9.3.1 "Abs 1 S 6 Nr 6 und Abs 2 S 6 sind mit der Maßgabe anzuwenden" (§ 22 Abs 8 S 1 UmwStG)

 

Tz. 120

Stand: EL 96 – ET: 06/2019

Die Rechtsfolgen des § 22 Abs 8 S 1 UmwStG aus dem Brexit betr ausschl die Anwendung des sperrfristschädlichen Ersatztatbestands gem § 22 Abs 1 S 6 Nr 6 und Abs 2 S 6 UmwStG (Verlust der pers Anwendungsvoraussetzungen wegen passiver Entstrickung). Hier wird der Brexit als unschädlich angesehen (s Tz 121). Dies ändert nichts daran, dass mit dem Austritt von Großbritannien und Nordirland aus der EU (und dem EWR-Bereich) diese Länder als Drittstaaten zu behandeln sind, in denen die Grundfreiheiten des AEUV und die EU-Richtlinien (inkl EuGH-Rspr) nicht mehr gelten (s Schneider/Stoffels, Ubg 2019, 1). Soweit also in anderen Regelungen der Einbringungsvorschriften des UmwStG hierauf abgestellt wird, rechtfertigt § 22 Abs 8 UmwStG keine Abweichung von den allg Grundsätzen. Dies betrifft nach dem Brexit zB folgende Sachverhalte:

  • Wegzug eines außerhalb des Vereinigten Königreichs ansässigen AE sperrfristverhafteter Anteile nach Großbritannien oder Nordirland als sperrfristschädlicher Vorgang (s Tz 50b; s Tz 50d),
  • Weitereinbringung sperrfristverhafteter Anteile in eine Kap-Ges aus Großbritannien oder Nordirland als sperrfristschädlicher Vorgang (s Tz 122),
  • Pers Ansässigkeitsvoraussetzungen für die Anwendung der §§ 20ff UmwStG nach § 1 Abs 4 UmwStG auf den Zeitpunkt der Einbringung ab erfolgtem Brexit (dh keine stbegünstigte Einbringung/kein Anteilstausch in eine Übernehmerin aus dem Vereinigten Königreich wegen fehlendem EU-/EWR-Bezug bei Großbritannien und Nordirland; in Großbritannien oder Nordirland ansässige Einbringende sind als Drittstaaten-Pers nur noch begünstigt, wenn das inl Besteuerungsrecht an dem VG aus den erhaltenen Anteilen unbeschr ist, s § 1 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst b UmwStG),
  • Qualifizierter Anteilstausch durch Beteiligungseinbringung in eine Kap-Ges/Gen aus Großbritannien oder Nordirland (der Antrag auf st-neutrale Einbringung nach § 21 Abs 2 S 3 Nr 2 UmwStG ist unzulässig, da die übernehmende Gesellschaft nicht mehr nach der EG-FRL "geschützt" ist, s § 21 UmwStG Tz 61).

9.3.2 Kein Verlust der persönlichen Anwendungsvoraussetzungen "allein" durch EU-Austritt (§ 22 Abs 8 S 1 UmwStG)

 

Tz. 121

Stand: EL 96 – ET: 06/2019

§ 22 Abs 8 S 1 UmwStG bestimmt, dass bei in Großbritannien und Nordirland ansässigen AE sperrfristverhafteter Anteile (Vorgänge s Tz 118) der Austritt dieser Staaten aus der EU mit Wirksamkeit des Brexit nicht zum Verlust der Voraussetzungen des § 1 Abs 4 UmwStG für Zwecke des § 22 Abs 1 S 6 Nr 6 und Abs 2 Nr 6 UmwStG führt. Durch den Rechtsvorgang des Brexit als solchen kommt es also (trotz dem Grunde nach gegebener passiver Sperrfristverletzung, s Tz 50g) nicht zu einer nachträglichen Einbringungsgewinnbesteuerung. Ablauf und Dauer der Sperrfrist bleiben hiervon unberührt.

Fraglich ist die Reichweite dieser Regelung für die Fälle, in denen der AE sperrfristverhafteter Anteile nach dem Brexit und vor Ablauf der Sperrfrist innerhalb Großbritanniens oder Nordirlands umzieht. Die Rechtsfolge für den AE wird vom Ges-Geber so beschrieben, dass "das Vereinigte Königreich insoweit nach wie vor wie ein Mitgliedstaat der EU behandelt wird" (s Tz 114). Hieraus kann uE geschlossen werden, dass es solange nicht zu einer aktiven Sperrfristverletzung mangels "Wegfall" der Ansässigkeitsvoraussetzungen kommt, wie der Einbringende (oder die übernehmende Gesellschaft) sich mit der (Wohn-)Sitzverlegung innerhalb der Grenzen des Vereinigten Königreichs bewegt (zum grenzüberschreitenden Wegzug in einen Drittstaat, s Tz 122). Gleiches gilt (nach dem Rechtsnachfolgeprinzip des § 22 Abs 6 UmwStG), wenn der in Großbritannien oder Nordirland ansässige AE sperrfristverhafteter Anteile die Beteiligung unentgeltlich an einen Angehörigen überträgt, der ebenfalls im Vereinigten Königreich wohnt. Anders ist hingegen der Vorgang zu beurteilen, wenn ein AE außerhalb des Vereinigten Königreichs seine Beteiligung an einen britischen Angehörigen verschenkt/vererbt. Denn der zum Zeitpunkt des Brexit nicht in Großbritannien oder Nordirland ansässige Schenker/Erblasser wird nicht durch § 22 Abs 8 UmwStG "geschützt" (s Tz 117).

 

Tz. 122

Stand: EL 96 – ET: 06/2019

"Allein" der Austritt des Vereinigten Königreichs soll gem § 22 Abs 8 S 1 UmwStG nicht zur nachträglichen Einbringungsgewinnbesteuerung führen. Andere sperrfristverletzende Vorgänge nach § 22 Abs 1 S 1 und S 6 Nr 1 bis 5 bzw Abs 2 S 1 und S 6 UmwStG (Anteilsveräußerung und Ersatztatbestände) bis zum Ende der Sperrfrist bleiben hiervon unberührt. Dazu gehört auch der Wegfall der pers Anwendungsvoraussetzungen iSd § 22 Abs 1 S 6 Nr 6 UmwStG beim in Großbritannien oder Nordirland ansässigen AE nach dem Brexit durch aktive Sperrfristverletzung (zB Wegzug aus Großbritannien in ein Drittland, wenn kein unbeschr inl Besteuerungsrecht für die stillen Reserven der erhaltenen Anteile besteht; ebenso s Holle/Weis, IWB 2018, 800/804 mit Bsp).

Bringt der AE nach dem Brexit die erhaltenen Anteile gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte in eine Kap-Ges/Genossenschaft aus Großbritannien oder Nordirland ein, liegt uE ebenfalls eine Sperrfristverletzung vor (s § 22 Abs ...

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