Ist die ursprüngliche Vereinbarung an sich zulässig, wird der Richter in einem 2. Schritt im Wege der Ausübungskontrolle[1] prüfen, ob und inwieweit die Berufung auf den Ausschluss gesetzlicher Scheidungsfolgen angesichts der aktuellen Verhältnisse nunmehr missbräuchlich ist und deshalb das Vertrauen des Begünstigten in den Fortbestand des Vertrags nicht mehr schutzwürdig ist.

In einem solchen Fall muss der Richter die Rechtsfolgen anordnen, die die berechtigten Belange beider Parteien in ausgewogener Weise Rechnung berücksichtigen.[2]

Der Vertrag kann also auch im Verlauf der Ehe sittenwidrig und damit anfechtbar werden und muss dann im Streitfall angepasst werden.[3]

Auch auf Entwicklungen nach dem Scheitern der Ehe sind die allgemeinen Grundsätze des § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) anwendbar. Auch bei einer Scheidungsfolgenvereinbarung können sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändern, sodass eine Vertragsanpassung verlangt werden kann, wenn die Vertragsparteien – hätten sie die Veränderung vorausgesehen – den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten.[4]

 
Hinweis

Abänderung einer ehevertraglichen Unterhaltsverpflichtung auch bei nachträglicher Änderung der Rechtslage oder Verhältnissen möglich

Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung vereinbart, und hat sich die Rechtslage danach geändert (Möglichkeit der Befristung), bleibt es dem Unterhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen.[5]

Auch wenn für die erstmalige Bewertung eines möglichen Rechtsmissbrauchs im Rahmen der Ausübungskontrolle eines Ehevertrags nach § 242 BGB der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist, kann sich durch die weitere Entwicklung ergeben, dass ein späteres Berufen seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende Regelung i. S. v. § 242 BGB nicht mehr rechtsmissbräuchlich ist. Dies kann grundsätzlich im Rahmen einer Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG berücksichtigt werden.[6]

[2] BGH, Beschluss v. 27.2.2013, XII ZB 90/11, FamRZ 2013 S. 770: Anpassung eines ehevertraglichen Verzichts auf den Versorgungsausgleich an geänderte Verhältnisse.
[3] OLG Bremen, Beschluss v. 24.5.2017, 4 UF 152/16, FamRZ 2017 S. 1571: Inhalts- und Ausübungskontrolle für einen Ehevertrag, durch den der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird; das ehebedingte Versorgungsdefizit der Ehefrau kann dadurch ausgeglichen werden, dass ihr vom Ehemann während der Ehezeit erworbene Entgeltpunkte in der Höhe übertragen werden, wie sie sie bei Fortsetzung einer fiktiven vollschichtigen Erwerbstätigkeit selbst hätte erzielen können.

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