenständer dieser Regalreihen dem Grundvermögen zugeordnet werden; im Übrigen blieben die äußeren Regalreihen Betriebsvorrichtungen. Es käme also zu einer vertikalen Teilung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.5.2003, II R 41/01

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