Leichtfertige Steuerverkürzung durch Unterlassen: Die steuerrechtliche Rechtsprechung problematisiert die Frage nach dem Vorliegen von leichtfertiger Steuerverkürzung im Zusammenhang mit der Änderung von Steuerbescheiden, insb. gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. der nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO verlängerten Festsetzungsfrist. So hat der BFH in seinem Urteil vom 23.7.2013 (BFH v. 23.7.2013 – VIII R 32/11, BStBl. II 2016, 503), wenn auch im Zusammenhang mit der Anpassung an einen Feststellungsbescheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO, klargestellt, dass Steuerpflichtige, die ihre Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit in ihrer Gewinnfeststellungserklärung in zutreffender Höhe angeben, dies aber in der zeitgleich abgegebenen Einkommensteuererklärung nicht machen, eine leichtfertige Steuerverkürzung begehen. Aufgrund der Wahrheitspflicht nach § 150 Abs. 2 AO müsse ein Steuerpflichtiger die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt walten lassen und auch als steuerlich nicht vorgebildeter Steuerpflichtiger sich im Notfall bei seinem steuerlichen Berater oder dem FA erkundigen. Unerheblich sei, dass eine abweichende Beurteilung nicht daraus folge, dass das FA es unterlassen habe, den Einkommensteuerbescheid an den zutreffend ergangenen Feststellungsbescheid anzupassen. Auch wenn der Steuerpflichtige nicht verpflichtet sei, die Fehler des FA richtigzustellen, scheide eine leichtfertige Steuerverkürzung durch Unterlassen nicht aus, da die Einkommensteuererklärung fehlerhaft sei (BFH v. 23.7.2013 – VIII R 32/11, BStBl. II 2016, 503 Rz. 19, 21).

Augenscheinlich gleicht die vom BFH in diesem Urteil vorgenommene Einschätzung zur leichtfertigen Steuerhinterziehung dem Fall der Beistellung von eDaten durch mitteilungspflichtige Dritte, auf die man sich als Steuerpflichtiger an sich verlassen können muss. Wie im Fall des Verhältnisses von Grundlagen- zu Folgebescheid kann ein Steuerpflichtiger nicht darauf vertrauen, dass das FA eine richtige Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vornehme und seine fehlerhaften Angabe in der Einkommensteuerfestsetzung dahinstehen lassen. E-Daten, denen noch nicht einmal der Charakter eines Grundlagenbescheides zukommt, sind also auf ihre Richtigkeit im Einkommenensteuerbescheid zu überprüfen.

Erhöhte Nachprüfungspflicht betreffs persönlicher Verhältnisse: Dies gilt, so das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 5.1.2021 (FG BW v. 5.1.2021 – 10 K 1662/20, EFG 2021, 1689 Rz. 50), erst recht, wenn die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen und damit im dortigen Fall die Kirchenzugehörigkeit betroffen seien. Denn selbst bei Einschaltung eines Steuerberaters treffe den Steuerpflichtigen insoweit eine erhöhte Nachprüfungspflicht. Folglich könne einem Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden angelastet werden, wenn er die von einem steuerlichen Berater angefertigte Steuererklärung nicht auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit durchgesehen habe und ihm ohne weiteres hätte auffallen müssen, dass bestimmte Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt worden seien. Aus diesem Grunde lehnte das FG eine Korrektur des Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 AO zugunsten des Steuerpflichtigen ab, der die Aufhebung seiner Kirchensteuerfestsetzung begehrte. Interessanterweise betrifft dieses Urteil § 93c AO und die Frage, ob auch die nach § 39e Abs. 2 S. 2 EStG geregelte Verpflichtung zur Übermittlung der dort genannten Daten eine solche nach § 93c Abs. 1 S. 1 AO ist. Das FG verneinte dies, so dass schon aus diesem Grunde eine Änderung nach § 175b Abs. 1 AO nicht möglich ist. § 175b Abs. 2 AO lehnte das FG ab, da die Meldung der Meldebehörde über den Kirchenaustritt nicht zu Ungunsten des Steuerpflichtigen unrichtig gewesen sei – zumal der Steuerpflichtige über seinen Berater in der Einkommensteuererklärung 2017 mitgeteilt habe, einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft anzugehören. Der BFH hat auf die Revision des Klägers hin allerdings das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, da das FG die betroffene evangelische Landeskirche nicht beigeladen hatte. In Bezug auf § 175b AO weist der BFH letztlich auf die fehlende zeitliche Anwendung der Norm hin (BFH v. 24.11.2021 – I R 6/21, juris Rz. 15 = AO-StB 2022, 216 [in dieser Ausgabe]).

Beachten Sie: Beiden Entscheidung ist zu entnehmen, dass jedenfalls im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen der Steuerpflichtigen nicht nur eine Nachprüfungspflicht besteht, sondern der Steuerpflichtige sich daneben der Gefahr der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO aussetzt, stellt er die von ihm (leicht) erkennbaren Fehler nicht richtig. Gleiches gilt, wenn er einen Steuerbescheid mit beigestellten eDaten, die seine persönlichen Verhältnisse betreffen, auf sich beruhen lässt.

Beraterhinweis Dabei liegt Leichtfertigkeit häufiger vor, als es vielen Steuerpflichtigen bewusst sein wird. Nicht nur die persönlichen Verhältnisse des...

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