Tz. 344

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Für nach ausl Recht gegründete TG mit inl Geschäftsleitung, bei denen die in Tz 342 genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, stellt sich die Frage, ob der von § 14 Abs 1 KStG verlangte GAV durch einen schuldrechtlichen Vertrag ersetzt werden kann, dessen Inhalt dem GAV nachgebildet ist ("GAV minderer Art"). Bejahend s Urt des FG SchlH v 13.03.2019 (EFG 2019, 1466; Rev-Az: I R 26/19; dazu zu Recht abl s Schulz-Trieglaff, IWB 2020, 712); dazu auch s Tz 1641.

Abzulehnen ist jedenfalls die von Kleinert/Nagler/Rehm (DB 2005, 1869) vertretene Auff, wonach bereits nach bisherigem Recht, soweit ausl Rechtsträger am Abschluss eines GAV beteiligt sind (wegen internationaler GAV auch s Bauschatz, DK 2003, 805), die zivilrechtliche Wirksamkeit des GAV nicht Voraussetzung für die stliche Anerkennung der Organschaft ist.

Abzulehnen ist auch die von vd Autoren vertretene Auff, wonach es im Hinblick auf § 41 Abs 1 S 1 AO ausreicht, wenn die Organschaft iRd rechtlich Möglichen "tats gelebt" wird, dh wenn Gewinne bzw Verluste tats übernommen bzw ausgeglichen werden (s Schönfeld, IStR 2012, 368, 374 und s Maak/Kersten, DStR 2019, 2281). Völlig abwegig erscheint die von Kleinert/Nagler/Rehm (aaO) vertretene Auff, die Erfüllung des GAV bzw ersatzweise das "tats Leben" der Organschaft führe auch über die Grenze zur Zurechnung des Organeinkommens zur (ausl) MG; in D verbliebe kein zvE. UE reicht nach dem Wortlaut des § 14 Abs 1 S 1 Hs 1 KStG im geltenden Recht das "tats Leben" einer Organschaft nicht aus (glA s Frotscher, in F/D, § 14 KStG Rn 327e).

 

Tz. 345

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Für die stliche Anerkennung eines "GAV minderer Art" bei im Ausl gegründeten TG mit inl Geschäftsleitung, die als OG unter § 17 KStG fallen, könnte der Wortlaut des § 17 S 2 KStG sprechen, der nicht formal auf das Bestehen eines GAV iSd § 291 Abs 1 AktG abstellt, sondern darauf, dass hinsichtlich der Höhe von Gewinnabführung und Verlustübernahme die §§ 301, 302 AktG beachtet werden. Dagegen spricht allerdings, dass nach § 17 S 1 KStG für die dort genannten Kö der § 14 KStG, also auch § 14 Abs 1 S 1 KStG, entspr gilt, der einen GAV iSd § 291 Abs 1 AktG voraussetzt. Einen GAV iSd § 291 Abs 1 AktG können die hier besprochenen TG unstr nicht abschließen (s Winter/Marx, DStR 2011, 1101, 1104 und s Kessler/Arnold, IStR 2016, 226, 231). Das können, weil bei ihnen das AktG nicht unmittelbar gilt, allerdings auch inl GmbH nicht, und trotzdem wird bei ihnen die Organschaft anerkannt, wenn sie einen dem § 291 Abs 1 AktG nachgebildeten GAV abschließen. Nach Auff von Benecke/Schnitger (IStR 2013, 143, 145), Winter/Marx (DStR 2011, 1101, 1103), Micker (IWB 2013, 309, 313), Schnitger (DK 2015, 491, 493) und Boller/Hackemann (IStR 2020, 41) spricht dies für die stliche Anerkennung. Dazu auch s Frotscher (in F/D, § 14 KStG Rn 327b, 327c); weiter s § 17 KStG Tz 14. Danach bedarf ein solcher Vertrag für seine Anerkennung der Vereinbarung sowohl der Gewinnabführung als auch der Verlustübernahme für eine Mindestdauer von fünf Jahren (s Frotscher, in F/D, § 14 KStG Rn 327e).

Zu Recht zweifelnd s Gosch (IWB 2012, 694, 696), der es unter Hinw auf das EuGH-Urt v 25.02.2010 in der Rs X- Holding (Az C-337/08, BFH/NV 2010, 1064) für fraglich hält, ob ein solcher Vertrag "minderer Art" für stliche Zwecke den von § 14 KStG geforderten GAV ersetzen kann. Auch weist er zutr darauf hin, dass es das ausl und nicht das dt Gesellschaftsrecht ist, welches einen grenzüberschreitenden GAV nicht zulässt. Nach Auff von Gosch (IWB 2012, 694, 697) würde die grenzüberschreitende Anerkennung eines "GAV minderer Art" zur Besserstellung ggü inl Organschaften führen. Zweifelnd auch s Heurung/Schmidt/Kollmann (GmbHR 2016, 449, 454), die zutr darauf hinweisen, dass sich ein GAV als ein Vertrag gesellschaftsrechtlicher Natur den Grundsätzen der Privatautonomie entzieht und folglich nicht mit stlicher Wirkung durch einen schuldrechtlichen Vertrag ersetzt werden kann (dazu auch s Tz 325).

Der BFH (s Urt des BFH v 07.12.2011, BStBl II 2012, 509; dazu auch s vorangegangenes Urt des EuGH in der RS Scheuten Solar Technology) hat in seiner Urt-Begr ausgeführt, dass die stliche Anerkennung einer Organschaft die exakte Befolgung aller formellen Voraussetzungen während der gesamten Laufzeit des GAV erfordert. Wie in der Urt-Begr weiter ausgeführt, erscheint es für den Senat ausgeschlossen, dass Unternehmen eines grenzüberschreitenden Verbunds unter Berufung auf die unionsrechtlichen Grundfreiheiten nachträglich einzelne für sie vorteilhafte Elemente der Organschaftsbesteuerung für sich in Anspruch nehmen können, ohne dass sie im relevanten Zeitraum zumindest den Willen bekundet haben, eine Organschaft bilden zu wollen, und ohne dass sie zumindest versucht haben, die für die stliche Anerkennung der Organschaft im Inl-Fall erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Dazu gehört insbes der Abschluss eines GAV (s Rn 32 der Urt-Gründe).

 

Tz. 346

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

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